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12
05
2011

Wiedereinsteiger müssen aber ebenso vorsichtig ins Lauftraining einsteigen, wie echte Newcomer, dürfen aber schnellere Umfang- und Belastungssteigerungen machen.

Gelungenes Comeback – Sie mussten länger mit dem Laufen pausieren? So überwinden Sie die Herausforderungen eines Wiedereinstiegs – Martin Grüning in RUNNERS WORLD

By GRR 0

 

Der erste Schritt aus der Tür ist für viele Läufer meist der schwerste, nicht nur für Laufeinsteiger. Herwig Thoms ist ein erfahrener Marathonläufer und gerade als er sich auf eine Bestzeit beim Hamburg-Marathon 2010 vorbereitet, „unter 3:00 h war mein Ziel", da erwischte es ihn: eine langwierige Krankheit brachte ihn neun Monate aus dem Trott. Im Winter bekam er grünes Licht für den Wiedereinstieg, doch der war eine Qual.

Mehr als drei Kilometer am Stück wurden zur Tortur und die schaffte er auch nur in einem Tempo, welches unwesentlich schneller als ein Gehen war. „Ich hatte das Laufen offensichtlich verlernt. Das ging soweit, dass ich dachte, dass ich nie wieder einen Marathon schaffen würde", sagt Thoms heute, vier Monate später.

Egal ob Sie ins Laufen zurück finden wollen oder ganz neu damit beginnen, die Barrieren, die da zwischen Ihnen und Ihrem inneren Laufwunsch stehen, scheinen oftmals unüberwindlich. Daniel Lieberman, Mediziner und Biologe an der angesehenen Harvard University (USA) und selbst Marathonläufer, sagt, dass man zunächst eine Schwelle überwinden muss, um in den Sport zu finden bzw. zurückzufinden: „Es braucht einfach eine gewisse Zeit, bis das Herz – wieder – größer und stärker wird und die Zellkraftwerke in den Muskeln mehr Energie erzeugen."

Aber Liebermanns gute Nachricht: „Der Mensch ist keine Maschine, das bedeutet, der Körper ist extrem lernfähig. Aus Nichts kann irgendwann ein Marathon werden. Bei jedem von uns."  Und Wiedereinsteiger wissen, der Körper erinnert sich bald wieder an seine Möglichkeiten. Mit anderen Worten, ist man einmal gelaufen, kommt die Form schneller wieder zurück. Auch bei Herwig Thoms war das so, er lief vor wenigen Tagen einen Halbmarathon in 1:34 Stunden. Er hat seine Einstiegsprobleme überwunden. Das schaffen Sie auch.

Die 2. Woche ist die schwerste

„In der ersten Woche ist wenigstens der Enthusiasmus groß, selbst wenn die Muskeln schwach sind", sagt Marathonläufer Thoms, „aber in der zweiten Woche ist, was die Leistungsfähigkeit betrifft, noch immer nicht viel passiert, aber die Muskeln sind auch noch müde von den Belastungen der ersten Woche." Grundsätzlich zeigt eine Muskelmüdigkeit, dass die Zellen arbeiten, sich anpassen, was gleichzeitig bedeutet, es entwickelt sich etwas, nämlich Leistung. Natürlich ist die Gefahr groß, dass man die ersten Schritte viel zu schnell losgeht, selbst wenn gar nichts geht. „So langsam kann ich doch gar nicht laufen" dachte sich Thoms und versuchte am ersten Lauftag sein altbekanntes Wohlfühltempo anzuschlagen. Mit dem Erfolg, dass er schon nach kurzer Zeit total am Ende war.

Wiedereinsteiger müssen aber ebenso vorsichtig ins Lauftraining einsteigen, wie echte Newcomer, dürfen aber schnellere Umfang- und Belastungssteigerungen machen. Nicht mehr und nicht weniger. „Sie sollten sich zum Ende jeder Laufeinheit des Wiedereinstiegs so fühlen, dass Sie problemlos hätten weiterlaufen können", gibt Laufexperte Liebermann einen guten Rat. „Eventuell kann das bedeuten, dass ein Marathonläufer wie ich, mit Gehpausen ins Lauftraining wiedereinsteigt" ergänzt Thoms, der genau das tat. „Ich bin am zweiten Tag abwechselnd fünf Minuten gejoggt, eine Minute gewalkt und das war genau das Richtige" sagt der Marathonmann.

Ein konservativer Plan

„'Wer zehn Kilometer schafft, ist ein echter Läufer', irgendwie hat sich dieser Spruch in der Läuferszene etabliert" sagt Thoms, das war für ihn auch wieder ein erstes lohnendes Ziel, 10 km nicht Marathon. „Der Marathon hätte mich beim Neustart gedanklich überfordert" sagt der 39jährige Bankangestellte. Doch bis zum ersten 10er kann es fünf Wochen oder fünf Monate dauern. Beim Wiedereinstieg hängt das natürlich direkt mit der Lauferfahrung und -verfassung zusammen, die Sie vor der Laufpause hatten, und mit der Länge der Pause.

Grundsätzlich gilt: Sie brauchen mindestens ebenso lang, wie Sie mit dem Training aussetzen mussten, um wieder Ihr altes Niveau zu erreichen. Wie man sich diese Phase als erfahrener Marathonläufer nach einer langen Pause richtig einteilt, dazu sagt Sportmediziner Liebermann: „Das erste Drittel darf nur aus langsamen und lockeren Dauerläufen bei 70 bis 75 Prozent der maximalen Herzfrequenz von unter 45 Minuten Dauer bestehen. Das nächste Drittel darf jede dritte Laufeinheit schon eine Dauer von über 45 Minuten haben, und das letzte Drittel des Comebacks darf jede dritte Laufeinheit schon wieder im zügigeren Lauftempo sein."

Ein konservativer Plan, aber einer mit dem sie sicher sein können, dass Sie sich nicht überfordern.

  

Weck den Läufer in Dir

5 Motivationstricks für einen leichteren Neueinstieg

  

Zählen Sie die Zeit, nicht die Distanz   Setzen Sie sich für Ihre Laufeinheiten nur zeitliche Vorgaben, keine Distanzvorgaben. Das macht Sie frei für eine Tagesform-angepasste Laufbelastung. Sind Sie am Tag X nicht gut unterwegs, dann schaffen Sie in dreißig Minuten vielleicht nur vier bis fünf Kilometer, sind Sie gut drauf, sind es fünf bis sechs. Aber da Sie sich nur ein Zeitziel gesetzt haben, interessiert Sie das überhaupt nicht.

Denken Sie voraus   Wenn Laufen eigentlich gerade das Letzte ist, worauf Sie Lust haben, dann denken Sie mal für ein paar Minuten voraus: wie gut geht es Ihnen immer nach einem Lauf, wenn Sie unter der Dusche stehen und wissen, was Sie wieder geschafft haben. Und, stimmt das? Also los!

          Belohnen Sie sich selbst
  Am Montag legen Sie fest, an welchen Tagen der vor Ihnen liegenden Woche Sie laufen wollen. Und wenn Sie den Plan schaffen – auch das legen Sie jetzt schon fest -, dann belohnen Sie sich am Wochenende mit einem tollen Menü bei Ihrem Lieblings-Italiener, oder mit sonst was.

Hören Sie auf negative Gefühle   Negieren Sie schlechte Gedanken und unwohlige Gefühle das Laufen betreffend nicht. Lassen Sie diese zu und versuchen Sie, ihnen auf den Grund zu gehen. Haben Sie den Grund gefunden, dann fällt eine Lösung auch leichter. Beispiel: Jeder Lauf macht Ihnen zum Schluss hin keinen Spaß? Könnte es sein, dass Sie zu schnell los laufen?

Setzen Sie sich auch kurzfristig Ziele   Nicht jedes Ziel muss von langer Hand geplant und vorbereitet sein. Seien Sie ab und zu spontan und setzen Sie sich am Vorabend eines Laufs ruhig auch mal für den kommenden Tag überraschende Ziele: Das erste Mal eine Runde, die Sie bisher noch nie geschafft haben, oder das erste Mal mit dem Lauftreff zu dem Sie sich noch nie/seit Monaten hingetraut haben.

 

Martin Grüning in RUNNERS WORLD – April 2011

author: GRR

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