Grundlagen der Sporternährung – meistens der Grund für Leistungseinbussen ©DATASPORT
Grundlagen der Sporternährung – meistens der Grund für Leistungseinbussen – German E. Clénin* – DATASPORT
Die Ernährung ist quasi das Fundament jeder sportlichen Leistung. Ob als internationaler Top-Athlet oder ambitionierter Hobby-Sportler, die richtige Ernährung versorgt den Athleten mit der Energie, welche erlaubt, die gesetzten Ziele zu erreichen und sein Potential auszuschöpfen.
Um fürs tägliche Training und die Wettkampfsituation den erforderlichen Energiebedarf zu decken und die Erholung nach der Belastung zu unterstützen, muss der sportliche Organismus mit ausreichend Energie versorgt werden. Die Energieaufnahme mit dem Essen (und Trinken) ist wie das Benzin für die sportliche Leistung.
Es ist offensichtlich, dass Training- und Wettkampfalltag den Energiebedarf ganz generell erhöhen, abhängig von der Art, Dauer und Intensität der sportlichen Aktivität. Entsprechend soll das Essen und Trinken diesem spezifischen Bedarf angepasst werden.
Die drei energieliefernden Hauptnährstoffe in unserer Ernährung sind Kohlenhydrate, Fette und Eiweisse (Proteine).
Alle drei können dem Körper in idealer Weise zugeführt werden, wie z.B. in der Sporternährungspyramide gezeigt.
Kohlenhydrate
Kohlenhydrate, in der Form von Traubenzucker (=Glucose), ist der Hauptbrennstoff, welcher während körperlicher Aktivität gebraucht wird und im Muskel und in der Leber in der Form von Glykogen gespeichert wird. Beim Sporttreiben wird das gespeicherte Glykogen verbraucht. Der Muskel und die Leber können in der Regel genügend Glykogen für 60 bis 90min (bis hin zu max 120min) intensive körperlicher Aktivität speichern.
Falls ihr beim Sporttreiben je in die “Mauer gelaufen” seid, wisst ihr wie es sich anfühlt, die Glykogenspeicher vollständig entleert zu haben. Da die Kohlenhydrate dem Fettstoffwechsel bei der Energiebereitsstellung helfen und ihr nun gerade alle Kohlenhydrate verbraucht habt, geht nichts mehr. Der Fettstoffwechsel kann nicht übernehmen bis einige Kohlenhydrate verdaut und wieder bereit sind, um in der Form von Glucose beide Stoffwechsel wieder zu starten.
Die Glygogenspeicher müssen also während einem Wettkampf kontinuierlich durch kohlehydratreiche Getränke und Nahrungsmittel wiederaufgefüllt werden. Dieser Nachschub von Kohlenhydraten kann auf eine eindrückliche Art und Weise die Muskel- und allgemeine Ermüdung hinauszögern und ein kontinuierliches hohes Leistungsniveau ermöglichen. Da der Körper für die Verbrennung von Kohlenhydraten weniger Sauerstoff benötigt (im Vergleich zu Fetten und Protein), gelten Kohlenhydrate für die sportliche Leistung als wichtigster Brennstoff.
Wie wird Energie angegeben und gemessen?
Energie wird offiziell in Joules gemessen. Da jedoch viele, viele Jahre Kalorien als Masseinheit verwendet worden war, sind Kalorien noch immer etwas gebräuchlicher und die Umstellung auf Joule geht nur langsam voran.
1 Kalorie = 4.184 Joule*
*Diese Gleichung ist so korrekt. Wir reden in der Praxis immer von “Kalorien” und “Joule”, aber tatsächlich sollten wir von Kilokalorien (kcal) und Kilojoule (kJ) sprechen. Dies meint ja aber nichts anderes als jeweils 1000 davon.
Proteine (=Eiweisse)
Proteine sind die Nährstoffe, welche haupsächlich für den Aufbau und die Reparatur von Muskel- und anderen Körpergeweben als auch zur Herstellung von wichtigen Enzymen und Hormonen zuständig sind. Unter normalen Umständen tragen Proteine kaum zur Energiebereitstellung bei.
In gewissen Situation jedoch, besonders wenn zu wenig gegessen wird (hypokalorische Ernährung) oder in späteren Wettkampfphasen von langen Wettkämpfen, wenn die Glykogenspeicher komplett geleert sind, dann kann leider Skelettmuskel zerlegt und als Brennstoff gebraucht werden. Das letztere Beispiel kann in einem Wettkampf je nachdem ein notwendiges Opfer darstellen, das Erstere ist hingegen im täglichen Training vollkommen unerwünscht (Training schlägt nicht an, der Stoffwechsel baut ab, dabei sollte er aufbauen).
Eine ausgewogene Ernährung deckt den Proteinbedarf der meisten Athleten ab: Geflügel, Rind, Lamm, Schwein, Fisch, Eier, Milchprodukte und pflanzliche Eiweissquellen wie Tofu, Nüsse, Samen und Kerne. Protein wird aus variablen Kombinationen von kleinen Bausteinen gebildet Aminosäuren genannt.
Einige Aminosäuren werden in unserem Körper selber hergestellt indem verschiedene kleine Komponenten arrangiert werden, derweil andere Aminosäuren (die sogenannten essentiellen Aminosäuren) nur von aussen mit der Ernährung zugeführt werden können. Protein aus tierischen Quellen verfügt über eine gute Auswahl von Aminosäuren inclusive der essentiellen, derweil Proteine pflanzlichen Ursprungs ein anderes Muster zeigen: sie enthalten typischerweise von einer (oder mehr) essentiellen Aminosäuren im Übermass, aber es fehlt ihnen dafür die Vielfalt.
Wenn Gemüse und Früchte den Hauptteil der Ernährung ausmachen, kann dies zum Problem werden z.B. bei Vegetariern. Wenn die Auswahl dieser pflanzlichen Quellen bewusst und vielfältig erfolgt, kann der Bedarf an Proteinen doch gedeckt werden, inclusive der essentiellen Aminosäuren, da verschiedene Pflanzen verschiedene Proteine enthalten und viele der Pflanzen sich so dann gegenseitig ergänzen.
Die übliche täglich empfohlene Menge von Protein in der Ernährung beträgt für einen Freizeitsportler 1g/kg Körpergewicht. Für Spielsportler, Kraftsportler in einer Erhaltungsphase und Ausdauersportler ist der tägliche Proteinbedarf leicht höher (1.2–1.4g) und kann in der Regel noch durch die Basisernährung abgedeckt werden. Während dem Wachstum und der Pubertät (2g), aber auch in intensiven Trainingsphasen bei Ausdauersportlern ist der Proteinbedarf erhöht (1.7g).
Dies bedingt schon eine sorgfältige Planung, um die empfohlene Menge abzudecken und die vier Portionen Protein (z.B. alternierend Fleisch, Fisch, Eier, Käse oder Protein pflanzlicher Herkunft) sinnvoll zu verteilen. In letzteren Situationen erscheint eine gezielte, zusätzliche Proteinsupplementation zur Erreichung der empfohlenen Tagesdosis sinnvoll.
Fette
Fette sind der Hauptbrennstoff für lange Belastungen und sind entscheidend für den Transport und die Aufnahme von fettlöslichen Vitaminen. Fette haben mehr als das doppelte an potentieller Energie als Protein oder Kohlenhydrate (9 Kalorien pro Gramm Fett versus 4 Kalorien pro Gramm Kohlenhydrat oder Protein) und sie bilden eine virtuell unlimitierte Quelle von Energie, da es genügend davon in Muskelfasern und in Fettzellen gespeichert hat, um mehr als 100h Sport zu ermöglichen.
Um als Brennstoff zur Verfügung zu stehen, brauchen Fette aber genügend Sauerstoff, welcher gleichzeitig verstoffwechselt werden muss. Also ist Fett der Brennstoff für niedrige und mässig intensive Belastungen und es hilft Glykogen zu sparen, sogar in hoch intensiven Belastungen. Die meisten von uns haben ausreichend Fettreserven. Es ist auch wichtig zu wissen, dass der Körper jede Art von übermässiger Energiezufuhr gleich welcher Herkunft und Quelle (Fette, Kohlenhydrate, Proteine) oftmals umgehend in Fett umwandelt und als Körperfett speichert.
Jeder Athlet soll gewisse Mengen von gesunden Fetten in die tägliche Ernährung einbauen, wie zum Beispiel Nüsse, Pflanzenöle (z.B. Oliven- oder Rapsöl), eine Portion Butter oder einen anderen Brotaufstrich (10g). Für jede zusätzliche Stunde Training sollte eine halbe Portion zusätzlich eingebaut werden. Dies zeigt deutlich, dass Fette eben auch ihren Platz und Stellenwert haben und widerspricht dem Mythos, dass Fette einfach schlecht sind. Was immer noch gilt hingegen ist, dass Fette in Bisquits, Chips oder Pommes, fritiertes Essen oder auch Fette tierischer Herkunft z.B. in Wurstwaren wirklich nur mit Mass genossen werden sollen.
Frequently asked questions – Mythen und Fakten
1)Eine der häufigsten Fragen in der Sprechstunde ist: Warum hatte ich keinen Saft mehr? Warum ging mir da einfach die Kraft aus? Es kam einfach nichts mehr? Habe ich nicht einen Mangel und sollte Supplemente nehmen?
Eine häufige Beobachtung, welche Sporternährungsfachleute und Sportmediziner immer wieder machen, ist dass Athleten recht oft eine Lücke in ihrer Energieversorgung haben. Gleichzeitig glauben sie meistens, dass dies fast sicher mit einer spezifischen Mangelsituation zu tun haben könnte. Eine Situation, welche man dann mit einer Supplementierung beheben könnte. Sogar mit ausgedehnten Blutentnahmen und weiteren Labortest findet sich nur sehr selten eine solche Mangelsituation. Sehr häufig hingegen finden sich, wenn wir das Essen und Trinken dieser Athleten am Wettkampf und unmittelbar davor unter die Lupe nehmen, klare Fehler in der Energiebereitstellung.
- Ungenügende Energiezufuhr für den ganzen Tag speziell bei lang dauernden Wettkämpfen
- Verpasste Mahlzeiten werden nicht ausreichend ersetzt
- Schlechte Planung (‘Wir assen nur etwas Kleines, wenn wir gerade Zeit hatten’ oder ‘Es gab leider nichts anderes als Pommes und Hot Dog’)
- Unregelmässiges Trinken und unregelmässiges Essen in den Tagen vor dem Wettkampf, wegen der Anreise und Stress in der Vorbereitung
2)Streichen von jeglichem Fett in der Ernährung: Athleten, welche beabsichtigen, das Körpergewicht zu reduzieren, im speziellen den Körperfettanteil, fragen: “Was soll ich tun? Nun esse ich gar kein Fett mehr seit langem und immer noch passiert nichts mit meinem Gewicht?” In dieser Situation geht es zuallerst darum zu klären, was denn der Athlet genau für Ziele hat. Dabei gehört selbstverständlich dazu, abzuchecken, ob eine Gewichtsreduktion überhaupt erforderlich ist oder nicht.
Zum Zweiten geht es darum, zu klären, dass es nicht das Fett ist, sondern alle drei Brennstoffe: Kohlenhydrate, Fette und Proteine, welche zur Energieaufnahme beitragen. Und wenn die Energieaufnahme höher ist als der Energieverbrauch, so werden die überzähligen Kalorien, unabhängig von ihrer Herkunft als Körperfett gespeichert. So lautet die Empfehlung gleichzeitig die Energieaufnahme leicht einzuschränken und den Energieverbrauch leicht zu steigern (z.B. mit wiederholten, niedrig bis mässig intensiven Ausdauereinheiten, evtl auch einmal einem Nüchtern-Training).
3) Sporternährung = Kohlenhydrate. Es ist eine stark gefestige Meinung, Sportlerinnen und Sportler müssen nur Kohlenhydrate essen. Vor etwa zwei Jahren behauptete eine Gruppe von Wissenschaftlern quasi das Gegenteil: ‘Nein, man müsse genau etwas anderes tun, sich nämlich auf Fette konzentrieren.’ Wie wenn im ersten Fall Kohlenhydrate oder im zweiten Fall Fette die einzige sinnvolle Energiequelle für Athletinnen und Athleten wären.
Es ist korrekt, dass Kohlenhydrate die Hauptrolle in der Energiebereitstellung für die körperliche Aktivität und die Regeneration spielen, und auf quantitiver Ebene sind Kohlenhydrate der wichtigste Nährstoff.
Aber wie oben ausgeführt, wäre es fahrlässig und würde der Wichtigkeit von Fetten und Proteinen in der Ernährung leistungsorientierter Sportlerinnen und Sportler nicht gerecht, wenn letztere fehlen würden. Denn auch wenn sie quantitiv eine untergeordnete Rolle spielen, können sie durch nichts ersetzt werden.
Das heisst Sporternährung ist eine “sowohl- als auch” Funktion: Die Hauptbrennstoffe im Sport sind: = Kohlenhydrate + Fette + Proteine.
Abschliessend kann gesagt werden, dass Sporternährung sehr viel mit einem ausgewogenen Umgang mit dem Essen und Trinken zu tun hat.
Wir brauchen keine Verbote, sollen aber Vor- und Nachteile der einzelnen Energielieferanten kennen. Zu diesem Zweck hat die Schweizerische Gesellschaft für Sporternährung (Swiss Sports Nutrition Society, www.ssns.ch) die Lebensmittelpyramide für Sportler ausgearbeitet.
Diese Pyramide ist mittlerweile in 7 Sprachen erhältlich und kann kostenlos runtergeladen werden. Sie gibt nochmals eine sehr gute Übersicht über eine ausgewogene Sporternährung und es lohnt sich, in Ruhe die ergänzenden Texte kurz durchzulesen. So ist es auch nicht erforderlich Prozentzahlen oder irgendwelche anderen Kennziffern auswendig zu lernen, sondern die Pyramide gibt sehr gute Guidelines.
Falls Fragen auftauchen, können diese mit einer Sporternährungsfachperson oder einem Sportmediziner in Ruhe besprochen werden. Ernährungspyramide für Sportler: Lebensmittelpyramide
Autor: German E. Clénin* – DATASPORT
Athletes‘ Health & Top Performance
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*German E. Clénin
Dr.med. German E. Clénin ist Chefarzt Sportmed. Zentrum Bern-Ittigen, Verbandsarzt Swiss Orienteering, Swiss Athletics und Swiss Ski Freestyle sowie Arzt der CH Olympiadelegation OS 2008 Peking und OS 2012 London.