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16
11
2010

Das Thema Depression (im Sport) ist durch den Tod von Robert Enke indes öffentlich(er) geworden.

Erster Todestag von Robert Enke mit Kranzniederlegung am Grab – Das Thema Depression ist seitdem öffentlich(er) geworden – Teresa Enke erhält für ihre „beispiellose Offenheit“ den Leibniz-Ring – Prof. Dr. Detlef Kuhlmann berichtet

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Nationaltorhüter Robert Enke von Hannover 96 hat sich am Abend des 10. November 2009 im Alter von 32 Jahren das Leben genommen. Am ersten Todestag gab es in Hannover keine offizielle Veranstaltung, sondern die Möglichkeit zum stillen Gedenken: Ein Zelt am Nordufer des Stadions lud zur Einkehr und Andacht ein.

Dort waren im Kerzenschein auch Gegenstände zu sehen, die Hannovers Fans in den Tagen nach seinem Tod spontan vor dem Stadion abgelegt hatten. Am Grab von Robert Enke auf dem Friedhof in Empede bei Hannover legte eine Delegation des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) mit Präsident Dr. Theo Zwanziger und Bundestrainer Joachim Löw an der Spitze einen Kranz nieder: „Jeder Mensch sollte an so einem Tag auf seine Weise an Robert Enke denken“, sagte der DFB-Präsident anschließend. Auf Wunsch von Teresa Enke, der Witwe von Robert, war hier die (mediale) Öffentlichkeit ausgeschlossen.

Das Thema Depression (im Sport) ist durch den Tod von Robert Enke indes öffentlich(er) geworden.

In seinem Buch „Robert Enke. Ein allzu kurzes Leben“ schreibt der in Barcelona lebende Sportreporter und Schriftsteller Ronald Reng: „Robert Enkes Tod offenbarte den meisten von uns, wie wenig wir von dieser Krankheit Depression verstehen. Den anderen von uns, und das waren erschreckend viele, wurde schlagartig bewusst, wie wenig wir über Depressionen sprechen können“.

Das Buch (erschienen bei Piper; 426 S.; 19,95), das seit Wochen in den Bestsellerlisten steht, war übrigens schon zu Lebzeiten von Enke geplant. Beide wollten die Biografie gemeinsam erzählen nach der Beendigung der Torwartkarriere von Robert und dabei die Krankheit offenbaren.

Die Berliner Schriftstellerin und Professorin für Verssprache Ines Geipel greift in ihrem Buch „Seelenriss“ (erschienen bei Klett-Cotta, 240 S.; 18,95) das Thema „Depression und Leistungsdruck“ (Untertitel) anhand von mehreren Biografien in unterschiedlichsten Lebensumständen auf. Am Anfang steht hier Robert Enke, der genau wie die Autorin und ehemalige Weltklasse-Sprinterin einst in Jena zu Hause war.

Ines Geipel durchleuchtet die Profistationen von Robert – ganz am Ende des Beitrags mit dem Titel “Mehr Siege, mehr Tore, mehr Netto“ zeichnet sie dann auch das Gesicht noch einmal sehr genau nach, das vielen von uns von Robert Enke in Erinnerung geblieben ist: „Sein Kopf ist kahlgeschoren, er ist blass und wirkt hagerer als sonst. Beide Jochbeine treten markant hervor. Unweigerlich muss man an das Wort Gestaltwandel denken. Wollte hier etwas sichtbar werden, wovon nicht gesprochen werden durfte“.

Der DFB, der Liga-Fußballverband (DFL) und Bundesligist Hannover 96 ha-ben die Robert-Enke-Stiftung gegründet, um Maßnahmen und Einrichtungen zu fördern, die der Aufklärung über die Krankheit Depression bzw. Kinder-Herzkrankheiten sowie der Erforschung oder Behandlung dieser Krankheiten dienen. Die Stiftung mit Sitz in Barsinghausen bei Hannover nahm im März 2010 ihre Arbeit auf; ihr Kapital ist auf fast eine Millionen Euro angewachsen. Vorstandsvorsitzende ist Teresa Enke, dem Stiftungsrat gehören Dr. Theo Zwanziger sowie Dr. Reinhard Rauball als Präsident des Ligaverbandes und Martin Kind als Präsident von Hannover 96 an. In der vergangenen Woche hat Bundesgesundheitsminister Dr. Phillip Rösler den Vorsitz des Kuratoriums der Stiftung übernommen.

Das Thema Depression im Leistungssport hat aber auch noch zu anderen Initiativen geführt – beispielsweise wird auf der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) Ende November in Berlin ein neues Fachreferat „Sportpsychiatrie“ eingerichtet: „Wir wollen zusammen mit der Enke-Stiftung Trainer und Vereinsleute so schulen, dass sie Symptome früher erkennen und ihren Sportlern eine Behandlung nahe legen, sagt Prof. Frank Schneider (TU Aachen), der Präsident der DGPPN.
 
Die niedersächsische Landeshauptstadt Hannover wird in Kürze eine Straße nach Robert Enke benennen: Das bisherige Arthur-Menge-Ufer am Maschsee – im Gedenken an den ehemaligen Oberbürgermeister von Hannover in den Jahren von 1925 bis 1937 bislang so bezeichnet – soll dafür umbenannt werden. Sodann werden das Stadion und die Geschäftstelle von Hannover 96 über die Robert-Enke-Straße zu erreichen sein. Am 8. Dezember 2010 wird Teresa Enke bei einem Festakt in Hannover mit dem Leibniz-Ring ausgezeichnet.

Damit wird ihre „beispiellose Offenheit“ gewürdigt, mit der sie über die Krankheit ihres Mannes sprach. Der Leibniz-Ring wird seit 1997 vom Presse Club Hannover an Menschen vergeben, die „besondere Zeichen gesetzt haben“. Zu den früheren Preisträgern gehören Roman Herzog, Regisseur Sönke Wortmann, UN-Chefinspektor Hans Blix und Ingeborg Schäuble, die Vorsitzende der Deutschen Welthungerhilfe.

Mehr zu der Arbeit der Robert-Enke-Stiftung auch im Internet unter: www.robert-enke-stiftung.de.

Prof. Dr. Detlef Kuhlmann

 

author: GRR

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