Laufen will gelernt sein. Schneller laufen erst recht. Auf den nächsten Seiten erklären wir die wichtigsten Bestandteile modernen Lauftrainings. Vom reinen Ausdauer- bis zum Intervalltraining.
Gezielt schneller werden – Aus dem GRR Sonderheft 2009 in Kooperation mit „aktiv laufen“
Sie sind Einsteiger und wissen nicht, wie Sie an Ihr Vorhaben „Lauftraining“ konkret herangehen sollen? Sie haben vielleicht sogar die etwas abschreckende Erinnerung an den Sportunterricht im Kopf, wo Laufen immer gleich „unmenschliche Quälerei“ bedeutete? Sie fragen sich, wieso Ihre Freunde an der Quälerei auch noch Gefallen finden?
Vielleicht haben Sie die ersten Lauf-Anfänge bereits hinter sich, schnüren auch regelmäßig Ihre Laufschuhe, schaffen es aber weder Ihre Laufdauer noch Ihre Laufgeschwindigkeit weiter zu steigern? Auch wenn Sie keinerlei leistungssportliche Ambitionen hegen, wird eine gewisse Systematik im Training nicht nur Ihre Gesundheit fördern, sondern Ihr Training auch deutlich effektiver machen.
Zum besseren Verständnis zunächst ein paar Grundlagen: Vereinfacht kann man sich den Trainingsaufbau im Ausdauersport wie eine Pyramide vorstellen.
Trainingsaufbau
Trainingsbereiche
Eine solide Grundlage wird durch ein extensives, also betont lockeres, Ausdauertraining (GA1) gelegt. Dieses sollte siebzig bis neunzig Prozent der gesamten Trainingszeit ausmachen. Sie können Ihre Ausdauer auch durch Kombination geeigneter Ausdauersportarten verbessern, den größten Umfang sollte allerdings das Laufen ausmachen. Eine solide Basis im Bereich der Grundlagenausdauer ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Leistungsverbesserung und ein Muss für die Verträglichkeit intensiverer Trainingsbelastungen.
Die Ziele des Grundlagentrainings:
- Verbesserung der aeroben Kapazität – so nennt man die Fähigkeit, bei bestimmten körperlichen Anstrengungen Energie durch die Verbrennung von Fetten und Kohlenhydraten unter Ausnutzung von Sauerstoff zu gewinnen. Es fallen hierbei keine großen Mengen von Energiestoffwechsel behindernden Stoffen wie beispielsweise Milchsäure (Laktat) an. Was die energetische Seite betrifft, könnten Sie die Belastung Stunden, ja Tage durchhalten.
- Ökonomisierung der Lauf- Technik
- Muskuläre Anpassung
- Verbesserung der Herz-Kreislaufregulation
Soll das Training primär der Stärkung des Herz-Kreislaufsystems, der Reduzierung der Blutfettwerte, dem Stresshormonabbau oder der Aktivierung des Immunsystems dienen, erreichen Sie mit einem drei Mal wöchentlichen Ausdauertraining von ungefähr 45 Minuten im extensiven Grundlagenbereich die gewünschten Effekte. Eine ideale Ergänzung dazu ist ein allgemeines Dehn- und Kräftigungsprogramm. Verschiedene Studien bescheinigen dieser Art von Training den größten gesundheitlichen Nutzen.
Typische GA1-Trainingseinheiten für Einsteiger sind: gehen, locker traben, gehen, locker traben und so fort. Man sollte sich noch unterhalten können und die Strecken sollten möglichst flach sein. Das Training wird nicht durch höhere Geschwindigkeit gesteigert, sondern durch Ausbau der Trainingsdauer. Weiter fortgeschrittene Läufer laufen 45 bis 90 Minuten in ihrem Grundlagenausdauerbereich oder setzen sich zur Abwechslung mal zwei bis drei Stunden aufs Rad. Ist ein Marathon anvisiert, sollte pro Woche ein „Long Jog“ von bis zu drei Stunden Dauer (in den Wochen kurz vor dem Marathon) auf dem Programm stehen.
Die nächste Trainingsstufe ist der intensive Grundlagenbereich, auch Grundlagenausdauerbereich zwei (GA2) genannt. Für die meisten Läufer ist es nicht sinnvoll, allzu oft in diesem Tempo zu laufen. Es ist ein Mischtraining, mit dem sich weder Ausdauer noch Schnelligkeit stark verbessern lassen. Nur Einsteiger, bei denen Stoffwechsel und Muskulatur noch nicht an die Laufbelastungen angepasst sind, laufen anfangs gezwungenermaßen im GA2-Bereich. Sie entfernen sich mit jedem Laufschritt aus dem Bereich der GA1, in dem sie sich nur mit schnellem Gehen bewegen können. Für fortgeschrittene Läufer ist GA2 das Bindeglied zwischen lockeren und noch intensiveren Einheiten. Wettkampfsportler laufen im Aufbautraining oft in diesem Tempo. Auch in der Marathonvorbereitung sind Tempodauerläufe von Nutzen. Laktat-Messungen von Experten der Deutschen Sporthochschule bei gesundheitsorientierten Läufern im Kölner Stadtwald ergaben, dass 80 Prozent von ihnen im intensiven Grundlagenbereich oder noch schneller trainieren. Viele Hobbysportler schätzen sich falsch ein und bringen sich mit derart intensivem Training um den langfristigen Trainingserfolg. Kurzfristig kann es zwar zu einer schnellen Leistungsentwicklung kommen, diese ist aber äußerst instabil. Dem mangelhaft angepassten Organismus fehlt die Fähigkeit, solche intensiven Belastungen optimal zu verarbeiten. Mit dem zu schnellen Laufen wächst die Gefahr eines Leistungseinbruchs, einer Verletzung oder Krankheit. Bei der nächsten Intensitätsstufe sind wir schon im Bereich der individuellen aerob/anaeroben Schwelle (IANS) angekommen, in der der Organismus zunehmend beginnt, die fürs Laufen benötigte Energie ohne ausreichende Sauerstoffzufuhr in der Muskulatur zu erzeugen. Hier beginnt das Tempotraining, das nichts mehr mit einem „lockeren Dauerlauf“ zu tun hat. Eine Unterhaltung ist in den meisten Fällen nicht mehr möglich. Die Belastung kann nur über eine sehr begrenzte Zeitspanne aufrecht erhalten werden. Studien belegen, dass ein solches „Schwellentraining“ einen deutlichen Leistungsschub bewirken kann. Voraussetzung ist eine solide Grundlagenausdauer und eine gute Vor- und Nachbereitung des Trainings – Stichwort Superkompensation. Typische Trainingseinheiten sind: 5 Kilometer Tempodauerlauf, 4 x 2 Kilometer Intervall-Läufe oder auch 6 x 3 Minuten bergan.
Schnelligkeits- und Sprinttraining stellen das Maximum an Geschwindigkeit bzw. Anstrengung dar. Zumeist wird nicht nach Puls gelaufen, sondern ein bestimmter Strecken- oder Zeitabschnitt schnell zurückgelegt. Beispiele sind kurze Intervall-Läufe auf der Bahn, wie 10 x 200 Meter, oder auch ein Sprintprogramm wie 15 x 100 Meter. Solche Programme können auch nach Belastungsdauer gelaufen werden, etwa 10 x 40 Sekunden oder 15 x 15 Sekunden. Diese kurzen Programme sind keineswegs eine Spezialaufgabe für Sprinter, sondern haben sich auch im Langstreckenlauf als wichtiges Trainingsmittel erwiesen. Einsteiger ins Tempotraining sollten übrigens – mag es auch paradox klingen – mit diesen kurzen, intensiven Belastungen beginnen.
Entnommen dem GRR Sonderheft 2009 in Kooperation mit "aktiv laufen".