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15
08
2012

Lothar Pöhlitz - Großbritannien wunderbar - eine tolle Olympia - Präsentation - Athleten, Trainer und Funktionäre haben eine Nation glücklich gemacht - Ein Rück- und Ausblick von Lothar Pöhlitz ©privat

Großbritannien wunderbar – eine tolle Olympia – Präsentation – Athleten, Trainer und Funktionäre haben eine Nation glücklich gemacht – Ein Rück- und Ausblick von Lothar Pöhlitz

By GRR 0

Die Olympischen Spiele 2012 sind Geschichte – der neue Olympiazyklus bis 2016 in Rio de Janeiro hat begonnen. Der DLV hat sich nach Peking 2008 neu aufgestellt, ein Aufschwung hat begonnen, die Veränderungen zeigten Wirkung: 1 x Gold – 4 x Silber- 3 x Bronze, aber auch die Schwachstellen sind nicht zu übersehen: keine Starter in 6 Sprint-Einzeldisziplinen, in 4 Laufdisziplinen, in 3 Sprüngen und im Hammerwurf der Männer.

Die Fortschritte deutscher Mittel- und Langstreckler 2012 machen Mut – 16 Männer und Frauen haben sich für die Europameisterschaften und 10 für die Olympischen Spiele qualifiziert. Jetzt weiß man aber auch, alle sind derzeit noch zu weit weg von den Fleischtöpfen, es wird dauern und weiterer außergewöhnlicher Maßnahmen und Anstrengungen bedürfen bevor deutsche Läufer wieder nach Medaillen bei Olympia greifen können.

2 Medaillen bei der EM durch Arne Gabius und Antje Möldner-Schmidt waren ein hoffnungsvoller Anfang. Bei Olympia konnten leider nur unsere zwei Jüngsten Gesa F. Krause, Corinna Harrer und Antje Schmidt – Möldner den beginnenden Aufschwung gegen die Weltbesten bestätigen. Sie liefen ihre besten Rennen des Jahres beim Jahreshöhepunkt – toll. Die anderen haben erfahren wie schwer es ist die persönliche Höchstleistungsfähigkeit beim Höhepunkt des Jahres zeigen zu können.

 

Es gibt viel zu tun!

  

Die sicher einzigartige Chance seines Lebens in einem Olympischen 5000 m Finale gegen die Weltbesten laufen zu dürfen verpasste Arne Gabius wohl durch eine zu geringe Risikobereitschaft, eine Fehleinschätzung seiner eigenen Leistungsfähigkeit und der seiner Gegner. Er hat nicht gezählt und ist zu spät aufgewacht. Leider war er nicht so aggressiv wie bei der EM. Vielleicht hätte er sich doch einen beratenden Trainer an seiner Seite leisten sollen, dieses unnötige Debakel hätte er sich und uns ersparen können. Schade, ich habe so an ihn geglaubt.

  

Athleten, Trainer und Funktionäre haben eine Nation glücklich gemacht

Was die englischen Athleten, Trainer, Funktionäre und natürlich die Zuschauer ihrer Nation und der Welt geschenkt haben übertraf alle Erwartungen. Sie haben gezeigt zu welchen Leistungen ein Land, Menschen fähig sind, wenn sie ein Ziel wirklich realisieren wollen. Die sensationellen Zuschauer an den Straßen, den Kanälen, im Reiter- und Schwimmstadion und 80.000 früh und abends über alle Tage lang bei der Leichtathletik boten den würdigen Rahmen den sich die Sportler nach mehrjähriger Olympiavorbereitung verdient haben.

Nach mehreren eigenen Olympiateilnahmen bin ich richtig begeistert, London gehört zum Kreis der Besten und ist Gold-Medaillengewinner. Cheforganisator Sebastian Coe hat seiner einmaligen sportlichen Karriere weitere große Verdienste für sein Land angefügt.

Das vor Jahren aufgelegte Programm: Talente, hauptamtliche Trainer und Bedingungen – zur erfolgreichen Vorbereitung der XXX. Olympischen Spiele – was ja auch vielfältiger Kritik ausgesetzt war – hat gezündet, hat die Meßlatte für alle nachfolgenden Länder verdammt hoch gehängt. Begeisternd – warmherzig – organisatorisch zurückhaltend – wenn auch mit kleinen Fehlern  – friedlich, freundlich, sicher und leistungsstark.

Es wird die Nation zusammenschweißen und es wird auch gelingen den Leistungssport auf hohem Niveau fortzuführen, wie es von Lord Sebastian Coe bereits während der Spiele als Programm verkündet wurde.

 

Über die die noch erwischt werden müssen

  

Bei den Olympischen Spielen haben Europäer und vor allem Amerikaner in den Läufen gezeigt dass die Afrikaner zu besiegen sind, die Dopingenthüllungen aus dem Kreis kenianischer Läufer sollten nicht zufrieden machen, am besten wäre wenn sie und viele andere zukünftig bei jedem Wettkampf in Europa eine Kontrolle fürchten müssen. In London war für das „Fachpersonal" augenfällig das es immer noch zu viele aus Ost – West – Süd – Nord sind die noch erwischt werden müssen.

Es ist zu spät wenn eine die mit Gold im Kugelstoßen geehrt wurde nachträglich disqualifiziert wird, die eigentlichen „3 Sieger" können einem leid tun. Das IOC hat ein Riesenproblem und sollte endlich mit Trainingskontrollen weltweit ernst machen, damit es aufhört mit den Verdächtigungen und Diskriminierungen immer in die gleiche Richtung, alle Olympiakämpfer sollten zukünftig „im gleichen Boot fair in die gleiche Richtung rudern" und täglich damit rechnen müssen das der Kontrolleur vor der Tür steht !

 

Die Medien wollen Gold – und viele auch deutschen Hochleistungssport

  

In den Medien widerspiegelte sich in den Tagen von und nach London der Kampf um die Präsenz, um die Zeilen und Minuten und leider nicht immer um die Qualität, wie sie von den Sportlern wie selbstverständlich gefordert wurde. Gold – Gold – Gold – Platz zwei der erste Verlierer und wehe Du hast nur Blech gewonnen, wie Silke Spiegelburg beim  Stabhochsprung. Das ist wohl das Beste was manchen Journalisten passieren kann, es „bringt" eine ½ Seite mit einem großen Foto und oft auch Häme! Dramen, Tränen und Skandale und Du bist auf dem Titel!

Es zeigte sich, wie in den Ergebnissen der Sportler die Klasse der einen, die Ausgewogenheit, fachlich-sachliche Einordnung der anderen – auch einmal mit Euphorie –  und es outeten sich Kritiker des Leistungssports, die sich sonst wohl vorwiegend mit Bundesliga-Fußball beschäftigen, wo man ohne Gegenwehr jede Woche die Verlierer kritisieren kann.

Man spürt das manche gar nicht beurteilen wollten oder auch könnten, welche Anstrengungen individuelle Spitzenleistungen im Weltniveaubereich über Jahre erfordern, 12 x wöchentlich, 30 – 40 Stunden Training in 50 Wochen Jahr ein Jahr aus, aber sie kritisieren dass der Leistungssport außerhalb des Fußballs zuviel Geld bekommt. Da werden die genannten etwa 130 Millionen für alle bei Olympia präsenten Sportarten leichtfertig als zu hoch kritisiert, inzwischen auch schon von Politikern aus dem Regierungslager mit weiteren Kürzungen gedroht, gleichzeitig aber über 30-40 Millionen in Schlagzeilen berichtet, die im Fußball für einen Sportler wie selbstverständlich über den Tisch geschoben werden.

Ein wenig Demut wäre auch für sie angebracht. Sie können sich gar nicht vorstellen, dass es Olympiateilnehmer gibt die zur Arbeit gehen oder „ohne Zeitstreckung" studieren, weil man mit Sporthilfe allein ja nicht „Hochleistungssport kann". Sie reihen sich in den Tenor derjenigen ein denen es egal ist ob Deutschland modern und leistungsstark in der Welt konkurrenzfähig ist wie über die Jahrzehnte ehedem (wir waren einmal Dritter im Sport-Konzert der Großen!), sie kritisieren nicht das der Schulsport am Tiefpunkt ist und unsere Kinder mangels verfallenden Bedingungen und Forderungen sich kaum noch bewegen, ob wir stolz auf unsere Nation sind und dass die vielen Millionen Fans die mit unseren Sportlern gebangt und gelitten und nicht nur die leistungsfähigen gefeiert haben.

Man konnte sogar lesen das man sich über die Erfolge der Briten, die dahinter stehenden Anstrengungen über Jahre, für die sie von ihrer stolzen Nation bejubelt wurden wie man es nie zuvor erlebt hat, „als schnell vorübergehende Erscheinung" lustig gemacht hat. Gegen die riesige Begeisterung, die Massen an den Straßen, im Stadion, am Kanal und in den Sporthallen wurde weiter die in Mode gekommene „Negativ-berichterstattung" gesetzt, die kleinen Pannen beklagt. Da wäre ein großer Artikel über die Sicherheit, über fehlende Kaoten angebrachter gewesen.

Bis Rio 2016 würde man sich die Wende wünschen, dass Journalisten die über Hochleistungssport berichten mit mehr positiven Beiträge die Arbeit der Verbände, die Nachwuchsarbeit, die Schulsportproblematik, die notwendige Trainingsarbeit der Hochleistungs-Athleten und die Forderung nach mehr hauptamtlichen Trainer wohlwollend begleiten.

Nur Hochbegabte, Talente und kompetente Trainer die – wie sie auch – Gold bei den großen Events wollen, können ihre Wünsche erfüllen. Mit einem solchen Programm war England sensationell erfolgreich, GBR hat gezeigt was möglich ist wenn man es richtig will.

Die Medien könnten  einen großen Beitrag leisten wenn sie neben Fußball Hochleistungssport auch im 4-jährigen Olympiazyklus wollten.

 

„Schneller ins Licht – ich will auch" – Man muß nicht gleich Gold gewinnen um erfolgreich zu sein

 

Sicher ist dass 2012 für die Läufer ein neuer Anfang für eine bessere Zeit war, auch weil jetzt alle wissen das modernes Training nur zu richtigen Leistungsfortschritten führt, wenn Talente und ihre Trainer auch ernsthaft wollen neue Dimensionen in den Trainingsplänen im Wald, auf den Straßen, am Berg, im Kraftraum oder auf der Bahn schrittweise in ein individuell neues Leistungsniveau zu „verarbeiten".

Dabei soll noch einmal unterstrichen werden das hohe Ansprüche – wie Medaillen bei EM, WM oder OS – die außerordentliche Bereitschaft  „Hochbegabter" und ihrer Trainer  über mehrere Jahre voraussetzen, schließlich trifft sich bei Olympia – von wenigen Ausnahmen abgesehen – die Elite.

Deutsche Läufer mussten in London erfahren dass die oft, als zu hoch kritisierten Qualifikationskriterien lediglich die Voraussetzungen für die Teilnahme an einem Vorlauf sind und sie dann erst spüren welches Niveau die Weltbesten im einzig gültigen Ernstfall in einem Olympiazyklus auf die Bahn bringen.

Immer wieder hat man in Interviews aus London von den Besten gehört: für diese Goldmedaille habe ich / wir 4 Jahre verdammt hart gearbeitet! Das führt zur Steigerungsfähigkeit im Moment der Bewährung. Die umfangreiche Berichterstattung aus London hat eindringlich unterstrichen: Erst wenn Du Gold – Silber oder Bronze hast stehst Du im Licht!

Antje Schmidt-Möldner, Gesa Felicitas Krause und Corinna Harrer aber haben erlebt: Man muß nicht unbedingt Gold gewinnen um erfolgreich zu sein! Glückwunsch, vor allem sie haben die Richtung für die Zeit bis Rio 2016 vorgegeben.

Unter dem Motto „Schneller ins Licht – ich will auch" werden hoffentlich viele im neuen Olympiazyklus die dafür bereite „Elite im Middle & Long Distance Running" und alle die zur Elite aufsteigen wollen, weiter begleiten, vor allem die Talente und ihre Trainer im Bereich U 18 – U 20 die überzeugt sind dass man bereits im Jugendalter mehr leisten kann wenn man mehr und besser trainiert als die anderen.

Hat Sie nicht auch beeindruckt wie eine fast zierliche 16-jährige Amerikanerin im Mehrkampf des Turnens, die 15 jährige Litauerin im Schwimmen Olympiasiegerin wurden oder der 1992 geborene Kirani James aus Grenada – der bereits 2009 bei den 6th IAAF World Youth Championships in 45.24 siegte, in 43.94 die 400 m gewann?

Deutschland hat derzeit nur Einzelne, aber wir brauchen den Aufbruch, wir brauchen mehr. Wir brauchen Scouting-Trainer und auch die Lauf-Landestrainer die mit den DLV-Coaches gemeinsam die Talentsuche und – ausbildung, die notwendig veränderten Wege im Nachwuchsleistungssport gehen wollen.

Eine wichtige Lehre aus den letzten Jahren ist auch: die Leistungsentwicklung wird beschleunigt wenn man in Wettbewerben immer wieder gegen die Besten kämpft, damit man die noch Schwachstellen früher erkennt, Euer Selbstvertrauen steigt, ihr wisst wo ihr wirklich steht wenn Euch die Medien und Euer nahes Umfeld bereits den Rucksack mit der „Medaille oder das Finale aufdrücken wollen", das gilt für alle. 

Und unsere Besten müssen sich in die großen Rennen hineinkämpfen, auf mehr Reisen und die damit verbundenen zusätzlichen Erschwernisse einstellen weil in allen Altersklassen vor allem Erfahrungen gegen Stärkere wichtig sind. Auch die Erfahrungen immer mehr junger Läufer in der Welt dass man schon früher viel besser sein kann sollte von deutschen Trainern und Läufern aufgenommen werden.

Die einfachste Formel dafür lautet: auf einer höheren Grundlage schneller trainieren! Und noch eins: die Organisation der Wettkampfleistung war auch 2012 noch eine Schwachstelle im sich entwickelnden verändernden System.

 

Das beruhigt: Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière:

 

„Der Sport gehört zur nationalen Identität unseres Landes und deswegen sind wir stolz darauf dazu einen Beitrag zu leisten. Aber man macht die Förderung nicht damit irgendjemand Breitensport betreibe. Wir wollen, dass auch Medaillen gewonnen werden."

  

Lothar Pöhlitz

 

 

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author: GRR

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