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2010

Sport als Beitrag zur Verständigung, als Brücke zwischen Kulturen, als Beitrag zur friedlichen Begegnung – das ist die Aufgabe, vor der wir angesichts der durch Krieg und Gewalt ums Leben Gekommenen stehen!

„Erinnerung und Trauer als Aufforderung zum Handeln verstehen“ – Gudrun Doll-Tepper am Volkstrauertag

By GRR 0

DOSB-Vizepräsidentin Gudrun Doll-Tepper hielt am Volkstrauertag eine Ansprache und erinnerte an Sportler und Sportlerinnen, die an den Folgen kriegerischer Gewalt starben.

Die Gedenkfeier der Gemeinschaft Deutscher Olympiateilnehmer, der Deutschen Olympischen Gesellschaft, des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und des Landessportbundes Berlinfand am 14. November 2010 in Berlin statt. Die Ansprache der DOSB-Vizepräsidentin Prof. Gudrun Doll-Tepper wird hier in Auszügen dokumentiert.

„(…) Wie in früheren Jahren gedenken wir heute am Volkstrauertag der durch Krieg und Gewalt ums Leben gekommenen Teilnehmer und Teilnehmerinnen an Olympischen Spielen. Dieser Gedenktag hat bereits eine lange Tradition. Zugleich wächst der zeitliche Abstand zum Ende der beiden Weltkriege und der letzten Kriege, die es noch in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts in Europa gab.

Der Frieden auf unserem Globus, den wir immer wieder als ‚eine Welt‛ begreifen müssen, bleibt eine gemeinsame Aufgabe der Staatengemeinschaft und ihrer Institutionen und auch der Nicht-Regierungsorganisationen. Der Aufgabe, dass Völker und Menschen in Frieden aufeinander zugehen, stellt sich auch der Sport bei seinen gegenwärtigen Aufgaben und Plänen für die Zukunft. Und trotz dieser zukunftsweisenden Aktivitäten ist es wichtig, sich auch an die Menschen zu erinnern, die immer weniger von uns aus persönlichen Begegnungen kennen. Gerade dann, wenn persönliche Erfahrungen und Betroffenheit mit den Generationen entschwinden, brauchen wir Gedenkorte und Gedenktage wie diesen. Wir brauchen den Blick zurück, um unsere Verantwortung die sich aus dem Geschehenen für uns ergibt, zu erkennen und um daraus Konsequenzen für unser gegenwärtiges und künftiges Handeln abzuleiten.

Einen Ausstieg aus der Geschichte, das Verdrängen des Entsetzens, das das letzte Jahrhundert geprägt hat, darf es nicht geben. Und trotzdem dürfen wir nicht nur zurückschauen, wenn diese Gedenkfeier am Volkstrauertag ihren Sinn behalten soll. Vielmehr sind wir gefordert, die besondere Kultur des aktiven Trauerns, des in die Zukunft gerichteten Erinnerns und Gedenkens weiterzuentwickeln. Erst dadurch kann der Volkstrauertrag auch Volksfriedenstag werden. Wir müssen unser Gedenken als Anregung zum eigenen politischen Handeln, als motivierende Kraft begreifen.

So verstehen es auch die Organisatoren der diesjährigen zentralen Gedenkstunde zum Volks-trauertag (…). Sie gedenken der Toten der Weltkriege, der gefallenen Soldaten und deren Angehörigen und erinnern daran, dass gerade diese noch heute mit dem Verlust konfrontiert sind. Helfen, wo es möglich ist, und beitragen zum Schaffen einer friedlichen Gesellschaft bleibt eine wichtige Aufgabe. Erinnern und Trauern erfüllen nämlich dann ihren Sinn, wenn wir sie als Aufforderung zum Handeln verstehen – Handeln gerade im Sinne derer, um die wir trauern.

Jeder Mensch, der wegen seiner Herkunft, seines Geschlechts oder seiner Religion ermordet wurde, verlangt von uns Gewaltherrschaft abzuwehren, Zivilcourage und Toleranz zu üben und den Krieg als Mittel der Politik zu ächten. Als Vertreter und Vertreterinnen des Sports in Deutschlandgedenken wir aller – deutscher und ausländischer – Sportler und Sportlerinnen, Teilnehmer und Teilnehmerinnen von Olympischen Spielen, die im Kampf oder an den Folgen kriegerischer Gewalt starben.

Trotz hoffnungsvoller Perspektiven sind politische und militärische Allmachtsphantasien, Gewaltbereitschaft, systematische Menschenrechtsverletzungen, Rassenwahn und Völkerhass keineswegs von unserem Globus verschwunden. Auch in unserer Gegenwart gibt es Kriege und Konflikte, die Sportler und Sportlerinnen an der Ausübung ihres Sports hindern. Und somit erinnern wir uns auch an Sportler und Sportlerinnen in verschiedenen Regionen dieser Welt, in denen es gegenwärtig Krieg gibt oder in denen die Folgen des Kriegs weiterhin zu spüren sind.

Sport als Beitrag zur Verständigung, als Brücke zwischen Kulturen, als Beitrag zur friedlichen Begegnung – das ist die Aufgabe, vor der wir angesichts der durch Krieg und Gewalt ums Leben Gekommenen stehen! So lange immer noch Menschen glauben, politische, wirtschaftliche, ethnische oder religiöse Konflikte mit Waffengewalt lösen zu können, so lange muss die Arbeit für den Frieden weitergehen. Die Sportorganisationen leisten über viele Grenzen hinweg im Sinne der Olympischen Idee europäische und internationale Friedensarbeit. Eine besondere Rolle spielen dabei auch die in diesem Jahr in Singapur erstmals und mit großem Erfolg durch-geführten Olympischen Jugendspiele. Über den Sport hinaus wurde dort der Begegnungs- und Friedensgedanke lebendig weitervermittelt und die kulturelle Verständigung zwischen den Völkern gefördert.

Auch die seit Anfang der 90er Jahre immer wiederkehrenden Bemühungen um den Olympischen Waffenstillstand sind in diesem Zusammenhang zu erwähnen. Der Olympische Waffenstillstand war Grundstein, unantastbares Prinzip und Voraussetzung für die Organisation und Fortsetzung der Olympischen Spiele im Altertum.

Hervorzuheben sind auch die Initiativen der Vereinten Nationen, die Rolle des Sports für Entwicklung und Frieden in der Welt zu stärken. Ein sichtbares Zeichen dafür ist die Einsetzung eines Sonderberaters für Sport im Dienst von Entwicklung und Frieden durch den UN-Generalsekretär; eine Aufgabe, die 2008 Wilfried Lemke, der ehemalige Manager von Werder Bremen und Sport-, Bildungs- und Innensenator von Bremen, übernommen hat. Die enge Verbindung zwischen den Organisationen des Sports, hier insbesondere des IOC, und den Vereinten Nationen drückt sich auch in der Verleihung des Beobachterstatus an das IOC bei den Vereinten Nationen aus. All dies sind Zeichen der Ermutigung!

Die gesellschaftliche Aufgabe, die die Politik dem Sport mittlerweile zuschreibt, ist gewachsen. Zahlreiche Initiativen im In- und Ausland beweisen, welches Potenzial der Sport als Beitrag zur Völkerverständigung besitzt. Dies bestätigen bilaterale und internationale Maßnahmen des deutschen Sports, wie der Jugendaustausch mit verschiedenen Ländern, nach dem Zweiten Weltkrieg. Weltweit gibt es zahlreiche Initiativen, die den Sport bewusst als Möglichkeit zur Begegnung von Menschen und Völkern nutzen.

Und auch auf Länderebene initiiert der Sport Projekte, die der Verständigung von Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen dienen. Die Friedensarbeit des Sports wird gebraucht. Sie kann dazu beitragen, dass aus dem Leid des vergangenen Jahrhunderts und unserer Zeit dauerhafter Frieden zwischen den Völkern und Kulturen unserer Welt erwächst. (…)“

DOSB

 

author: GRR

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