Denis Koech alias Dennis Koech alias Dennis Kipruto Kimelli ©Helmut Winter
Ein schlechter Aprilscherz beim Berliner Halbmarathon. Oder: Wie ein Kenianer in nur zwei Monaten über fünf Jahre alter wurde. Helmut Winter berichtet
Sein Name ist Denis Koech, er ist Jahrgang 1994 und gewann am 1. April (!) nach seinem Debut im Februar 2012 in Ras Al Khaimah auch den Berliner Halbmarathon in 59:14. Diese Zeit war bei keinesfalls optimalen Bedingungen immerhin so gut, dass der junge Kenianer seinem legendären Landsmann Sammy Wanjiru den U20-Weltrekord von 59:16 aus dem Jahr 2005 in Rotterdam abnahm.
Doch in der Rückschau entpuppt sich die ganze Geschichte als ein schlechter Aprilscherz, denn bis auf seine beiden Siege im Emirat und in Berlin sowie die erzielten Zeiten ist an den obigen Angaben so gut wie nichts korrekt. Dass sich der Vorname des (jungen) Mannes nicht „Denis" sondern „Dennis" schreibt, ist eher marginal im Vergleich zu den restlichen Angaben zu seiner Person.
Denn um einen Läufer zweifelsfrei in der Flut kenianischer Athleten, die mit Anbruch der Straßenlaufsaison nach Europa kommen, zu identifizieren, reicht ein Vorname bei den vielen Koechs, Kosgeis, Kiprutos oder Muteis kaum noch aus. Prominente Beispiele der Verwechslung gibt es mittlerweile einige.
Im aktuellen Fall ist die Sache aber ungleich komplexer, Dennis hat nämlich gar nicht den Nachnamen Koech, sondern wird in seinem Pass als Dennis Kipruto Kimetto geführt, was in der Tat mit seinem Nachnamen am 1. April in Berlin nicht viel gemein hat. Und in dem gleichen Pass ist auch ein Geburtsdatum eingetragen: 1984. Somit siegte „offiziell" in Berlin ein 28jähriger, und der Junioren-Weltrekord im Halbmarathon bleibt dem Sammy noch erhalten.
Während Unstimmigkeiten mit Angaben in Pässen aus dem Heimatland der besten Läufer sicher keine Rarität sind, ist das in dem aktuellen Fall schon sehr ärgerlich, zumal hier ein „Nobody" sich anschickt, eine große Karriere auf den Straßen der Welt zu starten. Bisher zwei Starts und dabei zwei Siege bei hochkarätig besetzten Straßenläufen von internationaler Spitzenklasse sprechen für sich. Sie haben bereits nach wenigen Monaten für erhebliche Aufmerksamkeit für den „jungen" Mann gesorgt und „Den(n)is Koech" weltweit bekannt gemacht. Auch in Sieger- und Bestenlisten hat er sich an prominenten Stellen damit eintragen können. Das ist jetzt wohl zu korrigieren.
Um eine solche Korrektur der Daten fundiert zu betreiben, wäre es allerdings vonnöten diese durch verlässliche – im besten Fall sogar nachprüfbare – Fakten zu ersetzen. Das scheint aktuell aber ein Problem zu sein. Denn wie alt der gute Dennis wirklich ist, weiß aktuell eigentlich keiner so richtig, vielleicht sogar selbst der Betroffene nicht.
Eine Abschätzung von 23 bis 25 Jahren, die der Race Director von Berlin, Mark Milde, auf der Pressekonferenz nach dem Berlin Halbmarathon am 1. April andeutete, trifft die Dinge wohl recht gut, und deckt sich auch mit den Angaben, die von seinem holländischen Manager zu erfahren waren. Auch mathematisch liegt diese Schätzung im sinnvollen Regime, da diese in etwa dem Mittelwert der Altersangaben in den beiden Pässen entspricht, die der gute Mann vorweisen kann.
Dabei wäre die Geschichte mit seinen zwei Pässen gleichfalls ein gelungener Aprilscherz gewesen, sie ist aber Realität. Als nämlich Dennis im letzten Jahr bei Crossläufen in Kenia seinem heutigen Manager auffiel und dieser ihm einen Start beim Halbmarathon in Ras Al Khaimah in Aussicht stellte, stand diesem Unterfangen der im Pass aufgeführte Jahrgang 1994 im Wege. Damit war er zu jung, um eine Ausreise aus Kenia zu bekommen. Mit einem neuen Pass, in dem seine Geburt auf das Jahr 1984 vorrückte, stand einem Start und einem überraschenden Sieg gegen die Weltelite bei einem der besten globalen Halbmarathons nichts im Wege.
Aber in der internationalen Szene angekommen, beließ man es beim Juniorenalter, was den jungen Mann offenkundig noch interessanter machte. Danach nahmen die Dinge ihren Lauf und hätten auch kaum jemanden weiter interessiert, wenn sich nicht auch in Berlin der Erfolg eingestellt hätte. Und spätestens bei Einträgen in Rekordlisten hört dann der Spaß mit dem Spiel von Namen und Alter auf, obwohl der Wechsel von Namen der Mutter und des Vaters bei kenianischen Athleten durchaus üblich ist. Der aktuelle Weltrekordler im Marathon Patrick Makau ist diesbezüglich ein gutes Beispiel, als Patrick Musyoki bestritt er seine ersten Wettkämpfe wie die „25 km von Berlin", die er gewann.
Deshalb wäre es mehr als angebracht, glaubwürdige Daten in dem vorliegenden Fall zu präsentieren und seine bisherigen Ergebnisse entsprechend zu aktualisieren. Das sind momentan nur zwei Einträge, was machbar sein sollte.
Denn von der sportlichen Seite hat „Dennis Kipruto Kimetto" alias „Denis Koech" ein derart hohes Potential, dass sich sonst diese Problematik häufen könnte. Das ist eigentlich niemanden zuzumuten.
Helmut Winter
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