
Haste mal ´ne Mark? Neue Gebührenordnung des DLV stößt auf wachsende Kritik - Walter Wagner in LaufReport.de ©privat
Haste mal ´ne Mark? Neue Gebührenordnung des DLV stößt auf wachsende Kritik – Walter Wagner in LaufReport.de
Aussitzen, dies scheint die Taktik auf Verbandsseite zu sein. Man hat die Gebührenanhebung ordentlich beschlossen, Strich darunter, aus die Maus. Man hatte damit gerechnet, dass welche aufmucken, hat die ‚Landesfürsten' um Hilfestellung angehalten, um die teils um ein Mehrfaches steigende Gebühr für die Teilnahme an Laufveranstaltungen einzuführen.
Als durchlaufender Posten, der von den Läuferinnen und Läufern und nicht von den Veranstaltern aufzubringen sei, so sollte man die Gebühr an der Basis kredenzen. Ab 2016 soll die gewaltige Mehreinnahme Haushaltslöcher beim DLV und seinen Landesverbänden stopfen. Für satzungsgebundene Aufgaben zur Förderung der Leichtathletik, gibt man die Verwendung bekannt.
Es gibt für die Erhöhung Zustimmung. Wohlwollende meinen, einen Euro für unseren geliebten Sport, das ist doch in Ordnung. Doch viele sind es nicht, die so denken. Lauter wird die Klage über Willkür. Gefragt wurde schließlich nicht, sondern einfach beschlossen.
Das zuständige DLV-Gremium traf die Entscheidung der Gebührenerhöhung eilig und gab den Beschluss als verbindlich bekannt.
"Das Geld müsse den Athleten zukommen, dann tragen wir den Beschluss mit", so konnte man eine gewisse Bereitwilligkeit aus Veranstaltungskreisen vernehmen. Doch längst ist klar geworden, eine weiter führende Festlegung der Mittelverwendung ist seitens des DLV nicht beabsichtigt.
Die Weitergabe der Gebühr an die Teilnehmer wird 2016 kommen, zu gering scheint der Widerstand.
Für teilnehmerstarke Veranstaltungen sind dies nicht unerhebliche Kosten. Diese werden sie nicht tragen wollen oder nicht tragen können. Zu kämpfen habe diese schon mit sich ständig verstärkenden Forderungen an ein Sicherheitsmanagement, das aus eigenen Kräften längst nicht mehr zu stemmen ist.
Boston rückt näher an den Main, an die Alster und die Havel. Wie bekommt man 10.000 oder 20.000 Läuferinnen und Läufer vom offiziellen Kurs, sollte sich dort plötzlich ein Attentatsszenario ankündigen?
Das muss vorbereitet sein. Da braucht es professionelle Security-Kräfte mit Durchsetzungspotential und eine spezielle digitale Vernetzung. Allzu rosig ist das Geschäftsmodell Laufveranstaltung sowieso nicht mehr und immer mehr abhängig von Sponsoren. Die Startgebühren tragen bei Stadtmarathons die Gesamtkosten jetzt schon nur zum Teil.
Mag sein, dass die erhöhte DLV-Abgabe von Großveranstaltungen dennoch leichter aufzubringen ist, aber ein genauerer Blick auf das verfügbare Budget, den bedarf es dann eben doch.
Natürlich stimmt es, dass der Anteil der Abgabe ein geringerer ist, stellt man diesen ins Verhältnis zur Teilnahmegebühr eines Stadtmarathons. Es wird für einen der großen Stadtmarathons deshalb eventuell leichter möglich sein 50 Cent oder einen Euro mehr von den Läuferinnen und Läufern zu kassieren.
Grundsätzlich die gleichhohe Abgabe von einem 1 Euro zu fordern, dies zeigt, wie wenig bei der Beschlussfassung über die Auswirkungen nachgedacht wurde. Wollte man ein Ergebnis im Millionenbereich und sich nicht mit 100.000 Euro Mehreinnahmen aufhalten?
Jedenfalls könnte man glauben, es mangelte der Bezug zur Realität.
Betrachtet man einen gewöhnlichen Wald- und Wiesenlauf oder einmal durchs Dorf, dann schlägt die DLV-Abgabe bei fünf oder sechs Euro Startgeld ganz anders zu Buche. Und unter uns, wer will dafür mehr bezahlen? Bleibt man weg, wird obendrein so manches Stück Selbstgebackenes keinen Euro mehr für die Kinder- und Jugendabteilung einspielen und es klingelt auch kein Euro mehr in der Kasse für verkauften Kaffee.
Genau diese Wald- und Wiesenläufe sind es aber, die viele Wettkampfläufer durch die Saison begleiten, auch weil sie für die meisten erschwinglich sind.
Rasch könnte es dann auch in Verbandskreisen dämmern, dass es eben keine weit über zwei Millionen Teilnehmende an Laufveranstaltungen auf deutschem Boden gibt, da zwanzig Starts übers Jahr pro Läuferin oder Läufer im Normalbereich liegen und sich dadurch die gewaltige Zahl vermeintlicher Individuen deutlich reduziert.
Die neue Abgabeordnung trifft nun genau die treuen und fleißigen Vereinsläufer. Die bezahlen mit regelmäßigen Starts den Löwenanteil. Blieben diese einfach weg, wäre das wirklich herb für die Laufabteilungen der Ortsvereine.
Wenn spürbar weniger zum eigenen Lauf kämen, was dann? Jetzt haben wir uns beispielhaft an den Läuferalltag herangearbeitet. Und selbst wenn 20 Euro Mehrausgabe übers Jahr zusammen kämen, ist das kaum ein Thema für den breit aufgestellten Mittelstand. Doch wenn man sich etwas auskennt, weiß man, dass viele Vereine ihren Mitgliedern die Startgebühren erstatten.
Jetzt wird es gleich mehrfach heikel, denn zum einen summiert sich der Mehrbetrag zum Problem, denn auch Herr Doktor rechnet ab, zum anderen wird die Startgebühr samt Verbandsabgabe direkt der Vereinskasse entnommen. Nun fehlt dem Verein das Geld für die Nachwuchsförderung, für die sie der Verband bestenfalls kassiert.
Über die Auswirkungen des Beschlusses hat sich das Gremium bestimmt nicht wirklich Gedanken gemacht. Einzelfälle in grenznahen Regionen wurden sicher gar nicht bedacht. – Ach, das wird schon werden, warum in Österreich laufen, nur weil es dort billiger ist? Sorgen der Veranstalter werden überhört.
Wie bei der Kalten Progression wird beim Laufsport den Helfern die Lust vergällt, die Ärmel für lau hochzukrempeln, wenn die Früchte der Arbeit sich im Nebulösen verflüchtigen.
Die Kritik wird lauter. Noch sind es einzelne Veranstalter, die ihrem Ärger Luft machen. Läuferinnen und Läufer haben hier überhaupt kein Sprachrohr. Letztendlich wäre es der DLV, der die Interessen der Sportler vertreten müsste.
Raten kann man zu einem offenen Austausch aller Beteiligten. In demokratischen Strukturen sollte es möglich sein, alle Einnahmen und Ausgaben offen zu legen und Bedürfnisse und Ziele plausibel darzulegen. Die Finanzierung wenigstens innerhalb der Mitglieder im Verband nachvollziehbar bekannt zu machen, das müsste doch in heutiger Zeit längst Usus sein und kann doch als Information nicht dauerhaft verweigert werden.
Für die Läuferinnen und Läufer sowie für die laufveranstaltenden Organisationen und Vereine in der organisierten Leichtathletik besteht dringender Handlungsbedarf, will man auch zukünftige willkürlich verordnete Maßnahmen verhindern.
Leichtathletik ist eben nicht nur Weltmeisterschaft und Olympische Spiele, Leichtathletik – und dabei gerade das Laufen – ist auch ein soziales Bindeglied für die ganze Gesellschaft und sollte die wachsende Zahl der Armutsbetroffenen nicht aus dem Wettkampfbetrieb ausschließen.
Walter Wagner in LaufReport.de
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