Für mich ist Laufen wie die tägliche Ernährung. Man könnte sagen, es gibt Frühstück, Laufen, Mittag, Laufen und Abendbrot
Haile Gebrselassie will über Berlin nach London 2012
Haile Gebrselassie meldete sich am vergangenen Sonntag beim Vienna City Marathon zurück. Der 38-jährige äthiopische Marathon-Weltrekordler (2:03:59 Stunden) gewann den parallel veranstalteten Halbmarathon in 60:18 Minuten. In Wien gab Haile Gebrselassie das folgende Interview:
Wie bewerten Sie Ihr Halbmarathon-Rennen in Wien?
Haile Gebrselassie: „Meine Zeit in Wien ist in Ordnung. Es ist nicht leicht, unter einer Stunde zu bleiben, wenn man alleine ohne Tempomacher läuft. Deswegen bin ich jetzt zuversichtlich, dass ich im Herbst einen guten Marathon laufen werde."
Der Marathon bei den Olympischen Spielen in London 2012 ist nach wie vor Ihr großes Ziel?
Haile Gebrselassie: „Ja, ab jetzt geht es für mich nur noch um die Vorbereitung auf die Spiele 2012."
Überhaupt erst einmal nach London zu kommen, wird nicht einfach.
Haile Gebrselassie: „Die Qualifikation für Olympia zu schaffen, das ist in der Tat eine Sache, die sehr ernst zu nehmen ist. Es gibt sehr viele sehr starke Läufer in Äthiopien – einige kenne ich nicht einmal. Und es ist klar: die drei schnellsten werden nach London fahren."
Welche Zeiten werden nötig sein für eine Nominierung?
Haile Gebrselassie: „2:06 Stunden werden nicht reichen. Ich weiß wie stark meine Konkurrenten sind. Deswegen glaube ich, dass ich 2:05 oder 2:04 laufen muss, um nach London zu kommen. Ich möchte auf keinen Fall in einer Position sein, in der es Zweifel geben könnte, ob ich nominiert werde oder nicht."
Wenn Sie eine sehr schnelle Zeit laufen müssen, rückt dann nicht zwangsläufig der Berlin-Marathon am 25. September in den Fokus? Dort sind Sie schließlich schon zweimal Weltrekord gelaufen.
Haile Gebrselassie: „Natürlich ist Berlin der beste Ort, um eine schnelle Zeit zu laufen. Wenn es möglich sein würde, würde ich jetzt sofort sagen: Ja, alles klar, ich laufe den Berlin-Marathon. Doch zunächst muss mein Manager mit den Berliner Veranstaltern sprechen. Ich rechne aber damit, dass wir sehr bald eine Entscheidung bekannt geben können."
Werden Sie nach Olympia 2012 Ihre Karriere beenden?
Haile Gebrselassie: „Ich habe mir keinen bestimmten Zeitpunkt für mein Karriereende gesetzt. Selbst wenn ich in London im nächsten Jahr die Marathon-Goldmedaille gewinnen würde, würde ich weiter laufen und weiter bei Wettkämpfen an den Start gehen. Für mich ist Laufen wie die tägliche Ernährung. Man könnte sagen, es gibt Frühstück, Laufen, Mittag, Laufen und Abendbrot."
Vor rund einem halben Jahr hatten Sie nach Ihrer Aufgabe beim New York-Marathon ihre Karriere für beendet erklärt. Dann entschlossen Sie sich aber, doch weiter zu laufen.
Haile Gebrselassie: „New York war eine Katastrophe für mich. Wenn man etwas erwartet und es klappt dann nicht, ist man sehr enttäuscht. Doch als ich zurück nach Äthiopien kam, fragten mich die Menschen: ,Was ist los? So kannst du doch nicht deine Karriere beenden. Du musst nach einem guten Ergebnis Schluss machen'."
Sie engagieren sich sehr für Ihr Land. In Äthiopien haben Sie Unternehmen gegründet und beschäftigen einige hundert Menschen. Wie ist die Situation in Ihrer Heimat?
Haile Gebrselassie: „Ich fühle mich verantwortlich dafür, etwas für Äthiopien zu tun. Und es gibt sehr viel zu tun. Wir arbeiten daran, das Land zu verändern und es wird von Jahr zu Jahr besser. Wenn ich mir Länder wie Großbritannien, Deutschland oder jetzt Österreich anschaue, frage ich mich, warum haben sie einen solchen Standard erreicht?
Man kann sich dabei einiges abschauen."
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