Die Vertreter der Spitzenverbände sind über die Mitteilung des Innenministeriums massiv verärgert. ©DOSB
Kritik an Innenministerium – Sport-Reform steht in Frage – Michael Reinsch, Berlin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Die Vertreter der Spitzenverbände seien zu Recht massiv verärgert.
Gerhard Böhm, Abteilungsleiter Sport, hatte den Verbänden mit Schreiben vom 10. Mai vorgeworfen, ihre Mehrforderungen mit veralteten Zahlen zu begründen; diese seien nicht etatreif und es bestehe Nachbesserungsbedarf. Das Budget des Innenministeriums (BMI) weist in diesem Jahr 167 Millionen Euro für die Spitzensportförderung aus. Nach derzeitigem Stand soll es auf 175 Millionen wachsen.
Im Anhang zu seinem Schreiben, einem Protokoll der Abstimmung zwischen DOSB und BMI, führt Schimmelpfennig an, dass Böhm dem Sport die Erhöhung in diesem Jahr zwei Mal in Aussicht gestellt habe. Für den 21. Februar ist notiert: „Klausurtagung DOSB-BMI: Aussage Herr Böhm: Aufnahme eines Aufwuchses von 39 Mio. Euro in den Haushaltsentwurf für 2018, davon 30 Mio. Euro für die Spitzenverbände zur Umsetzung des Leistungssportkonzeptes“.
Für die Konferenz der Sportdirektoren am 9. März ist festgehalten: „Unaufgeforderte Aussage Herr Böhm: Aufnahme eines Aufwuchses von 39 Mio. Euro in den Haushaltsentwurf für 2018“. Am 15. März lehnte das Finanzministerium demnach den Antrag auf Mittelzuwachs ab.
Die Verbände fühlen sich auch deshalb getäuscht, weil sie auf der Vollversammlung des DOSB im vergangenen Jahr der unfertigen Reform nahezu einstimmig ihr Placet gaben, weil dies die Aussicht auf dringend benötigte zusätzliche Mittel barg. Selbst wenn der Mittelzuwachs von der im September gewählten Regierung noch ins Budget 2018 aufgenommen wird, ist mit dem Geld frühestens im zweiten Quartal des Jahres zu rechnen – viel zu spät für Top-Athleten, die sich auf die Winterspiele im Winter 2017/18 und auf die Sommerspiele 2020 vorbereiten.
Schimmelpfennig schreibt, dass der Mehrbedarf bei den Verbänden von Januar bis Mai 2016 und nicht wie vom BMI behauptet schon 2015 ermittelt worden sei. „Für uns ist es auch deshalb absolut nicht erkennbar, woran sich die ,mangelnde Etatreife‘ festmachen lässt und warum Sie uns auf diesen Zustand im letzten halben Jahr nie hingewiesen haben“, heißt es weiter. „Wir (DOSB und Spitzenverbände) haben aus unserer Sicht alle Forderungen des BMI und den notwendigen Nachbesserungsbedarf vollumfänglich realisiert.“
Schimmelpfennig wirft Böhm vor, statt wie gewünscht Hintergründe zur Ablehnung des Mittelzuwachses zu erläutern und den Verbänden finanzielle Perspektiven für das nächste Jahr aufzuzeigen, diesen ungerechtfertigte Vorwürfe zu machen. „An dieser Stelle möchte ich Sie darauf hinweisen, dass uns die Projekte, die Sie in den Haushalt einstellen wollten, bis heute gar nicht bekannt sind“, schreibt er.
„Leider fehlen uns an zahlreichen Stellen die notwendigen Informationen Ihrerseits, um den besprochenen, partnerschaftlichen Weg erfolgreich zu beschreiten.“
Michael Reinsch, Berlin in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 24. Mai 2017
Obwohl das Innenministerium den Zuwachs der Spitzensportförderung um 39 Millionen Euro nicht im Entwurf des Haushalts 2018 untergebracht hat, sieht es sein Verhältnis zu den Verbänden – anders als der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) – nicht getrübt. Innenminister de Maizière persönlich habe sich bei Finanzminister Schäuble für die Anerkennung der Summe eingesetzt, teilte das Ministerium am Donnerstag mit. „Das BMI hat bei der Aufstellung des Haushalts 2018 Mehrbedarf für die Spitzensportförderung in Höhe von 39 Millionen Euro beim BMF in Form sogenannter Sondertatbestände angemeldet und sich für deren Anerkennung eingesetzt“, heißt es. „8 Millionen Euro wurden im sogenannten Eckwertebeschluss zum Haushalt 2018 anerkannt.“
Die Frage, ob de Maizière oder Abteilungsleiter Böhm dem Sport die Erhöhung der Mittel für die Zustimmung zur Reform versprochen haben, beantwortet das Ministerium nicht. Der Leistungssport-Vorstand des DOSB, Schimmelpfennig, hat dem BMI gedroht, dass „die Umsetzung unseres gemeinsamen Konzepts zur Neustrukturierung des Leistungssports und der Spitzensportförderung klar zum Scheitern verurteilt“ sei. Die Verbände seien massiv verärgert. Das BMI teilte mit, dass die Reform und ihre bisherige Umsetzung ohne eine partnerschaftliche Zusammenarbeit nicht zustande gekommen wären.