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26
06
2013

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold - Eiweiß - für Leistung und Regeneration ©privat

Eiweiß – für Leistung und Regeneration – Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

By GRR 0

Leben bedeutet eine ständige Zellerneuerung und damit Proteinaufbau. Die Bausteine hierfür sind 20 Aminosäuren. Der größte Eiweißspeicher ist unsere Muskulatur, im gesamten Körper sind etwa 110 g Aminosäuren gespeichert, davon sind im Blut etwa 5 g freie Aminosäuren vorhanden. Da unser Organismus Aminosäuren nur unzureichend speichern kann, ist täglich mit der Nahrung die Aufnahme von hochwertigem Eiweiß wichtig.

Ein häufiger Fehler bei Diäten aber auch einem intensiven Training ist eine zu geringe Einweißzufuhr, denn Eiweiß ist wichtig für den Muskelaufbau und die Funktion des Immunsystems. Fehlt es an Eiweißbausteinen ist die Regeneration verzögert und die Infektanfälligkeit steigt. Auch zur Bildung von Enzymen (Biokatalysatoren), Hormonen und Botenstoffen (Neurotransmittern) werden Aminosäuren benötigt. Die Hormone Insulin, Testosteron und das Wachstumshormon (STH) wirken proteinaufbauend (anabol), höhere Kortisolkonzentrationen wirken proteinabbauend (katabol).  

Bei rein vegetarischer Ernährung kann es problematisch werden, alle Aminosäuren in ausreichender Menge aufzunehmen. Vegetarier sollten darauf achten, dass bei jeder Mahlzeit ein Nahrungsmittel dabei ist, das Proteine enthält (s.u.). Die Ernährung unserer Urahnen, den steinzeitlichen Jägern und Sammlern, war sehr eiweißreich mit einem Anteil von 20 – 35 %.

Der Eiweißgehalt unserer heutigen Ernährung beträgt ca. 5 – 15 %. Wir sind von unserer genetischen Physiologie also durchaus dafür ausgestattet, mehr Eiweiß zu verwerten. Nur bei eingeschränkter Nierenfunktion muss die Eiweißzufuhr angepasst werden.

 

Gute Eiweißquellen sind:

 

   – Quark, Molke und andere Milchprodukte,

   – Tofu,

   – Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen, Bohnen und Erbsen,  

   – Nüsse und Samen,

   – Keime und Sprossen,

   – Getreide, z.B. Amaranth, Weizen,

   – Eier,

   – Fisch,

   – mageres Rindfleisch, Wild und

   – Geflügelfleisch ohne Haut.

 

Rotes Fleisch ist reich an Eisen und Zink, 2 Mineralien, die für die Leistung und Gesundheit eines Sportlers wichtig sind. Durch die Ballaststoffe der Hülsenfrüchte werden der Darm gereinigt und die  schlechten Blutfette gesenkt, außerdem werden Mineralien gleich mitgeliefert. Eier sind gesunde Lebensmittel, enthalten viel hochwertiges Eiweiß und Lecithin. Das enthaltene Cholesterin beeinflusst den Blutfettspiegel kaum und erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht.

Der Referenzwert für die biologische Wertigkeit von Eiweiß ist auf Vollei (100)  bezogen. Das heißt, der Körper kann aus 100 g Hühnereiweiß 100 g körpereigenes Eiweiß bilden. Mit einer geschickten Kombination kann man die biologische Wertigkeit auf Werte über 100 erhöhen: Ei und Kartoffel haben zusammen einen Wert von 136, Eier und Brot 123, Quark und Kartoffel sowie Rindfleisch und Kartoffel von 114.

Besondere Bedeutung kommt dabei dem Gehalt an essentiellen Aminosäuren zu.

Der Mensch kann das Eiweiß aus tierischen Produkten einfacher verwerten als aus pflanzlichen Lebensmitteln. So ist das Eiweiß aus Eiern und Milch besonders hochwertig für uns. Molkeeiweiß enthält viele essentielle Aminosäuren und ist daher so wertvoll. Schlechtere Eiweißquellen sind Käse, Wurst und fettes Fleisch, aber auch fette Milchprodukte. Fisch hat die besonders wertvolle Kombination von hochwertigem Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren.

Molkeprotein ist ein guter Spender für die Aminosäure Cystein, die als Grundlage für die Glutathion-Synthese dient. Glutathion ist der wichtigste Radikalfänger (Antioxidans). Molke ist ein hochwertiges Lebensmittel, das wertvolle Inhaltsstoffe wie  Molkeproteine, Laktose, Mineralstoffe und Vitamine enthält. Gleichzeitig hat sie einen geringen Fettgehalt. Molkeproteine besitzen durch den hohen Gehalt an essentiellen Aminosäuren eine hohe biologische Wertigkeit.

Molke wird schnell verdaut und ins Blut aufgenommen. Sie ist reich an  den verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin, die schnell ins Muskelgewebe eingelagert werden. Beim Sportler ist der Bedarf an Valin, Leucin und Isoleucin besonders in der Phase der Regeneration erhöht. Molkeprotein hat dadurch eine hohe muskelaufbauende Wirkung.

Eiweiß kurbelt den Stoffwechsel an und führt zu mehr Fettverbrennung. Schnelle Kohlenhydrate, die die Insulinproduktion ankurbeln würden, durch Eiweiß zu ersetzen, ist sinnvoll. Von den 20 proteinogenen Aminosäuren des Menschen sind 8 essentiell (Lysin, Phenylalanin, Tryptophan, Leucin, Isoleucin, Methionin, Valin und Threonin). Diese kann unser Körper nicht synthetisieren. Wir müssen sie mit der Nahrung aufnehmen.

In hochwertigen Eiweißen sind viele dieser essentiellen Aminosäuren enthalten. Aminosäuren wie Glutamin, Valin und Isoleucin, die zu Glucose abgebaut werden können, werden als glukogen bezeichnet. Im Gegensatz dazu nennt man Aminosäuren wie Lysin und Leucin, die im Körper zu Ketonkörper abgebaut werden, als ketogen.

Die Kombination von mehr Bewegung und Ernährungsumstellung mit mehr Eiweiß ist ein gutes Rezept für eine erfolgreiche Diät.

 

Die Bedeutung von Eiweiß im Ausdauersport Laufen

 

Wer sich viel bewegt und Sport treibt kann ruhig 15 – 20 % der Gesamtkalorien mit Eiweiß aufnehmen und einen Bluteiweißwert von über 7 g/dl haben. Muskelaufbau bedeutet nicht nur Training, dazu gehören auch die nötigen Grundbausteine, nämlich Aminosäuren. Lustlosigkeit und Müdigkeit im Training können ein Zeichen für eine muskelabbauende (katabole) Stoffwechsellage sein (Aderhold und Weigelt 2012).

Direkt nach dem Sport ist die Aminosäureaufnahme im Muskel besonders hoch. Deshalb sollten  nicht nur die Glykogenspeicher durch Kohlenhydrate wieder aufgefüllt werden, sondern auch Aminosäuren z.B. in Form von Molkeeiweiß aufgenommen werden. Die Zufuhr von Aminosäuren hat einen stimulierenden (anabolen) Effekt auf die Proteinsynthese und damit Regeneration der Muskulatur. Dies kann man mit einem Sportgetränk, das  Molkeeiweiß enthält (z.B. ULTRA SPORTS Refresher) oder einem guten Eiweißkonzentrat erreichen.

Bei Langzeitausdauerbelastungen werden auch Proteine in den Energiestoffwechsel einbezogen (5 – 10% der Gesamtenergie). Mehr Aminosäuren werden dann abgebaut, wenn die Glykogenspeicher   nicht optimal gefüllt sind oder der Fettstoffwechsel nicht ausreichend trainiert ist. Die Gluconeogenese erfolgt aus Glycerol, Lactat und Aminosäuren (besonders Alanin, Valin, Leucin und Isoleucin). Aus 1g Aminosäuren werden ca. 0,6 g Glucose gebildet. Während eines Marathon- oder 100-km-Laufs werden pro Stunde ca. 5g Proteine für die Gluconeogenese abgebaut.

In der Phase unmittelbar nach einer Belastung werden zugeführte Kohlenhydrate vermehrt in Form von Glykogen in den Muskeln eingelagert. Auch Proteingaben werden in dieser Phase schnell eingesetzt, um Muskelschädigungen zu reparieren. Die Kombination Kohlenhydrate/Proteine direkt nach der Belastung ist also sinnvoll, die Erholung wird verkürzt.

Ob eine Proteinzufuhr während einer Ausdauerbelastung für die Energiebereitstellung von Vorteil ist, kann noch nicht abschließend beurteilt werden, da hierzu bisher widersprüchliche Studienergebnisse vorliegen. Durch die Aufnahme von Kohlenhydraten und Aminosäuren während der Belastung wird momentan eine Schonung der Aminosäurenreserve angenommen.

Gerade bei Langzeitausdauerbelastungen wirken die gleichzeitige Aufnahme von Aminosäuren verletzungsprophylaktisch und das Immunsystem unterstützend.

Bei einer Protein-Kohlenhydrat-Kombination kommt es im Gegensatz zu einer reinen Kohlenhydratzufuhr zu einer deutlich gesteigerten Insulinfreisetzung. Insulin ist ein anabol wirkendes Hormon, das für die Glukoseverwertung verantwortlich ist, aber auch für die Aufnahme und Verwertung der Aminosäuren in der Muskelzelle.

Die Proteinmenge, die der Sportler täglich benötigt hängt von der Sportart, dem Geschlecht und dem Belastungsumfang ab und beträgt 1,2 bis 2,2 g/kg Körpergewicht. Bei einer höheren Aufnahme werden die überschüssigen Proteine energetisch verwertet. Vegetarier sind bei der Proteinaufnahme im Nachteil, weil die biologische Wertigkeit der Pflanzenproteine die der tierischen Proteine nicht erreicht. Der Eiweißbedarf von Freizeitsportlern kann problemlos über die Ernährung mit der Zufuhr von biologisch hochwertigen tierischen und pflanzlichen Proteinquellen gedeckt werden.

 

Proteinbedarf im Leistungssport

 

Auch für Leistungssportler sollte die Ernährung immer die Basis der Proteinversorgung sein. In der Zeit des Grundlagentrainings (allgemeine Vorbereitungsperiode) reicht eine Eiweißzufuhr von 1,2 – 1,7 g/kg Körpergewicht. In der speziellen Vorbereitungsperiode und unmittelbaren Wettkampfvorbereitung benötigt der Körper Eiweiß in einer Menge von 1,7 – 2,2 g/kg Körpergewicht. In Phasen hoher Belastung kann die Ergänzung mit einem hochwertigen Eiweißkonzentrat auf Molkebasis sinnvoll sein. Auch Proteinriegel können als handliche Snacks eine Ergänzung darstellen.

Die Sorge, dass zu viel Eiweiß die Nieren schädigen könnte, ist für den gesunden Sportler unbegründet. Einschränkungen ergeben sich nur für nierenkranke Menschen (Konopka 2012).

Über den Sinn einer Aminosäurensubstitution im Sport gehen die Meinungen auseinander. In Phasen hoher Belastung soll dadurch die muskuläre Regeneration gefördert werden. Außerdem wird eine Verbesserung des Glycogenaufbaus, Unterstützung der Gluconeogenese und Stabilisierung des Immunsystems mit Vermeidung eines Übertrainingsyndroms vermutet.

Eine Eiweiß- oder gezielte Aminosäurensubstitution kommt aber nur für den Leistungs- und Spitzensportler in Frage.

 

Training wirkt nur bei angemessener Regeneration sowie vollwertiger Ernährung und dazu gehört auch die Versorgung mit Eiweiß.

  

Regeln zur Ernährung mit Eiweiß:

 

– Achten Sie auf eine hohe biologische Wertigkeit des Eiweißes!

– Tauschen Sie öfter eine kohlenhydratreiche Mahlzeit gegen ein eiweißhaltiges Gericht!

– Essen Sie fettarmes Eiweiß: mageres Fleisch, fettreduzierte Milchprodukte, Magerquark!

 

Dr. Dr. med. Lutz Aderhold

 

Literatur:

 

Aderhold L, Weigelt S. Laufen! … durchstarten und dabeibleiben – vom Einsteiger bis zum Ultraläufer. Stuttgart: Schattauer 2012.

Konopka P, Sporternährung. Grundlagen, Ernährungsstrategien, Leistungsförderung. München: BLV 2012.

 

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Das Buch von Aderhold/Weigelt:

 

Aderhold/Weigelt: Laufen! Die Buchvorstellung aus dem Schattauer Verlag

 

 

 

 

author: GRR

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