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20
06
2009

In etlichen Studien konnte gezeigt werden, dass Bewegung und Sport Licht ins Gemüt bringen. Laufen Sie der schlechten Laune davon! Ein Marathon ist dafür nicht nötig, jeweils 30 Minuten an ein paar Tagen in der Woche genügen vollauf.

Dr. Hartmut Wewetzer – Licht ins Dunkel bringen – Dr. Hartmut Wewetzer vom Tagesspiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Wie man eine leichte Depression selbst bekämpft

By GRR 0

Niedergeschlagen und in düsterer Stimmung, leer und ausgebrannt. Viele Menschen machen irgendwann in ihrem Leben Bekanntschaft mit einer Depression. Aber man kann oft selbst etwas dagegen tun. Zumindest bei leichteren Formen können Sie sich durch Verhaltensänderungen aus dem Stimmungstief befreien. Und wenn es Sie richtig erwischt hat und Sie in Behandlung sind, ergänzen Änderungen im Lebensstil Ihre Therapie sinnvoll.

„Depressionen zu bekämpfen ist ein Krieg, der Tag für Tag geführt werden muss“, sagte Dean MacKinnon, Psychiater an der Johns-Hopkins-Universitätsklinik in Baltimore, dem Online-Portal „WebMD“.
Um diesen täglichen Kampf zu führen, braucht man Routine. Das klingt nach Trägheit, bedeutet aber das Gegenteil. Es bedeutet: Nehmen Sie sich jeden Tag etwas vor. Nichts Hochtrabendes, keine 20-seitigen Arbeitsprogramme. Kleine Schritte genügen. Bleiben Sie aktiv und widerstehen Sie der Versuchung, sich in die Melancholie fallen zu lassen.

In etlichen Studien konnte gezeigt werden, dass Bewegung und Sport Licht ins Gemüt bringen. Laufen Sie der schlechten Laune davon! Ein Marathon ist dafür nicht nötig, jeweils 30 Minuten an ein paar Tagen in der Woche genügen vollauf. Mindestens ebenso wichtig sind eine ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf. Manche Leute mit Depressionen schlafen zu viel, andere finden keine Ruhe. Am besten ist es, jeden Tag zur gleichen Zeit ins Bett zu gehen und aufzustehen.

Wer depressiv ist, neigt dazu, sich selbst abzuwerten. Das Denken über uns selbst und die Welt befindet sich in einer ständigen Abwärtsspirale. Kleinste Anlässe wie eine missverstandene Bemerkung des Chefs („Können Sie den Bericht noch einmal umschreiben?“) führen dazu, dass man sich völlig infrage stellt und alles verloren glaubt.

Diesen negativen Automatismus gilt es zu durchbrechen. Der Depressionsforscher Ian Cook von der Universität von Kalifornien in Los Angeles rät zum Reflektieren. Rekonstruieren Sie, wie es dazu kommen konnte, dass Ihr Tag so gut begann und Sie sich trotzdem mittags schon schlecht fühlen. Beim nächsten Mal sind Sie gewarnt. Der Fahrstuhl in den Keller der schlechten Laune kann rechtzeitig aufgehalten werden.

Gönnen Sie sich einen Spaziergang oder ein paar Entspannungsübungen, wenn Sie merken, dass Sie sich in negative Gedanken verstricken. Und bemühen Sie Ihren Verstand und Realitätssinn, um grotesk übertriebene Ängste auf Normalmaß schrumpfen zu lassen.

Probieren Sie Neues aus. Lesen Sie ein Buch im Park, besuchen Sie einen Sprachkurs. Das kostet Überwindung, weil man sich wie gelähmt fühlt. Es klingt paradox, aber wenn man depressiv ist, muss man sich Lebenslust erarbeiten. Wer sich aufrafft, hat schon fast gewonnen.

Wenn es Ihnen jedoch total dreckig geht und Sie schon vorhaben, sich etwas anzutun, sollten Sie nicht zögern, zum Arzt oder Psychologen zu gehen.

Manchmal braucht man mehr als Selbsthilfe.

Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels.Sonntag, dem 14. Juni 2009

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