Symbolforo: Löningen Cross DM 2017 (v. r.) Tobias Blum (747), Jonas Hoffmann (862) und Samuel Fitwi (718). ©Wilfried Raatz/ wus-media
Ein Phantom namens Samuel Fitwi (5) – (Löningen) Crosslauf 2017: Obwohl der LGV-Athlet bei der Deutschen Meisterschaft lange führt, fehlt er in der Statistik. Warum?
Mit dem Aufsehen erregenden Beitrag „Neue DLV-Regelung erschwert Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland“, erschienen am 5. April 2017 bei www.germanroadraces.de, hat die Interessenvereinigung der großen Läufe (GRR) eine Diskussion entfacht.
In mehreren Beispielen aus der Praxis soll versucht werden, die in dieser Form vom DLV verabschiedete Regelung in Frage zu stellen.
GRR fordert vom Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) eine Abkehr von dieser starren und restriktiven Haltung.
German Road Races (GRR) e.V.
Löningen – Samuel Fitwi taucht in keiner Statistik der Deutschen Crosslauf-Meisterschaften auf. Tobias Blum (LC Rehlingen) dominierte das Rennen der unter 23-Jährigen über mehr als acht Kilometer, so die Lesart auf dem Internet-Portal leichtathletik.de.
Kein Wort, dass noch etwa 400 Meter vor dem Ziel jemand anderes das Feld anführte.
Ein Video des Rennens zeigt einen dunkelhäutigen Läufer im Trikot der LG Vulkaneifel (LGV) zusammen mit Blum: Samuel Fitwi, 21 Jahre alter Flüchtling aus Eritrea, der seit gut zwei Jahren in der Eifel lebt.
Nach Aussage des zweiten LGV-Vorsitzenden Yannik Duppich lag sein Vereinskamerad 100 Meter vor Blum, als die LGV-Verantwortlichen ihn aus dem Rennen nahmen. Zu dieser drastischen Maßnahme griff Willy Oelert nach einem Hin und Her mit der Wettkampfleitung.
Fitwis Trainer wollte sicherstellen, dass sein Schützling außerhalb der Wertung mitlief, wie dies auch nach der Neufassung der Wettkampfordnung für Ausländer möglich sein soll (siehe Extra). Nur der Vermerk "aW" fehlte in der Meldeliste. Wohl erst zu diesem Zeitpunkt wurde den Verantwortlichen in Löningen klar, dass Fitwi genauso wie sein belgischer LGV-Teamkamerad Christoph Gallo gar keine Startnummer hätte bekommen dürfen.
Die Situation drohte zu eskalieren, als Fitwi die Führung übernahm, berichtete Oelert. Bevor er durch Fremde am Weiterlaufen gehindert würde, habe man ihm lieber von Vereinskameraden signalisiert, aufzuhören.
Für Fitwi wie Gallo hatte die LGV beim Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) einen Antrag auf DM-Start außerhalb der Wertung gestellt. Nach dessen Ablehnung (ohne Begründung) habe man von LGV-Seite darum gebeten, diese Entscheidung zu überdenken, zumindest zu begründen, sagte Oelert.
Es kam keine Reaktion, doch am 9. März 2017, zwei Tage vor der Cross-DM, standen Fitwi und Gallo in der finalen Meldeliste. Der Eindruck: Der DLV hat sich doch umstimmen lassen.
Im letzten Rennen des Tages forderte ein Kampfrichter Gallo kurz vor dem Start auf, seine Startnummer abzugeben. Nach längerer Diskussion startete er mit der Vorgabe, 100 Meter vor dem Ziel (an 16. Stelle liegend) auszusteigen!
Extra
Ausländerregelung: Am 22. November 2016, acht Tage vor Ende der Vereinswechselfrist, hat der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) die Änderung der Regeln zur Teilnahme an Deutschen Meisterschaften für Ausländer mitgeteilt.
Damit soll sichergestellt werden, dass nationale Titelträger auch die deutsche Staatsangehörigkeit haben. Wie bisher sei aber weiterhin die Möglichkeit für eine Teilnahme "außer Wertung" vorgesehen.
Kritik, dass dies zu Integrations-Nachteilen führt, weist der DLV zurück.
Holger Teusch
Holger Teusch im Trierischen Volksfreund vom 15.03.2017:
Die LGV war sich der Ausländerregelung bewusst und hatte auch nicht die Absicht diese in Frage zu stellen. Es ging lediglich um die in der DLV-Ordnung hinterlegte Ausnahmegenehmigung für einen außer Wertungs-Start.
Wie man diese beantragt konnte man beim zuständigen Landesverband (LV Rheinland) nicht sagen und verwies auf den DLV. Von dort kam keine Reaktion, so dass die beiden betreffenden Athleten einfach gemeldet wurden. Wenige Tage nach Meldeschluss tauchten diese dann auch beide in den Starterlisten auf, allerdings ohne „a.W.“-Vermerk.
Erst jetzt kam eine E-Mail vom DLV in der ohne weitere Begründung mitgeteilt wurde, eine Ausnahmegenehmigung könne nur in sehr engem Rahmen vergeben werden und dieser würde hier nicht vorliegen. Gegen diesen Entscheid legte die LGV Widerspruch ein und untermauerte diesen mit weiteren Argumenten. Bis heute keine Reaktion von Seiten des DLV. Nichtsdestotrotz blieben beide in den Starterlisten.
Offenkundig fühlte sich weder der meldende Landesverband (LV Rheinland), noch der ausrichtende LV (LV Niedersachsen), noch der DLV dafür verantwortlich, die Listen dahingehend zu kontrollieren. Als beide Athleten dann ohne Probleme und Anmerkungen ihre Startunterlagen erhielten, musste der Verein davon ausgehen, dass anscheinend doch eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde.
Um einen Eklat zu vermeiden wiesen die Vereinsvertreter im Call-Room dann noch einmal explizit darauf hin, dass es sich um einen außer-Wertungs-Start von Ausländern handelt. Dennoch wurde das Junioren-Rennen mit Samuel gestartet und erst als dieser sich immer weiter nach vorne arbeitete wurde den DLV-Verantwortlichen bewusst, was gerade passierte und nach langen Diskussionen wollten sie den Athleten aus dem Rennen nehmen. Dies verhinderte der Verein dadurch, dass er selber den Athleten wenige hundert Meter vor dem Ziel aus dem Rennen nahm.
Dem zweiten Starter, einem Belgier im Männer Langstreckenrennen, sollte zunächst der Start verwehrt werden, was dieser nur durch die Zusage verhindern konnte, dass er das Rennen hundert Meter vor dem Ziel beenden würde. Im Laufe der Diskussion mit den DLV-Verantwortlichen wurde wenigstens einigen von denen bewusst, dass der DLV mit seiner mangelhaften Kommunikation zumindest eine Mitschuld an der Situation trägt.
Der Zusage dieses Thema noch einmal mit in die Gremien zu nehmen und der Ursache für die nicht erfolgte Kommunikation auf den Grund zu gehen und sich zurückzumelden folgte bis heute keinerlei Reaktion!
Dennis Oelert im Trierischen Volksfreund vom 15.03.2017
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