Ganzheitlich gegen Überlastungsbeschwerden ©DATASPORT
Ganzheitlich gegen Überlastungsbeschwerden – Sven Wagner* – Datasport
Viele Beschwerden im Laufsport sind auf Überlastungen zurückzuführen und können gut mit einer konservativen Therapie behoben werden. Gerade die Osteopathie kann wertvolle Hilfe leisten.
Überlastungsbeschwerden betreffen typischerweise den Bewegungsapparat, wobei bei Laufsportlern vor allem die Gelenke, Sehnen und Bandstrukturen der unteren Extremitäten sowie das Becken und die Lendenwirbelsäule betroffen sind. Die Ursachen sind sehr vielfältig und individuell. Sie lassen sich grob in innere und äussere Faktoren unterteilen. Zu den Äusseren gehören Trainingsintensität und Trainingsinhalte, Schuhwerk sowie andere Ausrüstungsgegenstände und auch die allgemeinen Lebensumstände
Die inneren Faktoren können, aber müssen nicht zwangsläufig im Bereich des Bewegungsapparates liegen – auch Störungen in anderen körperlichen Bereichen sollten immer im Blickfeld einer allfällig notwendigen Therapie stehen.
Ein überwiegender Teil der Ausdauersportler hat in seinem bisherigen Sportleben schon in irgendeiner Form unliebsame Bekanntschaft mit Überlastungsbeschwerden geschlossen. Oft ist zumindest eine Trainingspause nötig, und ohne fachgerechte Behandlung ist die Gefahr einer Chronifizierung der Beschwerden hoch.
Welche Behandlung den erwünschten Erfolg bringt, hängt stark vom Erkennen und Strukturieren der obengenannten möglichen Ursachen ab. In der Osteopathie spricht man dabei von Ursachen–Folgen–Ketten, also einer möglichst genauen Analyse der Entstehung, der Dauer und Lokalisation von Beschwerden, deren Ursachen, sowie provozierender Faktoren.
Was ist Osteopathie?
Die Osteopathie ist eine manuelle Therapieform mit einer über 120-jährigen Geschichte. Der Mensch und damit seine anatomischen und physiologischen Systeme werden in der Osteopathie als untrennbare Einheit von Körper, Geist und Seele definiert. Dieser Grundsatz war und ist auch heute noch prägend für eine osteopathische Behandlung. Der Osteopath sucht nicht nach Krankheiten, sondern nach der Gesundheit .Das Ziel jeder osteopathischen Intervention ist ein Gleichgewicht aller funktionellen Systeme des Körpers. Folgende drei Prinzipien bilden dabei das Fundament des osteopathischen Denkens und Handelns:
- Der Mensch ist eine Einheit
- Der Körper verfügt über Selbstheilungskräfte
- Struktur und Funktion sind voneinander abhängig
Es gibt drei Säulen, auf denen jede Behandlung aufbaut und die in der praktischen Arbeit miteinander verschmelzen. Dies sind der Bewegungsapparat (Parietales System), Organe und Stoffwechselsysteme (Viszerales System) und das Nervensystem (Cranio-Sacrales System).
Die Behandlung des Bewegungsapparates ist der älteste Bereich im osteopathischen Behandlungsspektrum. Beschwerden in diesem System sind oft nicht ursächlich, sondern entstehen symptomatisch durch körpereigene Kompensationsmechanismen (Überlastungsbeschwerden). Gelenke, Knochen, der Kapsel-/Bandapparat, Faszien und Muskeln werden untersucht und Störungen wie Gelenkblockaden oder Verspannungen sanft gelöst. Den Faszien, diesen festen Strukturen aus Bindegewebe, kommt dabei eine übergeordnete Bedeutung zu, da sie alle Körperbestandteile wie Muskeln und Knochen, aber auch Organe netzartig einhüllen und miteinander verbinden.
Die Organbehandlung (Viszera) beinhaltet die inneren Organe, deren Versorgung mit Blut und Lymphe sowie neurologische Steuersysteme (neurovegetatives Nervensystem). Und das Craniosacrale System befasst sich mit dem Nervensystem und nutzt dazu mechanische und hämodynamische Grundlagen, sowie die Eigendynamik der Nervenflüssigkeit (Liquors).
Überlastungsbeschwerden und Osteopathie
In meinem osteopathischen Arbeitsalltag mache ich bezüglich Störungen des Bewegungsapparates meist die Erfahrung, dass die Osteopathie erst am Ende einer bereits recht langen Behandlungskette zum Einsatz kommt. Nach Medikamenten, Schonung, Physiotherapie usw. ohne nachhaltige Besserung der Beschwerdebilder werden Alternativen probiert – zum Beispiel die Osteopathie. Dies hat den Nachteil, dass Beschwerden häufig schon lange bestehen und somit eine negative Gewöhnung daran bzw. Anpassung des Körpers und seiner Steuersysteme bereits erfolgt ist, was eine erfolgreiche Behandlung wesentlich erschwert und hinauszögert.
Wie vorgehend beschrieben, wäre die Osteopathie durch die ganzheitliche Herangehensweise oft eine ideale Ergänzung parallel zu konservativen Behandlungsmethoden und nicht erst danach. Die Osteopathie bietet praktisch immer einen Mehrwert bei therapeutischen Interventionen, da durch sie funktionelle Aspekte des Körpers, die wesentlich zum Heilungserfolg beitragen können, miteinbezogen werden.
Als Praxisbeispiel kann man z.B. Sehnenreizungen wie Achillodynie (Achillessehnenbeschwerden) oder Patellaspitzensyndrom (Beschwerden unterhalb der Kniescheibe) nennen.
Bei solchen oft langwierig und wiederholt auftretenden Überlastungsbeschwerden besteht der osteopathische Behandlungsansatz u.a. in der Optimierung der Durchblutung, des Stoffwechsels und der nervalen Spannung, also in der Verbesserung der Versorgungssituation der betroffenen Extremität(en). Dies geschieht durch die Behandlung allfälliger Dysfunktionen zentraler Steuersysteme und Spannungsverteiler, wie z.B. Leber, Lunge, Neurovegetativem Nervensystem, Zwerchfell und Beckenboden.
Im Idealfall sollte eine osteopathische Untersuchung und Erstbehandlung nicht später als drei Monate nach erstmaligem Auftreten von (überlastungsbedingten) Beschwerden erfolgen und in Absprache parallel zu den schulmedizinischen Interventionen wie Physiotherapie oder anderen Behandlungsmethoden erfolgen.
Fazit: Osteopathie ist bei allen Überlastungsbeschwerden eine wirksame, effektive und sanfte Behandlungsmöglichkeit. Durch die beschriebenen, ganzheitlichen Grundsätze jeder Behandlung stellt eine osteopathische Herangehensweise nahezu immer eine sinnvolle Ergänzung zu herkömmlich-konservativen/schulmedizinischen Therapieformen dar.
Regelmässige osteopathische Behandlungen können dem Auftreten von Überlastungsbeschwerden zudem wirksam vorbeugen und Trainings- und Wettkampfzyklen optimal unterstützen.
Quelle: DATASPORT
*Sven Wagner, Osteopath D.O. GDK-CDS, www.osteopathiestgallen.ch
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