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02
06
2012

Dr. Hartmut Wewetzer vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin - Kaffeetrinker leben länger: Heute: Gesunder Genuss. ©privat

Dr. Hartmut Wewetzer vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin – Kaffeetrinker leben länger: Heute: Gesunder Genuss.

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Es gehört für mich zu den größten Freuden, morgens an einem Becher mit heißem Milchkaffee zu nippen. Das ist nicht nur ein belebender Genuss, sondern nebenbei auch bekömmlich. In den letzten Monaten sind immer mehr Untersuchungen veröffentlicht worden, die das belegen oder stark darauf hindeuten.

Vor einer Woche etwa stellten Forscher bei einem Treffen europäischer Bluthochdruck-Experten in London eine Auswertung vieler Studien vor, nach der moderater Kaffeekonsum (bis zu drei Tassen täglich) mit einem geringeren Schlaganfall-Risiko in Verbindung steht.

Hier noch ein paar weitere Ergebnisse. Im November 2011 veröffentlichte Edward Giovannucci von der Harvard-Universität eine Untersuchung, nach der es Hinweise darauf gibt, dass Kaffee vor Gebärmutterkrebs schützt. Einen Monat zuvor fand Fengju Song (ebenfalls Harvard) Ähnliches für Hautkrebs (je mehr Kaffee, umso seltener), andere Forscher bestätigten dies kurz zuvor für Brustkrebs und tödlichen Prostatakrebs.

Und im September 2011 wies Michel Lucas (Harvard) darauf hin, dass Frauen umso seltener depressiv sind, je mehr sie koffeinhaltigen Kaffee trinken.

Nun ist auch im angesehenen „New England Journal of Medicine“ eine große Kaffee-Studie erschienen, die, wen wundert’s, den Trend bestätigt. Mit 400 000 Teilnehmern war sie die bislang größte ihrer Art, die Federführung lag bei Neal Freedman vom Nationalen Krebsinstitut der USA. Die Teilnehmer mussten zu Beginn der Untersuchung 1995/1996 angeben, wie viel Kaffee sie konsumierten. Die Trinkgewohnheiten ändern sich mit den Jahren nur wenig. Bis Ende 2008 wurde der Lebensweg der Versuchspersonen verfolgt, dann begann die Auswertung.

Es stellte sich heraus, dass Männer, die sechs oder mehr Tassen am Tag tranken, in dem 13-jährigen Zeitraum ein um zehn Prozent geringeres Sterberisiko als Kaffeeverächter hatten, bei Frauen waren es sogar 15 Prozent. Schon eine Tasse am Tag war mit einem geringeren Risiko von sechs Prozent (Männer) und fünf Prozent (Frauen) verbunden. Kaffeetrinker starben seltener an Herz- oder Atemwegsleiden, Schlaganfall, Verletzungen, Diabetes und Infektionen. Mit oder ohne Koffein, diese Frage spielte keine Rolle. Was aber ist es dann, was die brauen Bohnen zu potenziellen Lebensrettern macht?

„Es gibt schätzungsweise 1000 verschiedene Bestandteile im Kaffee, die jeder eine ganze Reihe von Effekten haben können“, sagt der Studienleiter Freedman. Möglicherweise bremst Kaffee schädliche Entzündungsprozesse und verstärkt die Wirkung des blutzuckersenkenden Hormons Insulin. Es bleibt noch viel zu erforschen.

Am Schluss muss ich etwas Wasser in Ihr Röstgetränk kippen. Auch wenn Kaffeetrinker länger leben, ist das kein letzter Beweis, dass das am Kaffee liegt. Die Studie weist lediglich auf einen Zusammenhang hin. Es könnte zum Beispiel sein, das Kaffeetrinker noch andere Eigenarten haben, die sich günstig auf ihre Gesundheit auswirken.

Wie auch immer, ich fülle mir meinen Becher jetzt noch einmal nach.

Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegel. Sonntag, dem 20. Mai 2012

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