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30
07
2011

Dr. Hartmut Wewetzer vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Hilfe bei Achtbeiner-Attacken - Der Biss der Spinne ©privat

Dr. Hartmut Wewetzer vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Hilfe bei Achtbeiner-Attacken – Der Biss der Spinne

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Die meisten Menschen fürchten sich vor Spinnen. Vermutlich ist eine Abneigung gegen die Tiere instinktiv in uns verankert. Vielleicht ist die Phobie vor den haarigen Achtbeinern auch ein Zeichen dafür, wie sehr wir uns vom Leben in der Natur entfernt haben. Denn in unseren Breiten sind Spinnen eigentlich harmlose Zeitgenossen.

Ein bisschen eklig vielleicht, aber so mickrig und mit ihren auf kleine Insektenbeute ausgelegten Giftkiefern so schlecht bewaffnet, dass sie uns nicht gefährlich werden können und uns vermutlich gar nicht als Feind ansehen. Dagegen sind Bienen und Wespen mit ihren Giftstacheln schon fast Profis, wenn es um die Abwehr von Menschen und anderen Säugetieren geht.

„Spinnenbisse einheimischer Arten sind in den meisten Fällen völlig unproblematisch“, sagt Carola Seidel von der Informationszentrale gegen Vergiftungen des Landes NRW an der Bonner Uni-Kinderklinik. „Spinnen fliehen eher, als zu beißen.“ Manchmal kommt es zwar vor, dass Kreuzspinnen oder Dornfingerspinnen tatsächlich zubeißen, aber mehr als Rötung, Juckreiz, Schwellung und gelegentlich etwas Schmerzen sind nicht zu befürchten. „Eine Zwiebel drauflegen, kühlen oder eine Antihistaminika-Salbe können die Beschwerden lindern“, sagt Seidel. Eigentlich schade, dass eine so urtümliche Tiergruppe wie die Spinnen ein so schlechtes Image hat. Sind sie doch nicht nur nützlich, sondern auch interessant zu studieren, man denke an Kreuzspinnen und ihre Netze.

Natürlich gibt es anderswo auf der Welt Spinnen, deren Biss unangenehme Folgen haben und selten sogar tödlich sein kann. Aber von den mehr als 41 000 Spinnenarten werden nur wenige dem Menschen gefährlich, wie die Giftexperten Geoffrey Isbister (Newcastle, Australien) und Hui Wen Fan (São Paulo, Brasilien) im Fachblatt „Lancet“ schreiben. Auch hier gilt, dass die Gefahr eher überschätzt wird und oft Insektenbisse, allergische Reaktionen, Hautinfektionen und Verätzungen fälschlicherweise für Spinnenbisse gehalten werden.

Vielen Spinnen wird irrtümlicherweise zugeschrieben, Hautgeschwüre zu verursachen. Doch nur bei der braunen Einsiedlerspinne und verwandten Loxosceles-Arten kann es zu Geschwüren kommen. Die brauchen allerdings mitunter Monate, um zu heilen. Diese Spinnen sind vor allem in Südamerika verbreitet. Weltweit unterwegs ist die Schwarze Witwe, Latrodectus. Ihr Biss ist vor allem sehr schmerzhaft, auch starkes Schwitzen kann die Folge sein.

Ob ein häufig verabreichtes Gegengift bei Einsiedlerspinne und Schwarzer Witwe hilft, ist umstritten. Lebensrettend ist das Gegengift dagegen nach einem Biss der Trichternetzspinne, der „tödlichsten“ Spinnenart. Sie lebt in einer abgelegenen Region im östlichen Australien und hat wenig Kontakt zum Menschen.

Seit der Einführung des Gegengifts 1981 wurde nichts mehr über Todesfälle durch Trichternetzspinnen bekannt. Zum Vergleich: Jedes Jahr sterben Zehntausende durch Attacken von Vipern, Kobras und anderen hochgiftige Schlangen.

Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegel.  Sonnrag, dem 24. Juli 2011

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