Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Heuschnupfen (Pollinosis) und Asthma bronchiale ©privat
Heuschnupfen (Pollinosis) und Asthma bronchiale – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Heuschnupfen
Jeder 4. leidet an einer Pollenallergie und in den letzten 10 Jahren hat die Zahl der Erkrankten deutlich zugenommen. Im Erwachsenenalter sind mehr Frauen als Männer betroffen, bei den Kindern erkranken Mädchen seltener als Jungen. Am häufigsten kommt es zwischen dem 10. und 30. Lebensjahr zu ersten Beschwerden.
Da Heuschnupfen keine Frage des Alters ist, kann es einen auch noch im hohen Alter erwischen. Heuschnupfen ist keine Bagatellerkrankung, denn nicht selten verstärkt sich eine erworbene Allergie im Laufe der Zeit. Die Beschwerden breiten sich dann von der Nase auf die Bronchien (Etagenwechsel) aus, es kann zu einem allergischen Asthma kommen (Aderhold und Weigelt 2012). Seit 1998 empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die spezifische Immuntherapie gegen Heuschnupfen. Nach dieser Desensibilisierung sind 75% der Patienten weitgehend beschwerdefrei. Diese Therapie wird allerdings noch zu wenig genutzt uns setzt eine allergologische Diagnostik mit Feststellung der verantwortlichen Allergene voraus.
Heuschnupfen entsteht durch die Überreaktion des Immunsystems auf den Kontakt mit Pollen. Bei der Sensibilisierung durch den ersten Kontakt produzieren die Abwehrzellen Antikörper. Treffen dann Pollen auf ein sensibilisiertes Immunsystem, werden die Pollenallergene durch Antikörper an Mastzellen gebunden. Diese Abwehrzellen setzen dann unter anderem den entzündungsfördernden Botenstoff Histamin frei.
Die Schleimhäute schwellen an, die Nase läuft und die Augen tränen. Das Anschwellen der Schleimhäute verhindert ein weiteres Eindringen von Pollen. Nasensekret und Tränen spülen die Pollen weg. Mit dem Ausschwemmen der Allergene kommt es wieder zur Beruhigung des Immunsystems. Am Morgen und bei schönem Wetter treten die Beschwerden besonders auf, bei schlechtem Wetter und nachts lassen die Symptome nach.
Die typischen Heuschnupfensymptome (allergische Rhinokonjunktivitis) sind:
– Niesreiz und Niesattacken,
– Fließschnupfen und verstopfte Nase,
– Augenjucken und -tränen mit Rötung,
– Jucken im Mund und Gesicht,
– eingeschränkter Geruchs- und Geschmackssinn,
– gelegentlich Hautausschlag,
– Kopfschmerzen,
– Reizbarkeit und Müdigkeit.
In Deutschland gibt es ca. 100 Pflanzen, deren Pollen solche Symptome auslösen können. Viel Pollen wird von den früh blühenden Bäumen Hasel, Birke, Weide und Erle sowie Gräsern, Getreide, besonders Roggen, und Kräutern wie Beifuß produziert. Durch die Klimaveränderung blühen viele Bäume und Sträucher früher, länger und intensiver. Auch einige Kräuter setzen mehr Pollen als früher frei.
Die Diagnose erfolgt aus der Vorgeschichte, Untersuchung sowie Haut- und Blut- oder auch Provokationstests. Durch die Ergebnisse zeigen sich die auslösenden Allergene.
Therapie
Eine Möglichkeit besteht darin, die allergieauslösenden Pollen zu vermeiden. Das ist in der Praxis aber schwer möglich. Am häufigsten wird versucht, die Allergieanfälle mit lindernden Medikamenten zu behandeln. Damit werden allerdings nur die Symptome behandelt, die Allergie wird nicht geheilt. In der Folge kann es zur Ausbildung von Asthma kommen.
Es kommt zu Husten und durch die krampfartige Verengung der Bronchien zu Atemnot. Auch die Nebenhöhlen können betroffen sein und sich chronisch entzünden. Weitere Folgen sind Kreuzallergien gegen Nahrungsmittel.
Damit es nicht soweit kommt, gibt es die spezifische Immuntherapie durch Hyposensibilisierung. Diese Behandlung dauert meist drei Jahre (Brehler et al. 2013). Dem Patienten werden Allergene in steigender Dosis bis zu einer Erhaltungsdosis gespritzt, damit das Immunsystem sich an den Stoff gewöhnt.
Die Antihistaminika blockieren die Wirkung des Histamins und mildern so die allergischen Beschwerden. Sie werden meist als Tablette eingenommen. Die Mastzellenstabilisatoren hindern die Mastzellen an der Freisetzung von Histamin und anderen Entzündungsstoffen. Sie kommen in Augentropfen und Nasensprays vor. Glukokortikoide werden in Nasen- und Asthmasprays eingesetzt.
Schnupfensprays enthalten meist Alpha-Sympathomimetika, welche die Schleimhäute abschwellen lassen. Leukotrien-Antagonisten hemmen die Entzündungsförderung des Botenstoffs Leukotrien. Sie werden überwiegend bei Heuschnupfen mit Asthma verwendet.
Bei der Behandlung werden häufig Kombinationen z.B. von Antihistaminika der 2. Generation und Mastzellenstabilisatoren eingesetzt. Als komplementäre Behandlungsverfahren bieten sich die Akupunktur und die Homöopathie an.
Ein Aufenthalt in Klimazonen, die deutlich weniger mit Pollen und anderen Allergenen belastet sind (Hochgebirge und Meer), bringt Erleichterung bei allergischen Atemwegserkrankungen. Diese Maßnahme ist als Kur aber auch bei der Auswahl des Urlaubsziels empfehlenswert. Mit dem Einhalten von einigen Verhaltensregeln kann sich der Heuschnupfenpatient das Leben erleichtern. So bieten Pollenschutzgitter Schutz bei geöffneten Fenstern. Die meisten Pflanzen verlieren ihre Pollen frühmorgens.
Auf dem Land sollte man deshalb abends und nachts lüften und am frühen Morgen die Fenster wieder schließen. Dagegen ist in der Stadt häufig die Pollenkonzentration zwischen 18 und 24 Uhr besonders hoch, aus diesem Grund wäre hier eine Lüftung tagsüber besser. Weitere Möglichkeiten um die Pollenkonzentration in der Wohnung zu reduzieren sind die Verwendung von Luftfiltern und Staubsaugern mit Hepa-Filtern. Da Allergiker auch in Autos nicht vor Pollen sicher sind, bieten sich Klimaanlagen mit Pollenfilter an.
Beim Polleninformationsdienst können Sie sich informieren, welche Pollen gerade besonders aktiv sind. Eine Vitamin C- und kalziumreiche Ernährung (Milchprodukte, Obst, Gemüse) kann hilfreich sein. Die beste Zeit für Aktivitäten im Freien ist nach einem kräftigen Regenschauer, denn der Regen wäscht die Pollen aus der Luft. Laufen Sie bevorzugt im Nadelwald, denn dort schwirren weniger Pollen als an Wiesen-, Wald- und Ackerrändern. Windiges Wetter meiden Sie besser in der problematischen Pollenzeit.
Asthma bronchiale
Asthma bronchiale ist eine chronisch entzündliche Erkrankung der Atemwege, charakterisiert durch eine bronchiale Hyperreagibilität, die eine variable Atemwegsobstruktion bedingt. Die Verengung wird einerseits durch einen Krampf (Brochospasmus) und andererseits durch eine entzündliche Reaktion mit Anschwellung der Schleimhaut mit vermehrter Schleimproduktion hervorgerufen. Als Ursachen kommen Infekte, Stress, Medikamente, klimatische Einflüsse (Kälte, Feuchte) und allergische Faktoren in Betracht. Beim Asthmaanfall besteht besonders bei der Ausatmung eine starke Atemnot mit Hustenreiz, Rasselgeräuschen und sichtbarem Einsatz der Atemhilfsmuskulatur.
Unter körperlicher Belastung – wie z.B. beim Laufen – kann das sogenannte Belastungsasthma (anstrengungsinduzierte Asthma) auftreten. Bis zu 20 % der Spitzenathleten sind davon betroffen (Helenius et al. 1997; Sorichter 2012). Vor allem im Winter bei kalter und trockener Luft tritt es häufiger auf (Netzer et al. 1999). Ein Belastungsasthma kann mit Kaltluft oder durch Belastung provoziert und nachgewiesen werden.
Auch abrupte Wechsel und schnell gesteigerte Belastungen können ein Anstrengungsasthma provozieren. Für die Auslösung ist der Wärme- und Wasserverlust durch die verstärkte Atmung bedeutend. Ausdauersport wirkt sich durch die vagotone Umstellung des Nervensystems über eine Bronchialerweiterung und verbesserte Atemmechanik positiv aus.
Therapie
Bei kalter und trockener Luft, Smog sowie hohen Ozonwerten und starkem Pollenflug mit Allergie sollte der Asthmatiker kein Lauftraining durchführen. Vermeiden Sie Trainingseinheiten bei hohen Minusgraden. Ungünstig wirken sich auch nebliges Wetter, Infekte, ungenügendes Aufwärmen und unzureichende Flüssigkeitsaufnahme aus. Günstig sind warme, feuchte und saubere Luft (Hochgebirge, Meer), Aufwärmen und geringe Belastungsintensitäten.
Eine Atemgymnastik sollten Sie möglichst täglich durchführen. Um bei einem Anfall Gegenmaß-nahmen ergreifen zu können, ist es ratsam, beim Laufen sekretionslösende und bronchienerweiternde Medikamente (Beta-Sympathomimetika, z.B. Salbutamol) mitzuführen. Häufig bessern sich die anfänglichen Atembeschwerden beim Weiterlaufen von alleine („Durchlauf-Phänomen").
Bei lockerem Training sollten Sie überwiegend über die Nase atmen, damit die Luft besser angefeuchtet und erwärmt wird. Der „Gesundheitsläufer" hat kein erhöhtes Risiko für ein Anstrengungsasthma (Kippelen et al. 2004).
Ein leistungsorientiertes Training und Wettkämpfe sollten nur nach ärztlicher Beratung und Behandlung erfolgen. In den meisten Fällen ist eine medikamentöse Behandlung (Beta-Sympathomimetika, Kortikosteroide, Leukotrienantagonist, Theophylline, Anticholinergika) erforderlich.
Bei der Auswahl der Medikamente sind die aktuellen Dopingbestimmungen und die Liste erlaubter Substanzen zu beachten.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.
Brehler R, Klimek L, Kopp MV, Virchow JC. Spezifische Immuntherapie – Indikation und Wirkungsweise. Dtsch Arztebl 2013; 110: 148-57.
Helenius IJ, Tikkanen HO, Haahtela T. Association between type of training and risk of asthma in elite athletes. Thorax 1997; 52: 157-60.
Kippelen P et al. Asthma and exercice-induced Bronchoconstriction in amateut endurance-trained athletes. Int J Sports Med 2004; 25: 130-2.
Netzer N, Schüll K, Steinacker JM. Diagnostik des Belastungsasthmas. Dtsch Z Sportmed 1999; 50: 163-64.
Netzer N, Schüll K, Lehmann M, Steinacker JM. Therapie des Belastungsasthmas. Dtsch Z Sportmed 1999; 50: 199-200.
Sorichter S. Exercice-Induced Brochoconstriction – a Short Review with Practical Recommendations. Dtsch Z Sportmed 2012; 63: 294-7.
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Das Buch von Aderhold/Weigelt:
Aderhold/Weigelt: Laufen! Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag