Dr. Dr. med. Lutz Aderhold Kreuz - und Rückenschmerzen ©privat
Kreuz- und Rückenschmerzen – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Unter Kreuzschmerzen versteht man Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule und des Kreuzbeins. Mit der Bezeichnung Rückenschmerzen werden Schmerzen im gesamten Rücken, also auch über der Brustwirbelsäule gemeint.
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Die Begriffe werden allerdings häufig synonym verwendet. Kreuzschmerzen sind ein häufiger Anlass für einen Arztbesuch. Jeder 2. Patient beim Orthopäden kommt wegen Rückenschmerzen, beim Allgemeinmediziner ist es immer noch jeder 4.
Man unterscheidet von der Wirbelsäule (vertebragen) ausgehende oder aus anderen Regionen auf den Lendenbereich projizierte Kreuzschmerzen.
Dabei können vertebragene Kreuzschmerzen statisch, degenerativ, entzündlich, tumorös oder traumatisch bedingt sein. Projizierte Kreuzschmerzen werden durch innere, gynäkologische, urologische u.a. Erkrankungen hervorgerufen. Statische und degenerative Veränderungen stehen mit über 90% klar an der Spitze der Ursachen.
Die degenerativen Veränderungen betreffen die Bandscheiben, die Wirbelgelenkkapseln, Bänder und Muskeln. Indirekt ursächlich können auch Beinlängendifferenzen, Rumpfmuskelinsuffizienz und Achsenabweichungen sein.
Im Sport wird die Wirbelsäule als Achsenorgan in bestimmten Situationen extrem gefordert. Zugluft und Wind können bei verschwitztem Zustand leicht zur Auskühlung führen, was eine Verspannung und Verhärtung der Muskulatur begünstigt (Aderhold und Weigelt 2012).
Risikofaktoren für eine Chronifizierung von Kreuzschmerzen liegen vor allem im psychischen Bereich (berufliche Unzufriedenheit, psychosoziale Überforderung, Depression, Angst, passive Grundeinstellung, Krankheitsgewinn).
Die übliche Klassifikation erfolgt in einfache Kreuzschmerzen, Kreuz-Bein-Schmerzen und alarmierende Wirbelsäulensymptomatik. Die einfachen Kreuzschmerzen sind meist durch Veränderungen der Bandscheiben hervorgerufen. Sie beginnen plötzlich und sind durch positions- und belastungsabhängige, tief sitzende Schmerzen im Übergang zwischen der Lendenwirbelsäule und dem Kreuzbein gekennzeichnet. Meist sind Fehlbelastungen durch längeres Sitzen oder Heben und Unterkühlung vorausgegangen.
Beim Husten, Niesen und Pressen sind die Schmerzen verstärkt. Es liegt eine Fehlhaltung mit Verspannung der Rückenstreckmuskulatur vor. Die Rumpfvorneigung ist deutlich eingeschränkt. Halten die Beschwerden länger als 3 Tage an, spricht man von einem komplizierten Kreuzschmerz. Dann ist eine bildgebende Untersuchung, wenigstens eine Röntgenübersichtsaufnahme, angezeigt.
Durch ungewohnte körperliche Belastung kann es auch zu einer Wirbelgelenkblockade kommen. Dabei handelt es sich um eine Funktionsstörung mit schmerzhaft verminderter Beweglichkeit im entsprechenden Segment.
Kreuz-Bein-Schmerzen (vertebragene Beinschmerzen) werden insbesondere durch Nervenkompression infolge Bandscheibenvorwölbungen und -vorfälle hervorgerufen. Es treten die bekannten Ischialgiebeschwerden auf. Einfache Nervenwurzelsyndrome zeigen dabei bewegungsabhängig eine Ausstrahlung über das Gesäß zum Oberschenkel mit Gefühlsstörung (Parästhesie).
Therapie
Der einfache Kreuzschmerz wird mit Schmerzmittel (Paracetamol. Iburofen u.a.) und Physiotherapie (Massagen, Krankengymnastik, Reizstrombehandlung, Wärmetherapie (wie z.B. Heizkissen, Infrarotlicht, Wärmepflaster, Kirschkernkissen, Bäder, Fango, Sauna u.a.), Ultraschall, Magnetfeldtherapie unter Vermeidung körperlich schwerer Arbeiten behandelt.
Ergänzend kann die Neuraltherapie (Injektionen mit Lokalanästhetika), Chirotherapie, Akupunktur und Homöopathie eingesetzt werden. Bei Anzeichen für eine Chronifizierung ist auf alle Fälle eine fachärztliche Diagnostik und Therapie erforderlich.
Zur Schmerzlinderung und Entkrampfung bei Kreuz-Bein-Schmerzen werden entspannende und entzündungshemmende Medikamente gespritzt und eine Stufenlagerung vorgenommen. In manchen Fällen reichen auch ein oral verabreichtes Antiphlogistikum und ein muskelentspannendes Medikament aus. Durch eine zusätzliche Streckbehandlung (Extensionsbehandlung) wird die gereizte und gedrückte Nervenwurzel entlastet.
Ergänzend werden die bereits oben angegebenen Behandlungen eingesetzt. Komplizierte Nervenwurzelkompressionen sind neben Gefühlsstörungen mit Reflexdifferenzen und Lähmungen (Paresen) verbunden. Die Schmerzen und Empfindungsstörungen reichen bis zum Unterschenkel und Fuß.
Bei komplizierten Beinschmerzen sind weitergehende bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich. Bei akut auftretenden Lähmungen wichtiger Muskeln (Fallfuß) ist eine sofortige Klinikeinweisung angeraten (alarmierende Wirbelsäulensymptomatik), um eine Diagnosesicherung und erforderlichenfalls die operative Behandlung zu ermöglichen.
Laufen gilt als eine sehr wirbelsäulenfreundliche Sportart (Rieger 2009).
Normalerweise kommt es durch Laufsport zu keiner Verschlechterung der Wirbelsäulensituation. Bei einer starken Abnutzung der Bandscheiben oder einer Vorwölbung kann die Schmerzsymptomatik verstärkt werden. In diesem Fall ist ärztlicher Rat einzuholen. Als Alternative würden sich Walking oder Aqua-Jogging anbieten. Ein dosiertes Krafttraining verbessert das Muskelkorsett, stabilisiert die Wirbelsäule und vermindert damit die Häufigkeit von Kreuzschmerzen (Rohlmann et al. 2001).
Es ist ratsam, ein Training unter fachkundiger Anleitung durchzuführen, damit die Belastungsgrenze der Wirbelsäule nicht überschritten wird. Bei Kreuzschmerzen hilft es, an einer „Rückenschule" teilzunehmen. Dort erhalten Sie Informationen, wie Sie Ihren Rücken schonend und trotzdem effektiv einsetzen und sich vor Schmerzen und Überlastung schützen.
Das Wiedererlernen der natürlichen Haltung und der natürlichen Bewegung der Wirbelsäule entlastet den Rücken. Sinnvolle Übungen zur Mobilisation und Kräftigung des Rückens lindern Schmerzen und beugen Beschwerden vor.
Rückenschulen werden von Sportvereinen, Volkshochschulen und Krankenkassen angeboten.
Auch das Erlernen von Entspannungsverfahren (Autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga, Meditation u.a.) ist vor allem bei chronischen Schmerzen ratsam.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.
Rieger H. Sportverletzt. Was jetzt? Ursachen, Behandlung, Vorbeugung. Köln: Deutscher Ärzte-Verlag 2009.
Rohlmann A, Wilke HJ, Mellerowicz H, Graichen F, Bergamnn G. Belastungen der Wirbelsäule. Dtsch Z Sortmed 2001; 52: 118-23.
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