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04
09
2010

Anlässlich der derzeitigen Schokoladen-Diskussion weist die Deutsche Herzstiftung darauf hin, dass auch Herzpatienten beim gelegentlichen Genuss von moderaten Schokoladen-Mengen kein schlechtes Gewissen haben müssen. Wichtig ist nur, dass auf ausreichend Bewegung und eine gewissenhafte Zahnreinigung geachtet wird.

Informationen der Deutschen Herzstiftung – Herzinfarkt: Risiko mit Schokolade verringern?

By joerg 0

Kaum jemand wird bei einer gesundheitsfördernden Ernährung als erstes an Schokolade denken. Dennoch existieren mittlerweile mehrere Studien, die darauf hindeuten, dass bestimmte Schokoladen-Sorten möglicherweise das Herzinfarkt-Risiko verringern. Die Deutsche Herzstiftung erläutert, inwieweit ein regelmäßiger Schokoladen-Verzehr zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu empfehlen ist.

 

 

Schokolade Herz Herzinfarkt

Erst kürzlich hatte das Deutsche Institut für Ernährungsforschung aus Potsdam eine interessante Beobachtungs-Studie veröffentlicht, die auf einen eventuellen Nutzen von Schokolade zur Verhinderung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen hindeutet. Insgesamt hatten sich in der rund achtjährigen Untersuchung 39 % weniger Herzinfarkte bzw. Schlaganfälle bei jenem Viertel der Studienteilnehmer ereignet, die zu Studienbeginn in einer Befragung den höchsten Schokoladen-Konsum (durchschnittlich 7,5 g pro Tag) angegeben hatten. Als Vergleichsgruppe diente dabei das Viertel, das seinen Schokoladen-Konsum laut der Befragung mit durchschnittlich 1,5 g pro Tag am niedrigsten eingeschätzt hatte. Ausgewertet werden konnten in der groß angelegten Untersuchung die Ernährungsgewohnheiten von 19.357 Menschen, die beim Start der Studie noch keinen Herzinfarkt oder Schlaganfall erlitten hatten*.

* Buijsse B et al., Eur Heart J 2010; 31: 1616-23

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Soll man also regelmäßig Schokolade essen?

Nachdem hierzulande zahlreiche Magazine und Zeitungen über die Potsdamer Studie berichtet hatten, haben sich viele Menschen gefragt, ob man nun regelmäßig Schokolade zur Verhinderung von Herzinfarkten und Schlaganfällen essen soll. Bei der Antwort ist zu bedenken, dass die Studie ähnlich wie bereits einige Untersuchungen zuvor** zwar sehr interessante Hinweise auf einen eventuellen gesundheitlichen Nutzen von Schokolade liefert, aber die Daten letztendlich keinen ausreichenden Beweis darstellen.

** Corti R et al., Circulation 2009; 119: 1433-41,
Janszky I et al., Journal of Internal Medicine 2009; 266: 248-57

Denn aufgrund des verwendeten Studientyps könnte bei dem positiven Abschneiden von Schokolade z. B. auch der Zufall oder der soziale Status der Studienteilnehmer eine nicht zu unterschätzende Rolle gespielt haben, was erst in weiteren Untersuchungen geklärt werden muss.

Darüber hinaus wurde in der Potsdamer Untersuchung die verzehrte Schokoladen-Menge lediglich zum Zeitpunkt des Studienbeginns erfragt, ohne dass im weiteren Verlauf überprüft wurde, ob der Schokoladen-Konsum während der achtjährigen Beobachtungsdauer tatsächlich genauso fortgesetzt wurde. Nicht ganz plausibel erscheint in der Studie zudem, dass der vermehrte Schokoladen-Konsum das Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle um fast 40 % reduzieren soll, was im Vergleich zu manch anderen Präventions-Maßnahmen enorm viel wäre und daher kritisch hinterfragt werden muss.

Geschichtliches zum Schokoladen-Genuss
Der Aztekenfürst Montezuma bezeichnete im 16. Jahrhundert die Schokolade als ein göttliches Getränk, das ungeahnte Kräfte mobilisiert. Der spanische Eroberer Hernán Cortés war der Meinung, dass man mit einem Schokoladentrunk einen ganzen Tag ohne sonstige Nahrung marschieren kann. Heute stehen mit dem Schokoladen-Konsum weniger militärische Aspekte im Vordergrund, sondern vielmehr die angenehmen Gefühle von Lust und kurzzeitigem Glücksempfinden, die schnell nach Wiederholung rufen können.

Eine endgültige Empfehlung für oder gegen Schokolade als gezieltes Mittel zur Vermeidung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen lässt sich daher noch nicht geben. Aus diesem Grund sollte Schokolade zum momentanen Zeitpunkt auch nicht als gezielte Maßnahme zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen zum Einsatz kommen bzw. die Potsdamer Studie nicht als Aufruf für den Verzehr großer Schokoladen-Mengen missverstanden werden, wobei die Deutsche Herzstiftung von Schokolade als Genussmittel nicht generell abrät, solange der Genuss in Maßen erfolgt.

Wie viel mehr muss ich mich für ein Stück Schokolade bewegen?

Würde man zusätzlich zur normalen Ernährung z. B. jeden Tag eine 100 g-Tafel (ca. 500 kcal) essen, wäre dies ohne zusätzliche Bewegung mit einer Körpergewichts-Zunahme von einem halben Kilogramm pro Woche verbunden. Und da Übergewicht zu den größten Risikofaktoren für Herzinfarkte und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen zählt, könnte ein derartig exzessiver Schokoladen-Konsum fatale Folgen haben.

Anders sieht es bei kleineren Mengen aus. So reicht zur Verbrennung eines einzelnen Stücks (ca. 40 kcal) je nach Mensch bereits ein zehnminütiger Spaziergang aus. Grundsätzlich muss also bei entsprechender körperlicher Bewegung auch aus Gründen der Übergewichtsvermeidung nicht komplett auf Schokolade verzichtet werden. Findet allerdings keine vermehrte Bewegung statt, sollte man bedenken, dass auch kleine Mengen im Laufe der Zeit deutliche Gewichtszunahmen bewirken können. Rein rechnerisch führt ein tägliches Stück Schokolade mit 40 kcal bereits in einem Jahr zu einer Gewichtszunahme von 1,5 kg und in zehn Jahren entsprechend von 15 kg, wenn der Konsum nicht mit zusätzlicher körperlicher Aktivität ausgeglichen wird.

Schokolade trotz Karies- und Parodontitis-Risiko?

Nicht zu unterschätzen sind beim Thema Schokolade die Auswirkungen auf die Zähne. Denn Schokolade kann aufgrund ihrer Konsistenz leicht an den Zähnen haften bleiben und entsprechend zu Karies führen.

Auch das Risiko für eine chronische Zahnfleisch-Entzündung (Parodontitis) mit freiliegenden Zahnhälsen kann bei einem häufigen Konsum von Süßigkeiten ansteigen. Eine solche chronische Entzündung ist dabei eine der wichtigsten Ursachen für Zahnverlust und Schwund des Kieferknochens. Zudem kann eine chronische Parodontitis ein Risikofaktor für eine schlechtere Funktion der Blutgefäße sein und das Fortschreiten einer koronaren Herzerkrankung (umgangssprachlich: Verkalkung der Herzkranzgefäße) begünstigen.

Dunkle Schokolade besser als helle?

Auf welche Inhaltsstoffe der erhoffte Nutzen von Schokolade zurückgehen könnte, lässt sich bislang nur vermuten. Nach Hinweisen aus anderen Studien kommen z. B. bestimmte Flavanole in Frage, die in größeren Mengen vor allem in Bitterschokolade mit einem hohen Kakao-Anteil (z. B. 70 %) zu finden sind, wohingegen der Anteil an Flavanolen in Milchschokolade deutlich geringer ausfällt und in weißer Schokolade keine nennenswerten Mengen mehr anzutreffen sind. Falls sich daher in Zukunft herausstellen sollte, dass Schokolade tatsächlich das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt, könnte Schokolade mit einem hohen Kakao-Anteil möglicherweise einen leichten Vorteil gegenüber anderen Schokoladen-Sorten bieten. Darüber hinaus sei angemerkt, dass Flavanole auch in roten Weintrauben, Äpfeln und in schwarzem Tee vorkommen.

Fazit: Es gibt Daten, die darauf hindeuten, dass Schokolade eventuell das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen senkt. Allerdings reicht die derzeitige Beweislage für eine abschließende Beurteilung nicht aus, weshalb Schokolade zum momentanen Zeitpunkt nicht als Maßnahme zum Schutz vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen eingesetzt werden sollte.
Anlässlich der derzeitigen Schokoladen-Diskussion weist die Deutsche Herzstiftung darauf hin, dass auch Herzpatienten beim gelegentlichen Genuss von moderaten Schokoladen-Mengen kein schlechtes Gewissen haben müssen. Wichtig ist nur, dass auf ausreichend Bewegung und eine gewissenhafte Zahnreinigung geachtet wird.

Foto Professor Helmut Gohlke

Der Autor dieses Beitrags, Prof. Dr. med. Helmut Gohlke, ist Mitglied im Vorstand der Deutschen Herzstiftung und Chefarzt im Herz-Zentrum Bad Krozingen. Zu den wissenschaftlichen Schwerpunkten des Herzspezialisten zählt u. a. die Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
(Redaktion: Karl Eberius)

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author: joerg

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