Blog
18
12
2008

Sport stärkt die Körperabwehr gegen Infektionen, daran gibt es keinen Zweifel. Und da ist es egal, ob Sie im Sommer oder Winter laufen. Nur ein Zuviel an Training schwächt die Abwehrkräfte, das gilt für alle Jahreszeiten.

KEIN WINTERSCHLAF – MARTIN GRÜNING in RUNNERS WORLD – LAUFEN IST EINE GANZJAHRES-SPORTART

By GRR 0

Seien Sie kein Weichei, glauben Sie lieber uns: Laufen kann im Winter wunderschön sein. Man muss nur auf die speziellen Herausforderungen der kalten Jahreszeit richtig vorbereitet sein. Sechs Fragen und Antworten sowie sechs Trainingspläne zum perfekten Wintertraining

Man kann es also problemlos auch im Winter tun! Zirka 75 Prozent der Energie des Körperstoffwechsels wird in Wärme und nur 25 Prozent in Bewegung umgesetzt, da kann einem auch beim Laufen in Eis und Schnee warm ums Herz werden. Es ist sogar so: Entspricht die Wärmeproduktion im Ruhezustand etwa 100 Watt – das ist die Energie, die eine Glühbirne zum Leuchten bringt –, vervielfacht sie sich beim Training bis auf zirka zwei Kilowatt.

Aber wir verstehen natürlich, dass es so manchem Läufer im Winter an der Motivation fehlt, die Schuhe ebenso regelmäßig zu schnüren wie im Frühling, Sommer und Herbst. Andererseits kennen Sie doch das Wohlgefühl, das sich schon nach den ersten Laufschritten einstellt und erst recht nach dem Laufen, wenn Sie unter der Dusche stehen. Glauben Sie uns: Dieses Wohlgefühl ist im Winter das gleiche wie im Sommer.

Zugegeben, Erholungsphasen im Winter sind grundsätzlich ja gar nicht so schlecht, aber sie sollten nur nicht zu lang und zu inaktiv gestaltet werden. Gar nichts tun geht einfach nicht. Dann können Sie Ihre Laufform im kommenden Jahr total vergessen.
Deshalb haben wir nicht nur Trainingspläne entwickelt, die zeigen, woran Sie beim Wintertraining sparen können, ohne Ihre Form zu verlieren, sondern geben auch Antworten auf all die Fragen, die ein Wintertraining aus Ihrer Sicht eventuell mit sich bringt.   

1. „Wo liegt das gesunde Maß  einer läuferischen Winterbetätigung, wenn man auf keinen Fall eine Erkältung bekommen will?“

Sport stärkt die Körperabwehr gegen Infektionen, daran gibt es keinen Zweifel. Und da ist es egal, ob Sie im Sommer oder Winter laufen. Nur ein Zuviel an Training schwächt die Abwehrkräfte, das gilt für alle Jahreszeiten. Untersuchungen haben gezeigt, dass Läufer mit einem Trainingsumfang zwischen 20 und 30 Wochenkilometern im Jahresverlauf die geringste Zahl an Erkältungen hatten.

Bis zu einem wöchentlichen Trainingsumfang von 95 Kilometern stieg die Infektionshäufigkeit geringfügig an. Wurden jedoch mehr als  95 Kilometer pro Woche gelaufen, ging die Zahl der Erkältungskrankheiten sprunghaft in die Höhe.
In einer anderen Studie zeigte sich, dass die Zahl von Erkältungskrankheiten bei einer Gruppe von Ausgleichssportlern nur halb so hoch war wie bei Inaktiven, die ansonsten gesund lebten (Nichtraucher, kein Übergewicht). Training in Maßen verbessert also offensichtlich die Immunabwehr.

Neben starker körperlicher Belastung schwächen auch schlechte Ernährung und psychischer Stress das Immunsystem. Beides kann als zusätzlicher Faktor die Wirkung von hartem Training auf die Infektanfälligkeit noch verstärken. Durch ausgeglichene Ernährung, Verminderung des allgemeinen Stresses auf ein Minimum, die Vermeidung von Übertraining und durch ausreichend Schlaf sowie genügend lange Pausen zwischen Wettkämpfen und harten Trainingseinheiten lässt sich der erhöhten Infektanfälligkeit vorbeugen.

2. „Leiden beim Laufen bei sehr tiefen Außentemperaturen nicht die Bronchien?“

Körperlich belastende Winter-Ausdauersportarten wie Skilanglauf und Biathlon zeigen, dass das nicht der Fall ist. In diesen Sportarten werden bei Außentemperatu-ren, die bei 15 Grad minus und niedriger liegen, körperliche Höchstleistungen erbracht. Die erstaunliche Tatsache, dass dabei keine Vereisung der Bronchien auftritt, lässt sich durch das Hagen-Poiseuille-Gesetz erklären, das das Verhalten von Strömungen in Röhrensystemen beschreibt. Ausgehend von der großen Luftröhre verzweigen sich die Bronchien 22- bis 24-mal in jeweils zwei Röhren.

Dadurch ist der Gesamtquerschnitt des Röhrensystems in der Summe sehr groß, die Strömungsgeschwindigkeit der Atemluft in den kleiner werdenden Bronchialwegen verlangsamt sich entsprechend. Das hat eine wesentlich längere Kontaktzeit der Bronchialwege mit der eingeatmeten Luft zur Folge, die sich dadurch erwärmt. Bedenkt man zudem, dass der menschliche Organismus bei Kälte seinen Grundumsatz, also die Energie zur Aufrechterhaltung der Körperkerntemperatur von 37 Grad, um das Vierfache steigern kann, wird verständlich, dass dieses variabel funktionierende Heizungssystem der Bronchien und der Lunge selbst bei  extrem niedrigen Lufttemperaturen eine Vereisung verhindern kann. Fazit: Auch bei sehr tiefen Außentemperaturen ist Ausdauersport möglich. Die Intensitäten sollten allerdings eher im unteren Belastungsbereich (zirka 70 Prozent der maximalen Herzfrequenz) liegen.

3. „Beim Laufen im Schnee habe ich Angst, dass ich stürze. Gibt  es eine bestimmte Lauftechnik?“

Frisch gefallener Schnee ist einer der problemlosesten Laufuntergründe, den es gibt. Er gibt guten Halt und festen Tritt und macht das Laufen zu einem unvergleich-  lichen Erlebnis. Problematisch wird es erst, wenn unter dem Schnee eine Eisschicht liegt oder der Schnee zu Schneematsch wird. Dann sollte man unbedingt das Lauftempo drosseln, die Arme etwas abspreizen, um den Körper besser ausbalancieren zu können, und versuchen, bewusst mit dem gesamten Fuß aufzusetzen.

Wird man von noch extremeren Bodenbedingungen während eines Laufs überrascht (blankes Eis), sollte man lieber gehen. Wer sich bei vereisten Wegen nicht sicher fühlt, der bleibt besser ganz zu Hause. Lieber auf drei Trainingseinheiten verzichten als auf eine gesamte Saison, weil man sich bei einem Sturz die Beine gebrochen hat.

4. „Muss ich mich als ambitionierter Läufer im Winter eigentlich anders ernähren als im Sommer?“

Anders als bestimmte Tierarten, die in  kalten Regionen überwintern, brauchen Sie sich im Winter nicht fettreicher zu ernähren. Wenn Sie es doch tun, passiert bei gleichem Trainingsaufwand nämlich nur eines: Sie nehmen zu. Sie sollten als Läufer im Winter, wenn Sie bei Eis und Schnee trainieren, dieselbe Nahrungszusammensetzung bevorzugen wie in den anderen Jahreszeiten.

Wenn es für normalgewichtige, ambitionierte Läufer einen Rat gibt, dann folgenden: Essen Sie bewusst zwei Prozent mehr (wenn Sie es nicht schon von selbst tun). Denn der Körper braucht bei den kühlen Außentemperaturen im Winter mehr Energie, um den Körper vor einer Unterkühlung zu bewahren und vor allem die Extremitäten (Beine, Füße, Arme, Hände) warmzuhalten.

Hierzu werden als Erstes die leicht verwertbaren  Energiespender herangezogen, die Kohlenhydrate. Was von diesen übrig bleibt, wird in die Muskelarbeit gesteckt. Steht nicht mehr viel an Kohlenhydraten in Form von so genanntem Glykogen für die Muskelarbeit zur Verfügung, greift der Körper auf die Fettreserven zurück. Die lassen sich zwar nicht so einfach in Energie umwandeln wie Kohlenhydrate, sie brennen dafür aber viel länger.

5. „Wie kann ich im Winter  der frühen Dunkelheit ein  Schnippchen schlagen?“

Abends gar nicht. Die Tage sind im Winter kürzer, und wer berufstätig ist und erst nach der Arbeit zum Lauftraining kommt, kann der Dunkelheit gewöhnlich nicht entgehen. Aber haben Sie schon einmal daran gedacht, während der Mittagspause zu laufen? Sind Duschmöglichkeiten am Arbeitsplatz vorhanden, sollte es ein Leichtes sein, die Mittagspause für ein lockeres Lauftraining zu nutzen. Sicherlich ist dies nicht für jeden praktikabel, deshalb sollten Sie Ihre wichtigsten oder zeitaufwendigsten Trainingseinheiten immer am Wochenende absolvieren, wenn Sie sich die Tageszeit zum Lauftraining aussuchen können.

Lässt sich das Training in der Dunkelheit einmal doch nicht vermeiden, denken Sie daran: Ihre Sicherheit steht an erster Stelle. Auf folgende Punkte sollten Sie beim Laufen in der Dunkelheit achten:
 Helle, weit sichtbare und reflektierende oder fluoreszierende Kleidung tragen (die meisten Laufschuhe sind mit Reflektoren ausgestattet).

Bei Regen oder Nebel sollten Sie eine Stirnlampe als Sehhilfe und zugleich als Warnleuchte mitnehmen.
 Laufen Sie im Straßenverkehr immer auf der linken Seite, den anderen Verkehrsteilnehmern entgegen, und achten Sie auf seitliche Ausweichmöglichkeiten.

6. „Ich trinke bei Läufen im Winter bei Weitem nicht so viel wie im Sommer, weil ich kaum Durst habe. Ist deshalb meine Haut auch so  ledern und trocken?“

Beim Laufen verlieren Läufer im Winter fast ebenso viel Flüssigkeit wie im Sommer. Erstens schwitzt man beim Laufen auch bei niedrigen Temperaturen, und zweitens sorgt die trockene Winterluft für eine zusätzliche Dehydration. Eine sehr geringe Luftfeuchtigkeit kann den Körper äußerst schnell austrocknen, das wissen vor allem erfahrene Extrem-Bergsteiger genau und schützen sich durch regelmäßige Flüssigkeitsaufnahme davor.

Vor allem bei längeren Läufen sollte man also wie bei hohen Sommertemperaturen viel trinken.
Natürlich leidet unter der trockenen Winterluft auch die Haut. Im Winter fällt die Luftfeuchtigkeit manchmal bis unter 35 Prozent. Das macht die äußeren fettrei-chen Hautschichten, die aus 10 bis 20 Prozent Wasser bestehen, trocken und spröde. Dem kann man nicht durch eine erhöhte Flüssigkeitsaufnahme vorbeugen, sondern nur durch eine direkte Hautpflege – zum Beispiel mit Feuchtigkeitscreme.

Martin Grüning in RUNNERS WORLD in 12/2008

author: GRR

Comment
0

Leave a reply