Friedmann-Bette stellte heraus, dass Trainer für das Höhentraining keine Handlungsanweisungen verlangen dürfen, die es bereits für das Training im Flachland nicht gibt
Experten diskutierten über Höhentraining
Im Rahmen der Traineroffensive tagten Experten am 5. Mai in der DOSB-Geschäftsstelle in Frankfurt zum Thema Höhentraining.
Rund zwanzig Sportdirektoren und Bundestrainer der Spitzenverbände und acht eingeladene Experten aus der Sportmedizin und Trainingswissenschaft diskutierten über diese besondere Form des Trainings.
Privatdozentin Birgit Friedmann-Bette (Heidelberg) bot eingangs einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand zum Aufenthalt im Gebirge, in Höhenhäusern und in Höhenkammern. Zum klassischen Höhentraining und zum Aufenthalt in Höhenhäusern sind Effekte auf die Blutbildung wissenschaftlich nachgewiesen, so die Expertin. Dabei seien jedoch große individuelle Unterschiede zu beobachten. Zudem seien die Voraussetzungen eines Aufenthaltes von mindestens zwölf Stunden an 18 aufeinanderfolgenden Tagen bei einer Höhe von 2500 Meter zu erfüllen, wie Torben Pottgießer (Freiburg) hervorhob.
Bei einem Aufenthalt in Höhenhäusern nach dem Prinzip "Live high – train low" scheinen Leistungssteigerungen im Flachland möglich zu sein. Hingegen fehlen methodisch saubere Studien, um den Effekt einer intermittierenden Hypoxie in Hypoxiekammern abschließend bewerten zu können.
Im Tagungsverlauf wurden die von den Trainern eingebrachten Fragen in fünf Themenkreisen ganz pragmatisch und sportartspezifisch erörtert. Dabei legte Professor Dr. Walter Schmidt (Bayreuth) Wert darauf, zwischen dem hämatologischen Effekt der Höhe zum einen und dem Trainingseffekt eines Trainingslagers zum anderen zu unterscheiden. Dr. Jürgen Wick (Leipzig) ergänzte, dass die Trainingsziele auch bei der Frage nach dem Zeitpunkt von Höhentrainingsmaßnahmen im langfristigen Leistungsaufbau wie im Saisonverlauf vorrangig berücksichtigt werden müssen.
In der Diskussion wurde deutlich, dass es insbesondere zu Höhenketten oder Höhenkaskaden bislang mehr Erfahrungsberichte als wissenschaftlich aussagekräftige Studien gibt. Wichtiger als kalendarische Alter von Sportlern wurde von den Gesprächspartnern das Trainingsalter der Aktiven angesehen, um zu entscheiden, wann diese erstmalig die Möglichkeiten des Höhentrainings zu nutzen versuchen.
Grundsätzlich sah Markus de Marées (Köln) die Möglichkeit, Hypoxie sowohl für intensives Training als auch für Krafttraining zu nutzen. Bei einem Training in natürlicher Höhe sei jedoch die Berücksichtigung der Anpassung und Rückanpassung zu Beginn und Ende des Höhenaufenthaltes entscheidend.
Um die Trainingsbelastung und die Leistungsentwicklung in der Hypoxie verfolgen zu können, sind leistungsdiagnostische Untersuchungen unablässig. Diagnostisch empfahl der leitende Olympiaarzt, Privatdozent Bernd Wolfarth (München/Leipzig), zum einen im Vorfeld von Höhentraining den Eisenstatus der Sportlerinnen und Sportler zu kontrollieren, während des Hypoxietrainings das Gewicht, die Ruheherzfrequenz, die Herzfrequenz unter Belastung, Harnstoff, die Sauerstoffsättigung und Laktat als Parameter zur Überwachung des Trainings zu verwenden.
Diese könnten durch sportpsychologische Verfahren zur Befindlichkeitsmessung ergänzt werden. Von einer vorgelagerten Diagnostik, um herauszufinden, ob Sportler auf den Höhenreiz reagieren, rieten die Experten eindeutig ab. "Sie würden Sportler ausschließen, die evtl. doch von Höhentraining profitieren könnten.“, so der Höhenphysiologe Schmidt.
Friedmann-Bette stellte heraus, dass Trainer für das Höhentraining keine Handlungsanweisungen verlangen dürfen, die es bereits für das Training im Flachland nicht gibt. Die Wirkung eines Trainingsreizes und die Anpassung an den Höhenreiz seien sehr komplexe Vorgänge. „Und – “, so die Sportmedizinerin, „es ist alles individuell.“
„Wissenschaftlich“, so Bernd Wolfarth, „ergeben sich viele offenen Fragestellungen. Und gerade deshalb ist es erforderlich, dass Trainer mit einer guten wissenschaftlichen Begleitung mit Höhentraining experimentieren.“ Und Torben Pottgießer ergänzte: „Ich wünsche mir, dass wir offen gegenüber neuen Konzepten bleiben und versuchen diese mit den Erfahrungen zu verknüpfen.“
Qiuelle: DOSB