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03
12
2008

Wer viel Alkohol trinkt, gefährdet sein Herz. Der Blutdruck steigt, der Herzmuskel kann Schaden nehmen, die Pumpe gerät aus dem Takt.

In vino sanitas- Dr. Hartmut WEWETZER vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin -Heute: Ist Alkohol in Maßen gut fürs Gehirn?

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Alle Dinge sind Gift, und nichts ist ohne Gift“, wusste schon der deutsche Arzt Paracelsus vor 500 Jahren. „Allein die Dosis macht, dass ein Ding kein Gift ist.“ Das gilt nicht zuletzt für den Alkohol. Es ist gut belegt, dass leichter bis mäßiger Alkoholkonsum das Risiko einer koronaren Herzkrankheit und damit von Herzattacken senkt, bei Männern um immerhin etwa 30 bis 40 Prozent.

Ähnliches gilt für die Gefahr eines Hirninfarkts, also eines Blutpfropfs in einer Schlagader im Gehirn. Wesentliche Ursache für den günstigen Effekt mäßiger Alkoholdosen auf die Gefäße dürfte die Tatsache sein, dass der Weingeist das „gute“ HDL-Cholesterin im Blut erhöht. Das Blut neigt zudem weniger zur Verklumpung, es ist „flüssiger“.

Aber nach zwei, drei Gläsern Bier, Wein oder Schnaps verkehrt sich das Ganze immer mehr in sein Gegenteil, aus der „Medizin“ wird ein Gift. Wer viel Alkohol trinkt, gefährdet sein Herz. Der Blutdruck steigt, der Herzmuskel kann Schaden nehmen, die Pumpe gerät aus dem Takt. Von den Wirkungen auf andere Organe ganz zu schweigen.

Vorsichtig genossen jedoch kann Alkohol nicht nur den Körper, sondern auch die geistige Fitness im Alter stärken. Das ist insofern überraschend, als man sich vor Augen halten muss, welche schweren Folgen Alkoholmissbrauch dem Gehirn zufügen kann. Auch hier entscheidet die Menge darüber, welches „Gesicht“ der Alkohol hat.

Laborexperimente deuten darauf hin, dass Alkohol in Maßen Entzündungsprozesse im Gehirn dämpfen kann und so der Zerstörung von Nervenzellen vorbeugt. Er erhöht die Konzentration von PKC, einem zellschützenden Eiweiß. Damit lässt sich der günstige Effekt auf die Gehirnzellen erklären, meint der Biologe Michael Collins von der Loyola-Universität in Chicago. Im Fachblatt „Alcoholism: Clinical & Experimental Research“ hat er die Wirkung geringen Alkoholkonsums auf Herz und Hirn bewertet.

Eine einfache Wahrheit für alle lässt sich aus all dem jedoch nicht destillieren. Wer keinen Alkohol trinkt, sollte jetzt nicht damit anzufangen. Gesunde Ernährung und viel Bewegung bewirken Ähnliches. Ohne die Nebenwirkungen, die auch bei geringem Alkoholkonsum nun einmal vorhanden sind. So wird die Leber belastet und die Gefahr einer Hirnblutung steigt. Auch das Risiko für manche Tumorarten wie Brustkrebs wird leicht erhöht – allerdings sind diese deutlich seltener als Herzattacken.

Die Nutzen-Risiko-Abwägung fällt also unterschiedlich aus. Das Herz eines gesunden jungen Mannes dürfte kaum von seinem Feierabendbier profitieren. Bei einem 60-jährigen mit erhöhtem Cholesterin sieht das anders aus. Er kann sich sein Bierchen gönnen.

Auch die Frage, was ein maßvoller Konsum ist, ist nicht pauschal zu beantworten. Im Prinzip gilt: höchstens zwei Drinks am Tag für den Mann, einer für die Frau. Wobei „Drink“ heißt: etwa 0,4 Liter Bier oder 0,2 Liter Wein. Ausschlaggebend für die medizinische Wirkung ist dabei nicht die Art des Getränks. Auch wenn die Römer Wein bevorzugten.

Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegel, Sonntag dem 23. November 2008  

 

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