Bundesinnenminister Thomas de Maizière, die brasilianische Botschafterin Maria Luiza Ribeiro Viotti und DOB-Präsident Alfons Hörmann in der brasilianischen Botschaft in Berlin. ©Camera 4/Eberhard Thonfeld
Hörmann: „Vom olympischen Virus anstecken lassen“
Genau einen Monat vor Eröffnung der Olympischen Spiele in Rio hat der DOSB mit dem Parlamentarischen Abend des deutschen Sports in Berlin auf Brasilien eingestimmt.
Erstmals war die Botschaft des südamerikanischen Landes in der Hauptstadt Gastgeber des traditionellen Jahrestreffens mit Vertretern insbesondere aus Sport, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Medien.
Botschafterin Maria Luiza Ribeiro Viotti kündigte "tolle Spiele“ an. „Wir werden die Welt mit offenen Armen empfangen“, sagte die Gastgeberin vor den rund 250 Gästen, die der Einladung des DOSB gefolgt waren.
„Rio ruft, und wir werden mit einer großen und leistungsbereiten Mannschaft antreten“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann, der allerdings auch auf die besonderen Herausforderungen einging, die Brasilien und Rio mit zahlreichen Krisen, mit Rezession und unbeständigen politischen Kräfteverhältnissen böten. Dabei sei es für sich schon eine besondere Leistung, die beiden größten Sportevents, die Fußball-WM 2014 und nun die Olympischen Sommerspiele und die Paralympics nach Brasilien zu holen, „das können wir aus DOSB-Sicht spätestens nach dem schmerzhaften Aus für unsere Hamburger Bewerbung im vergangenen Jahr gut beurteilen“, sagte Hörmann.
Aber Olympia sei so viel mehr als Beton, Glas und Stahl. „Junge Spitzensportler aus aller Welt kommen nach Brasilien und realisieren dort ihren olympischen Traum. Dabei inspirierten sie mit ihren Leistungen Menschen in aller Welt und ganz besonders in Brasilien, ihnen nachzueifern. Von diesem Virus sollten wir uns anstecken lassen“, sagte Hörmann.
Bundesinnenminister de Maizière verbreitet Zuversicht
Einen Tag vor dem Treffen des Leitungsgremiums für die Reform der Spitzensportförderung verbreitete auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière Zuversicht. Er zitierte den früheren Präsidenten des Nationalen Olympischen Komitees, Walther Tröger, der immer gesagt habe, dass es vor allen Spielen Kritik und Bedenken gegeben habe. „Und immer war es hinterher schön“, sagte der Minister. „Ich bin zuversichtlich, dass es gute Spiele werden.“
Zum Reformprozess der Spitzensportförderung ergänzte er, dass darüber viel geschrieben werde, „zu viel“, wie er anmerkte. Auch das Treffen an diesem Mittwoch sei nur eine wichtige Zwischenetappe, die noch kein Ergebnis bringen werde. Man wolle zum einen die Vorbereitung auf Rio nicht stören, sagte de Maizière. Zum anderen seien auch harte Diskussionen in solch einem Prozess, „der viel vielschichtiger ist, als das mancher wahrnimmt“, sehr wichtig. „Es geht nur gemeinsam“, sagte der Minister. Deshalb habe er die Hoffnung, „dass wir vorankommen“.
Man habe 75 Prozent der Wegstrecke zurückgelegt, sagte Alfons Hörmann. Der DOSB wolle weiterhin eine führende Rolle einnehmen, deshalb gebe es an der ein oder anderen Stelle auch kontroverse Diskussionen – „auch intern“. In einigen entscheidenden Punkten wie den Olympiastützpunkten oder dem Wissenschaftstransfer sei das Konzept noch nicht in der nötigen Tiefe ausgearbeitet. Die Athleten in den Mittelpunkt zu stellen, ihnen eine vernünftige Perspektive für vier bis acht Jahre zu bieten, Förderentscheidungen nach einem neuen Berechnungsmodell zu treffen und so berechenbarer zu werden – diese Punkte kennzeichneten den schwierigen Weg.
Aber auch intern mache der DOSB seine Hausaufgaben, sagte Hörmann. Die zweitägige Präsidiumssitzung vor dem Parlamentarischen Abend sei „eine der erfolgreichsten und wertvollsten“ gewesen. Dabei wurden erste große Ableitungen aus dem selbstkritischen Analyseprojekt „Anstoß 2016“ präsentiert und diskutiert. Auch diese mühevollen und manchmal leidvollen Diskussionen zeigten, wie wertvoll es sei, in die Tiefe zu gehen und zu analysieren, ergänzte der Präsident. „Und wir kommen nicht mehr umhin, den einen oder anderen Beschluss zu fassen.“
Ein Beispiel sei die Deutsche Sport-Marketing (DSM), bei der es nicht nur darum gehe, künftig unter einem Dach näher zusammenzuarbeiten, sondern darum, die Organisationen zu verschmelzen.
Keine Beitragserhöhung bis zum Jahr 2020
Die für die Mitgliedsorganisationen vielleicht wichtigste Botschaft aus der Sitzung sei allerdings das Analyseergebnis der Kostenstrukturen. Danach traue sich das Präsidium die Zusage zu, dass bis zum Jahr 2020 keine Beitragserhöhung nötig sei. „Das gibt Finanzsicherheit auch für Ihre Verbände“, sagte Hörmann unter dem Beifall der versammelten Vertreter des Sports.
In einer Podiumsdiskussion mit der Botschafterin, mit DOSB-Vizepräsident Ole Bischof und Parakanutin Edina Müller erläuterte Fechtolympiasiegerin Britta Heidemann ihre Kandidatur für die Athletenkommission des Internationalen Olympischen Komitees. Sie wolle im Falle ihrer Wahl in Rio vor allem bei jenen Themen für die Sache der Athleten eintreten, die sie schon in ihrer eigenen Karriere als verbesserungswürdig eingestuft hatte.
Heidemann ist Botschafterin für Sport und Entwicklung
Dass die Degenfechterin und Sinologin insbesondere in China populär und gut vernetzt ist, hat auch der Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gerd Müller, schon auf seinen Reisen festgestellt. Auch aus diesem Grund nahm er an diesem Abend eine besondere Ehrung vor. Er ernannte Britta Heidemann zur Botschafterin für Sport und Entwicklung. Deutschland sei ein Land der Kultur und Technologie, sagte Müller. „Aber der Sport ist der beste Botschafter Deutschlands in der Welt.“
Dass der internationale Sport in diesen Zeiten aber auch eine Vertrauenskrise erlebe, sprachen Hörmann und de Maizière an. Wichtig seien in diesen Wochen die Entscheidungen der internationalen Verbände, sagte der Minister. „Das ist die Stunde der Härte.“
„Wir freuen uns mit Julia Stepanowa, die bei der Europameisterschaft starten darf“, sagte Hörmann. Es sei ein wichtiges Signal, „wenn erstmals Whistleblower gestärkt und nicht als Störenfriede angesehen werden“. Nun gelte es, aufmerksam zu beobachten, was insbesondere in Lausanne geschehe. „Es muss sichergestellt sein, dass in der Leichtathletik die Dinge so umgesetzt werden, dass am Ende nicht eine Mogelpackung herauskommt“, sagte der Präsident.
Was die anderen Sportarten angeht, hänge das weitere Vorgehen vom McLaren-Report ab. "Wenn für andere Disziplinen nachweislich Vergleichbares auf dem Tisch liegt, muss natürlich entsprechend der Leichtathleten reagiert werden", sagte Hörmann. „Alle Olympiateilnehmer müssen gleiche Voraussetzungen haben.“
Quelle: DOSB