Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Energiebilanz und Fettstoffwechsel ©privat
Energiebilanz und Fettstoffwechsel – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Der Energieverbrauch setzt sich aus dem Grundumsatz, der Thermogenese durch Nahrungsaufnahme und dem Arbeitsumsatz zusammen.
Der Grundumsatz ist der Energieverbrauch unter Ruhebedingungen. Die Höhe des Grundumsatzes wird in erster Linie durch die Muskelmasse bedingt. Den täglichen Grundumsatz in kcal können Sie mit der einfachen Formel Körpergewicht x 20 (Frau) bzw. Körpergewicht x 23 (Mann) abschätzen.
Für körperlich inaktive Menschen liegt er allerdings darunter. Die Thermogenese durch Nahrungsaufnahme beruht auf dem Energieverbrauch für Verdauung, Aufnahme und Transport der Nährstoffe. Die Thermogenese durch Nahrungsaufnahme ist abhängig vom Geschlecht, Alter und der Nahrungszusammensetzung. Der Arbeitsumsatz entspricht dem Energieaufwand für die körperliche Aktivität. Der Arbeitsumsatz hängt insbesondere vom Ausmaß der eingesetzten Muskelmasse und der Intensität der Muskelarbeit ab.
Wer abnehmen will, sollte neben einer sinnvollen Ernährungsumstellung in erster Linie mehr körperliche Aktivität in sein Leben bringen (Aderhold und Weigelt 2012). Damit wird der Stoffwechsel angeregt und mehr Energie verbraucht. Durch ein Ausdauersportprogramm wie z.B. Laufen werden zwar ordentlich Kalorien verbraucht, dies bringt aber nur dann etwas, wenn Sie nicht gleichzeitig mehr essen. Körperfett kann nur bei einer negativen Energiebilanz (Energieverbrauch größer als Energiezufuhr) abgebaut werden. Die Art der körperlichen Aktivität ist dabei sekundär. Sie sollten „nur" regelmäßig aktiv sein (Minimum 3-mal pro Woche) und Ihre Form der Aktivität sollte über die Intensität der üblichen Alltagsbelastung hinausgehen.
Eine reine Kalorienverminderung durch „Diät" ohne gleichzeitige körperliche Aktivität führt langfristig zu einem Absinken des Grundumsatzes – der Stoffwechsel läuft auf Sparflamme – und einem Abbau von Muskulatur. Wenn Sie dann wieder normal essen, kommt es erneut zur Gewichtszunahme (Jo-Jo-Effekt).
Die Energiebereitstellung wird primär von der Belastungsintensität bestimmt, dabei gibt es kein Nacheinander sondern immer ein Miteinander der verschiedenen Arten der Energiegewinnung. Der ideale Trainingsbereich um Kalorien zu verbrennen liegt bei 80 – 85% der maximalen Herzfrequenz. Natürlich ist es unsinnig, wenn man aus diesem Grund immer möglichst schnell laufen würde. Dies führt zwangsläufig zur Überlastung und Müdigkeit. Zielführend kann nur ein sinnvoll aufeinander abgestimmtes Training sein.
Besonders die intensiven und langen Trainingseinheiten führen zu einer Entleerung der Glykogenspeicher und zur gesteigerten Stresshormonproduktion. Deshalb muss gerade nach diesen Einheiten ein extensives bzw. regeneratives Training folgen, damit der wirksame Reiz auch verarbeitet werden kann und eine Leistungssteigerung bewirkt. Forderung aber nicht Überforderung ist das Prinzip, Erholung ist wichtiger Bestandteil eines sinnvollen Trainingsprozesses.
Der gesamte Energieumsatz ergibt sich aus der Intensität und der Belastungsdauer. Abnehmen können Sie nur, wenn der Energieverbrauch die Energieaufnahme übersteigt, d.h. bei einer negativen Bilanz. Am besten gelingt Ihnen dies mit einer Kombination von Ernährungsumstellung und Bewegung (Melanson et al. 2009; Jeukendrup 2005).
Neben dem Ausdauertraining ist das Krafttraining besonders zum Abnehmen und damit zur Körperfettreduktion geeignet. Intensives Krafttraining bringt einen ähnlichen Energieumsatz wie ein gleich langes Ausdauertraining. Außerdem bewirkt ein intensives Krafttraining eine Zunahme der Muskelmasse mit Erhöhung des Grundumsatzes und einen guten Nachbrenneffekt. Darunter versteht man eine Aktivierung des Stoffwechsels mit Energieumsatz auch noch nach Beendigung der Trainingseinheit. Durch eine kräftige Muskulatur wird zudem der Bewegungsapparat entlastet.
Fettstoffwechsel
Ein Training des Fettstoffwechsels hat primär nichts mit Fettabbau und Gewichtsreduktion zu tun. Ziel dieses Trainings ist, über langdauernde extensive Belastungen die muskuläre Energiebereitstellung durch vermehrte Verbrennung von Fettsäuren zu ökonomisieren. Die Glykogenspeicher werden dadurch geschont.
Das Fettstoffwechseltraining nach der extensiven Dauermethode ist die Grundlage für die Langzeitausdauer des Langstreckenläufers.
Die Fähigkeit, effektiv Fett zur Energiegewinnung zu verbrennen, ist für die Ausdauerleistungsfähigkeit aber auch für die Gesundheit von Bedeutung. Ausdauertrainierte Sportler haben eine ausgeprägte Kapazität zur Oxidation von Fettsäuren (Jeukendrup et al. 1998). Demgegenüber besitzen Übergewichtige sowie Patienten mit Insulinresistenz und Diabetes mellitus eine eingeschränkte Fettstoffwechselkapazität, was zu einer vermehrten Fetteinlagerung in den Geweben führt.
Die Belastungsintensität beeinflusst den Fettumsatz bei körperlicher Aktivität. Während der Anteil des Kohlenhydratstoffwechsels an der Energiebereitstellung proportional zur Intensität ansteigt, findet man beim Fettumsatz mit steigender Intensität zunächst einen Anstieg, der dann bei höheren Intensitäten wieder abfällt. Die höchste Fettstoffwechselrate wurde für Trainierte bei einer Intensität von 65% der maximalen Sauerstoffaufnahme gefunden (Achten u. Jeukendrup 2003; Jeukendrup 2005; Scharhag-Rosenberger 2012).
Dies entspricht beim Laufen einer Intensität, bei der man sich noch gut unterhalten kann (extensiver Dauerlauf – EDL). Für Untrainierte wurde die maximale Fettstoffwechselrate bei 50% der maximalen Sauerstoffaufnahme ermittelt, also bei einer geringeren Belastung. Allerdings wurde auch eine erhebliche individuelle Streubreite festgestellt. Eine wichtige Rolle spielt auch die Belastungsdauer.
Die Aufnahme von Kohlenhydraten in den Stunden vor der Belastung führt zu einem Insulinanstieg und einer um bis zu 35% verringerten Fettoxidation (Achten u. Jeukendrup 2003). Eine kohlenhydratarme Kost resultiert in einer hohen Fettstoffwechselrate (Pöhlitz 2013). Die höchsten Lipidoxidationsraten können im Nüchternzustand nach nächtlicher Nahrungskarenz erzielt werden. Ein Training ohne vorhergehendes Frühstück wird eingesetzt, um die Fettstoffwechselkapazität der Muskulatur zu erhöhen. Bisher konnte dies aber durch Studien noch nicht hinreichend belegt werden.
Mit zunehmender Belastungsdauer (Ultra-Ausdauerwettbewerbe) gewinnt der Fettstoffwechsel an Bedeutung. Es hat sich gezeigt, dass Frauen bei fast allen Intensitäten einen höheren Fettumsatz als Männer aufweisen und der höchste Umsatz auch bei höheren Intensitäten auftritt (Venables et al. 2005).
Viele Nahrungsergänzungsprodukte werden mit einer Verbesserung des Fettmetabolismus beworben. Bisher gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Daten, dass Koffein, L-Carnitin, Chrom, Ginseng, grüner Tee, Pyruvat u.a. wirklich unter Belastung die Fettoxidation verbessern (Jeukendrup u. Aldred 2004; Spriet 2010).
Auch Umweltbedingungen beeinflussen die Substratwahl des menschlichen Stoffwechsels. Aufenthalt in der Höhe und hohe Umgebungstemperaturen verstärken den Kohlenhydratstoffwechsel und reduzieren die Fettoxidation.
Regelmäßiges sportliches Training (3-mal pro Woche 30 – 60 Minuten) – und insbesondere Ausdauersport wie z.B. Laufen, führt zu einer verbesserten muskulären Ausstattung mit Enzymen des Fettstoffwechsels und einer Vergrößerung der Fettdepots in den Zellen der Skelettmuskulatur. Die Mitochondriendichte und die Durchblutung durch verstärkte Bildung von Kapillaren verbessern sich, was den Fettstoffwechsel begünstigt. Das beugt der Entwicklung von kardiovaskulären und metabolischen Erkrankungen vor.
Bei geringer Intensität werden bis zu 60% der gesamten Kalorien aus den Fettreserven verbrannt. Mit zunehmender Intensität verschiebt sich das Verhältnis, bei einem strammen 10-km-Lauf verbraucht man ca. 70% Kohlenhydrate und 30% Fett.
Fälschlicherweise wird angenommen, dass man durch langsames Training absolut mehr Fett verbrennt. Wenn man aber durch ein Training mit geringer Intensität in der Stunde etwa 200 kcal mehr verbraucht und davon 60% als Fett, so entspricht dies 120 kcal.
Verbraucht ein intensiveres Training in der Stunde aber 600 kcal mit nur 30% Anteil Fett, so sind das aber immerhin 180 kcal. Sie trainieren also den Fettstoffwechsel immer mit, auch wenn Sie schneller laufen. Es gibt keine spezielle „Fettverbrennungszone" oder ein „Fettverbrennungspuls".
Dr. Dr. med. Lutz Aderhold
Literatur:
Achten J, Jeukendrup AE. The effect of pre-exercise-carbohydrate feedings on the intensity that elicits maximal fat oxidation. J Sports Sci 2003; 21: 1017-24.
Achten J, Jeukendrup AE. Maximal fat oxidation during exercise in trained men. Int J Sports Med. 2003; 24: 603-8.
Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.
Jeukendrup AE, Saris WH, Wagenmakers AJ. Fat metabolism during exercise: a review. Part II: regulation of metabolism and the effects of training. Int J Sports Med 1998; 19: 293-302.
Jeukendrup AE, Aldred S. Fat supplementation, health, and endurance performance. Nutrition 2004; 20: 678-88.
Jeukendrup AE. Fettverbrennung und körperliche Aktivität. Dtsch Z Sportmed 2005; 56: 337-8.
Melanson EL, MacLean PS, Hill JO. Exercise improves fat metabolism in muscle but does not increase 24-h fat oxidation. Exerc Sport Sci Rev 2009; 37: 93-101.
Pöhlitz L. Fettstoffwechsel, Kilometer und Geschwindigkeiten. Condition 2013; 44 (9) 70-3.
Scharhag-Rosenberger F. Fettstoffwechseltraining. Dtsch Z Sportmed 2012; 63: 357-59.
Spriet LI. Metabolic regulation of fat use during exercise and in recovery. Nestle Nutr Inst Workshop Ser 2011; 69: 39-53.
Venables MC, Achten J, Jeukendrup AE. Determinants of fat oxidation during exercise in healthy men and women: a cross-sectional study. J Appl Physiol 2005; 98: 160-7.
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Aderhold/Weigelt: Laufen! Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag