Kathrin Dörre-Heinig - 2016 Berlin Marathon Berlin, Germany September 25, 2016 Photo: Victah Sailer@PhotoRun Victah1111@aol.com 631-291-3409 www.photorun.NET
Kathrin Dörre-Heinig: Olympia verläuft oft ganz anderes, als erwartet
Mit einer der stärksten Mannschaften der letzten Jahre reiste Bundestrainerin Kathrin Dörre-Heinig zu den olympischen Marathonläufen nach Sapporo in Japan.
German Road Races bat die Olympiadritte von 1988 in Seoul und dreimalige Siegerin des London Marathon (1992, 1993, 1994) zuvor auf ein Wort.
Liebe Kathrin Dörre-Heinig, Melat Kajeta, mit 65:18 Minuten immerhin Europarekordhalterin im Halbmarathon, hat vor ihrer Abreise gesagt: „Ich würde in Japan im Marathonlauf gern um eine Medaille kämpfen“. Ist das angesichts der afrikanischen Dominanz und der israelischen Ausnahmeläuferin Lonah Salpeter als Olympia-Favoritin nicht zu hoch gegriffen?
Kathrin Dörre-Heinig: Nein! Olympische Marathonläufe und auch WM-Rennen verlaufen doch meistens ganz anders, als erwartet. Das haben wir oft genug erlebt. Du weißt alles über das Rennen, das du bestreiten wirst – und trotzdem kann es dir entgleiten. Aber es gab ja auch schon Läufe, bei denen ging es – wider Erwarten – dann doch so ab, wie geplant. Das ist halt Marathon!
Sie sind mit einer der stärksten deutschen Marathon-Mannschaft der Frauen zum olympischen Rennen in Sapporo gereist. Was streben Sie an?
Dörre-Heinig: Auf alle Fälle einen Platz unter den ersten Acht. Ich freue mich jedenfalls auf den olympischen Marathonlauf der Frauen am 7. August in Sapporo. Und auch auf den der Männer am Tag danach.
Auch, wenn die Corona-Pandemie vieles durcheinander gewirbelt hat?
Dörre-Heinig: Sehen Sie, als schließlich 2020 auch noch die Olympischen Spiele und die EM gecancelt wurden, gab es auf einmal eine Leere und die Athleten fielen in ein großes Motivationsloch. Das größte Problem war dabei die Unsicherheit. Da auch in unserem Bereich sämtliche Deutsche Straßenlaufmeisterschaften gestrichen wurden, musste schnellstens eine Neuorientierung passieren, um neue Motivation zu schaffen. Zum Glück gab es ein paar Läufe, die durch German Road Races unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen ins Leben gerufen wurden.
Apropos Unsicherheit: Wie äußerte sich diese?
Dörre-Heinig: Nehmen wir als Beispiel meine Tochter Katharina Steinruck. Sie hat sich im vorigen Jahr dreimal ganz speziell auf einen zuvor zugesagten Marathonlauf vorbereitet, der dann jeweils acht bis zehn Tage, bevor er gestartet werden sollte, abgesagt wurde. Das stand sie dann vor mir und war verzweifelt: Ich brauche doch endlich mal ein Ergebnis, damit ich weiß, wo ich derzeit stehe.
Umso erstaunlicher ist es, was trotz allem zustande gebracht wurde . . .
Dörre-Heinig: . . . vor allem in Eigeniniative! Es hat ja dann, trotz der Pandemie und vieler heißer Tage, einen regelrechten Boom im Frauen-Marathonlauf gegeben. Und wäre unser Olympia-Team nicht auf drei Läuferinnen beschränkt, auf Melat Kajeta, Katharina Steinruck und Deborah Schöneborn, wir hätten ohne Not auch eine größere und durchaus schlagkräftige Mannschaft für Sapporo aufbieten können.
Wie erklären Sie sich das?
Dörre-Heinig: Laufen ist eben „in“. Die Leute sitzen den ganzen Tag über, im Büro oder im Labor, deshalb wollen sie sich bewegen. Das gilt aber nicht nur für Frauen, das gilt auch für Männer.
Aber Sie nehmen doch wohl nicht an, dass unser derzeit schnellster Marathonläufer, Richard Ringer, bei Olympia im vorderen Feld landen könnte . . .
Dörre-Heinig: Doch! Mit seiner Leistung von 2:08:49 Stunden, gelaufen in diesem Jahr im italienischen Siena, steht er in der europäischen Rangliste hinter vier Israelis an fünfter Position. Warum also sollte er in Sapporo nicht unter den besten Acht der Welt sein?
Das Interview führte Klaus Blume
Klaus Blume
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