Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Gesunder Schlaf – wichtiger Faktor der Regeneration ©privat
Gesunder Schlaf – wichtiger Faktor der Regeneration – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Mehr als 30% der Frauen und 20% der Männer haben Schlafprobleme. Gesunder Schlaf ist aber eine Voraussetzung für Gesundheit, Leistungsfähigkeit, Wohlbefinden und Regeneration (Bird 2013). Die Verdauung und das Herz-Kreislaufsystem benötigen eine Ruhephase in der Nacht ebenso wie unser Gehirn, das im Schlaf Lernvorgänge wiederholt.
Außerdem wird das Immunsystem gestärkt. Besonders in den ersten Schlafstunden werden immunkompetente Zellen produziert. Schlafdefizit erhöht die Infektanfälligkeit.
„Schlaf ist für den Menschen, was das Aufziehen für die Uhr ist“ (Arthur Schoppenhauer).
Ein gestörter Schlaf führt zu: Leistungsminderung, Erschöpfungszuständen, Unfällen, körperlichen und psychischen Erkrankungen. Gerade Schicht- und Nachtarbeiter sind hiervon häufig betroffen. Selbst nach Beendigung der Schichtarbeit leidet noch ein Großteil der ehemaligen Schichtarbeiter unter Schlafstörungen.
Als Folgeerkrankungen von chronischen Schlafstörungen sind Bluthochdruck, Magen-Darm-Erkrankungen und Depressionen zu nennen (Aderhold und Weigelt 2012).
Der Schlaf ist Teil des normalen Ruhe-Aktivitäts-Rhythmus. Geregelt wird der biologische Rhythmus von unserer Inneren Uhr, die durch Reize synchronisiert wird. Der stärkste Reiz stellt helles Licht dar. Der Schlaf zeichnet sich aus durch einen zeitlich begrenzten Zustand reduzierter Bewusstseins- und Aktivitätslage. Es fehlen eine zielgerichtete Motorik und das Bewusstsein.
Der Schlaf ist in verschiedene Stadien untergliedert mit einem 90-min-Rhythmus von unterschiedlicher Schlaftiefe (Schlafprofil). Der wichtigste Teil, der Tiefschlaf, tritt nur in den ersten 4-5 Stunden nach dem Einschlafen auf. Diese Phase hat die größte Bedeutung für den Erholungswert des Schlafes.
Abgesehen von dieser Phase ist die Schlafdauer von nicht so großer Bedeutung. Wir träumen in allen Phasen des Schlafes, nicht nur während des REM-Schlafes (REM = Rapid Eye Movement – schnelle Augenbewegungen). Tiefschlaf und REM-Schlaf sind zum Überleben notwendig. 2-3 Phasen sind essentiell und werden deshalb auch als Kernschlaf bezeichnet (Stuck et al. 2009).
Schlaf wird subjektiv erst ab 10 – 20 min Dauer wahrgenommen. Durchschnittlich schläft der Deutsche 7 Stunden. Subjektiv fühlen sich die einen nach bereits 5 h und andere erst nach 10 h Schlaf ausgeschlafen. Beides ist normal, es gibt eben Kurz- und Langschläfer. Bei einer durchschnittlichen Schlafdauer von weniger als 4 h und mehr als 9 h muss mit einer verkürzten Lebensdauer gerechnet werden. Die Gesamtschlafzeit sinkt im Laufe des Lebens ab, auch der Tiefschlaf wird erheblich kürzer.
Erholsam ist auch ein kurzer Mittagsschlaf von 30 Minuten, er verschafft Ihnen ein zweites Leistungshoch, wie es einem sonst nur am späten Morgen geschenkt wird. Leistungssportler mit zweimaligem Training pro Tag können davon profitieren. Für jede zusätzliche 10 Trainingskilometer pro Woche sollten Sie 15 min mehr Schlaf pro Nacht vorsehen.
Afrikanische Elite-Langstreckenläufer machen folgendes: 6:00 Uhr 1. Training dann frühstücken, anschließend hinlegen bis 11:00 Uhr. Es folgt das 2. Training, anschließend Mittagessen. Nachfolgend Mittagsruhe und um 18:00 Uhr das 3. Training. Zum Tagesabschluss Abendessen und frühe Nachtruhe.
Der Tagesablauf besteht also aus Training, Essen und Ausruhen.
Der Schlaf ist kein passiver Zustand, sondern ein hochaktiver Prozess. Gesteuert wird der Schlafrhythmus auch durch Hormone. Melatonin wird abends im Gehirn gebildet und macht schläfrig. Durch Licht wird die Melatoninsekretion unterdrückt. Serotonin zeigt tagsüber aktivierende und stimmungsaufhellende Wirkung, nachts ist es entscheidend für die Entstehung des Schlafes und besonders die Tiefschlafregulation verantwortlich.
Die Konzentration von Serotonin korreliert mit dem prozentualen Anteil des Tiefschlafs. Besonders während des Tiefschlafs wird das Wachstumshormon Somatotropin ausgeschüttet, was für Zellwachstum und Regeneration von herausragender Bedeutung ist. Das den Muskelaufbau fördernde männliche Geschlechtshormon Testosteron ist ebenfalls ein Nachthormon.
Zu Beginn des Schlafes liegen niedrige Kortisolwerte vor, welche mit zunehmender Schlafdauer ansteigen. 1 Stunde vor dem Aufwachen steigt das ACTH (adrenocorticotropes Hormon) deutlich an. Beim Übergewicht erkennt man inzwischen den direkten Zusammenhang zum Schlafmangel. Bei Schlafmangel finden sich im Blut erhöhte Werte des appetitsteigernden Ghrelin und verminderte Anteile von Leptin, einem körpereigenen Appetitzügler.
Einschlafen
Für einen ungestörten Schlaf sind die äußeren Bedingungen wichtig. Dazu gehören Ruhe, ein abgedunkelter Raum, eine angemessene Liegemöglichkeit mit ausreichend Platz. Das Bett und der Lattenrost sollten möglichst wenig Metall enthalten, um künstliche und natürliche Strahlung nicht zu verstärken. Als Matratzen haben sich Latex- und Kaltschaummatratzen bewährt (enthalten keine Metallteile wie Federkernmatratzen).
Der Schlafraum darf nicht überwärmt (am besten ungeheizt) sein und muss mit Frischluft versorgt werden. Der Schlafplatz sollte frei von elektrischen und magnetischen Feldern sein. Computer, Fernseher, Stereoanlagen und Radiowecker gehören nicht ins Schlafzimmer. Zur Ausschaltung elektromagnetischer Wechselfelder haben sich Netzfreischalter bewährt. Ein Lattenrost mit Zonenverstellung ist für die gerade Lagerung der Wirbelsäule ratsam.
Die Zudecke aus atmungsaktiven Materialen verhindert einen Wärmestau und starkes Schwitzen. Normal ist ein Flüssigkeitsverlust von bis zu einem Liter pro Nacht. Gute Schlafbedingungen und der Schlafprozess sind Ressourcen für eine optimale Regeneration (Schneider 2013).
Die täglichen Aktivitäten sollten einem regelmäßigen Tagesrhythmus folgen. Körperliche Bewegung fördert einen gesunden Schlaf. Ausdauerbetonter Sport soll zu schnellerem Einschlafen führen. Störend kann aber eine sportliche Betätigung am späten Abend sein.
Nach intensiven Trainingseinheiten sollten wenigstens 2h zwischen der sportlichen Aktivität und dem Zubettgehen liegen, wobei der optimale Abstand individuell sehr unterschiedlich sein kann. Auch anregende Getränke (Kaffee, Tee, koffeinhaltige Erfrischungsgetränke) behindern das Einschlafen, das gleiche gilt für eine Reihe von Medikamenten. Bei Einschlafstörungen möglichst keinen oder nur kurzen Mittagsschlaf halten.
Am Abend keine schweren Mahlzeiten einnehmen. Alkohol und Nikotin stören den Schlaf. Dagegen kann ein kleines Stück Schokolade oder auch eine Milch mit Honig das Einschlafen fördern. Denn dabei wird Tryptophan aufgenommen, eine Vorstufe des Botenstoffs Serotonin.
Eine Entspannungsphase vor dem Schlafengehen fördert das Einschlafen. Als Schlaffördernd wirken auch Sauna und Kneipp-Bäder am frühen Abend. Wenn Sie nachts wach im Bett liegen und die Gedanken kreisen, sollten Sie nicht versuchen, Probleme zu lösen sondern an angenehme Dinge oder Situationen denken. Grübeln hält vom Schlafen ab.
Bei längerem Wachliegen ist es besser, aufzustehen und etwas zu tun. Gehen Sie erst wieder ins Bett, wenn Sie müde sind. Nehmen Sie Schlafmittel möglichst nur nach Rücksprache mit dem Arzt und kurzfristig ein. Schlaffördernd und beruhigend wirken Baldrian, Hopfen, Melisse und Johanniskraut. Sind Sie durch Selbsthilfe nicht zu einer Verbesserung der Schlafqualität gekommen, sollten Sie ärztliche Hilfe suchen. Hier ist zunächst der Hausarzt zu nennen, der dann evtl. zu einer Untersuchung im Schlaflabor überweist.
Auswirkungen für Ultraläufer
Der Körper kann mehr als eine Nacht ohne Schlaf auskommen, ohne dass es zu starken gesundheitlichen Einschränkungen kommt. Schlafentzug beeinträchtigt zunächst die Ausdauerfähigkeit nicht, wirkt sich aber negativ auf die Koordination und die Reaktionsgeschwindigkeit aus.
Erst nach längerem Schlafentzug ist die Ausdauerleistung erniedrigt.
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.
Bird SP. Sleep, recovery, and athletic performance: A brief review and recommendations. Strength Cond J 2013; 35 (5): 43-7.
Schneider FJ. Schlaf – der ruhige Weg zum sportlichen Erfolg. Leistungssport 2013; 43 (3): 36-43.
Stuck BA. Maurer JT, Schredl M, Weeß HG. Praxis der Schlafmedizin. Schlafstörungen bei Erwachsenen und Kindern. Diagnostik, Differenzialdiagnostik und Therapie. Heidelberg: Springer 2009.
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