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01
2015

Geplante Erhöhung der FINISHER-Abgabe an den DLV ... Abzocke nach Gutsherrenart - Horst Matznick ärgert sich. ©Helmut Winter

Geplante Erhöhung der FINISHER-Abgabe an den DLV … Abzocke nach Gutsherrenart – Horst Matznick ärgert sich.

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Verlautbarungen, die Verdruss verursachen, sind fast alltäglich. Es ist lästig, doch zugleich auch wichtig, sich mit solchen Dingen zu beschäftigen. Die entsprechenden Konsequenzen daraus zu ziehen bleibt jedem selbst überlassen. Man nimmt sie auf, ist betroffen oder auch nicht.

Zum Anlass:

Insofern ist eine unterschwellige, gar nicht allgemein bekannt gemachte, sondern sehr gezielt verbreitete Nachricht einer durchaus renommierten Institution wie dem Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) nur für einen ganz bestimmten Teil gesellschaftlich orientierter Leute gedacht. Nämlich, dem Volk der Sporttreibenden, insbesondere den Läuferinnen und Läufern, die vereinsgebunden oder auch nicht unbedingt ihrer Leidenschaft, ihrem Hobby oder ihrem Fitness-Gedanken nachgehen wollen.

Kurzum, der DLV möchte, dass ab 2016 für jeden Erwachsenen (das sind LEUTE vom vollendeten 20. Lebensjahr an aufwärts) bei Teilnahme an irgendeinem Vereinswettkampf, einer Volkslaufveranstaltung oder überhaupt einem Laufmeeting grundsätzlich pro Nase ein Euro (1 €) abgeführt wird, die als Finisher bezeichnet werden.

Bisher war das immer ein Betrag von 25 Cent, der (angeblich) stets für die Nachwuchsarbeit verwandt wurde. Nun gut, das wollen wir einmal so glauben. Die Veranstalter und Vereine haben das ohne Murren hingenommen und gezahlt, ohne dass die Sportler irgendetwas davon bemerkten. Ist es doch ehrenrührig, überhaupt den Förderungsgedanken derart verkleidet dem Fußvolk zuzuordnen.

Ja, es ehrte nahezu, dass die allgemeine vereinszugehörige Leichtathletikgesellschaft neben dem ohnehin bestehenden Abgaben an den Landesverband auch noch ein Scherflein für den Bundesteil (eben diese 25 Cent) leisten durfte, nein, musste. Wofür? Mir fehlt der Überblick. Sei es drum. Wird schon sein Gutes haben, dachte ich mir bisher.

Allgemein- vor Eigensinn – sozial eingestellte Mitglieder der Gesellschaft verstehen das. Doch nun droht das Empfinden, besser noch die Empathie, für abgeforderte (Zwangs-?) Entgelte des DLV zu entgleisen, denn der Verband beabsichtigt, diese 25 Cent ohne jeglichen Nachweis, ohne Transparenz, fast nach Gutsherrenart anzuheben auf (man höre und staune:) auf 1 € (1 Euro!).

Eine Anhebung eines Abführungssatzes um 300 %!

Da kräuseln sich bei einem auf Ausgleich der Befindlichkeiten geeichten Sportenthusiasten nicht nur bedenklich die Nackenhaare. Nach kartellrechtlicher Würdigung dieser (beabsichtigten) Maßnahme käme dies einer völlig willkürlichen Anhebung gleich und hätte keine Chance, tatsächlich eingeführt zu werden.

Polemisch nicht unbedingt fern wäre eine Erhöhung der Abgabe im Vergleich mit der Nahrungsmittelindustrie, die bisherige 100/125g-Packungen nun plötzlich auf 70g bei gleichem Preis verringert. Oder wie wär`s mit der Aussage „es ist mir egal wie viel 1 L Benzin kostet, ich tanke immer nur für 10 €"?

Wieder zur Sache: Was auch immer die Politik mit dem Sport betreibt, es wird seine Auswirkungen haben. Wenn ein Verband handelt wie ein Handelsunternehmen auf der Suche nach neuen Einnahmequellen (Umsatz ohne Leistung) ohne nachvollziehbare Begründung, dann geht das am Verständnis vieler durchaus positiv eingestellter Menschen vorbei.

Ja, es kommen in soweit deshalb berechtigte Gedanken auf, unbedingt die Gerichtsbarkeit zu bemühen, wenn selbst bei Vorbetrachtung und Abwägung der Verhältnismäßigkeit nicht zu erkennen ist, dass ein der Allgemeinheit verpflichteter Verband nicht seinen Verbindlichkeiten zur Wahrung einer angemessenen Unterstützung der ihm angeschlossenen Vereine nachkommt.

Will sagen: Die Vereine stützen den DLV/die LV der Länder, nicht umgekehrt.

Frust erzeugt Diskussion. Läufer/innen sind ein kommunikatives Volk. Laufen ohne Gespräch, gar nicht denkbar, es sei denn, das Rennen hat begonnen. Nun, Wettkämpfe sind das Salz in der Suppe, obwohl jedermann/-frau außerhalb des vorderen Leistungsbereiches klar ist, dass in einem hundert- oder sogar tausendfach besetzten Wettbewerb Gegnerschaft eigentlich keine Rolle spielt, sondern viel eher das gemeinsame Erleben, das „Ding" geschaukelt zu haben.

Laufen als Spitzensport, das muss sein. Die Masse wie du und ich möchte nur dabei sein und einigermaßen mit sich und seinen Leistungen zufrieden sein. Eine Philosophie, die keine weitere Erklärung benötigt.

Veranstaltungen kosten Geld. Viel Geld wird dabei eingespart, wenn ausschließlich ehrenamtliche Organisatoren, Betreuer, Helfer und (dankbar) Sponsoren dabei sind. Trotzdem müssen Leistungen eingekauft, vorgeschriebene Verwaltungswege beschritten und Institutionen bemüht werden, die den Ablauf einer Laufveranstaltung in jeder Weise sicherstellen.

Für große Vereine oder neuerdings immer häufiger Vereinsfirmen (….Event GmbH), die mit geschäftsmäßigen Gebaren ihre Maßnahmen anbieten, dürfte das kein so großes Problem sein. Ein Erhöhungsbetrag bei den ohnehin hohen Startgeldern in besonders nachgefragten Marathon-Wettbewerben (Berlin, Hamburg, Frankfurt, Düsseldorf) dürfte das wenig ins Gewicht fallen. Der Marathon wird nur einmal, wenn`s hoch kommt zweimal im Jahr gekaufen. Der 1 € spielt dabei kaum eine Rolle.

Ganz anders bei den unendlich vielen kleinen Vereinen, die mit 100, 200, 300 – 800, selten auch mal über 1.000 Startern durchaus zufrieden sind, einen Beitrag zum Sportgeschehen, zur Fitness, zur Sozialisierung und zum Kulturverständnis zu geben. Diese sind es nämlich, die die ehemals geläufigen Begriffe wie Breitensport und „Volksläufe" noch immer mit Leben erfüllen und Menschen jeglicher Gesinnung ein Forum bieten, das in seiner Ausübungsform jeder Aggression widersteht.

Läuferinnen und Läufer sind pflegeleicht und dennoch nicht zu unterschätzen.

1 € mehr für jeden Wettkampf. Bei etwa einem Rennen pro Monat (das dürfte fast der Schnitt ambitionierter Renner sein) wären das 12 – 15 € pro Jahr mehr. Wo kann ich sparen? Na, klar, das sonst so beliebte Läufchen unterbleibt, das ein oder andere auch. Trainieren kostet nichts, also tun wir es so.

Und was machen die Vereine, die kleinen Veranstalter, die mit selbstgebackenem Kuchen, mit Bio-Limonade, der improvisierten Lauwarmdusche und einer Kleinsttombola aufwarten, nur um den vielen Sportlern ein Gefühl der Verbundenheit in ihrem speziellen Bereich zu geben?

Sie schauen irgendwann oder sogar bald in die Röhre, weil sich die Teilnehmerzahlen trotz ihres liebevoll organisierten Volkslaufs immer weiter nach unten bewegen, und alles nur wegen einer („von oben") nicht bedachten Abgabe. Nein, das kann und darf nicht sein – wehret den Anfängen! Ich könnte hier, wie andere sicher auch, mindestens 10 – 15 solcher total „kultigen" und dennoch sportlich wichtigen Veranstaltungen nennen (s.u.: P.S. mit der Aufzählung kleinerer Läufe in Berlin).

Deutschlandweit potenziert sich das. 1 Euro mehr für jeden Lauf mit Zieleinlauf und Wertung. Ist er uns das wert? Kann uns ein anderer harmonischer Schritt im Sinne des gemeinsamen Laufens weiterbringen oder ist es der Anstoß zur weiteren Gründung etlicher privater Lauftreffs, die mit dem DLV nichts zu tun haben?

Vielleicht es dem Deutschen Leichtathletik Verband noch gar nicht aufgefallen, dass es in unserem Land an Verständnis nicht mangelt, jedoch die Art und Weise, wie ab 2016 abgabepflichtig vorgegangen werden soll, auf ein klares NEIN stoßen wird.

Horst Matznick
Sprecher/Moderator
Havellauf Berlin

P.S.: Wie der Havellauf sind auch diese kleineren Läufe von der DLV-Abzocke betroffen: Helios-10km, Sägerlauf-Serie LG Nord, Zugspitzlauf Lübars, BSV-Laufserie, Berlin-Cup mit zig Vereinen, die Silvesterläufe, Läufe der Stolpertruppe, Freundschaftslauf Falkensee-Spandau, Pankow, Müggelsee, Plänterwald, Wuhletal, LG Süd und diverse Veranstaltungen im Speckgürtel Berlins.

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author: GRR

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