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18
10
2009

Trotz eines hochwirksamen Impfstoffs ist die Hepatitis B noch immer ein großes Problem. Mehr als zwei Milliarden Menschen haben eine Infektion durchgemacht, 350 Millionen gelten als ständig infiziert.

Dr. Hartmut Wewetzer – Gegen Krebs geimpft – Dr. Hartmut Wewetzer fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Schutz vor Hepatitis – mit Zusatznutzen

By GRR 0

Eine Impfung gegen Krebs – wenn Ihnen zu diesem Thema der Impfstoff gegen das Papillomavirus einfällt, dann liegen Sie zumindest knapp daneben. Denn die Impfspritze gegen das Humane Papillomavirus HPV soll zwar gegen Gebärmutterhalskrebs schützen, weil HPV die Ursache dieser Krebsform ist. Doch bewiesen ist dieser Effekt noch nicht.

Belegt ist bisher nur ein Schutz gegen Vorstufen von Gebärmutterhalskrebs. Streng genommen darf man demnach noch nicht von einer Impfung gegen Krebs sprechen. Aber ein erfolgreiches Beispiel gibt es bereits: den Schutz gegen Hepatitis B, eine von Viren hervorgerufene Leberentzündung (Gelbsucht).

Trotz eines hochwirksamen Impfstoffs ist die Hepatitis B noch immer ein großes Problem. Mehr als zwei Milliarden Menschen haben eine Infektion durchgemacht, 350 Millionen gelten als ständig infiziert. Jedes Jahr sterben eine Million Menschen an den Folgen einer Infektion mit dem Erreger.

Besonders in Südostasien ist die Hepatitis B verbreitet. In China war vor Einführung der Impfung vermutlich fast jeder zehnte chronisch infiziert, wie eine landesweite Untersuchung vor 30 Jahren ergab. Das Virus wird meist von der Mutter auf das Kind übertragen, häufig bereits während der Schwangerschaft oder unter der Geburt. Die virusbedingte Leberentzündung raubt den Menschen nicht nur Kraft und schwächt ihre Lebensenergie. Sie kann auch zur Schrumpfleber und dem nur schwer behandelbaren Leberkrebs führen. Leberkrebs ist mit rund 600 000 Opfern immerhin die vierthäufigste Krebstodesursache weltweit – noch vor Brustkrebs.

Seit 1981 gibt es einen Impfstoff gegen Hepatitis B, fünf Jahre später nahmen die Chinesen die Impfstoffproduktion auf. Das Ziel ist, alle Kinder zu impfen. Chinesische Ärzte berichten, dass die Zahl chronisch hepatitiskranker Kinder im Alter unter zehn Jahren von zehn Prozent vor der Impfung auf ein bis zwei Prozent im Jahr 2006 zurückging. Insgesamt gebe es nun 30 Millionen chronischer Infektionen weniger.

Bereits 1984 begann Taiwan mit einem umfassenden Impfprogramm für Neugeborene. Ein Vierteljahrhundert später ziehen die Ärzte im Fachblatt „Journal of the National Cancer Institute“ Bilanz. Wie sie berichten, liegt bei geimpften Kindern das Leberkrebs-Risiko um 70 Prozent niedriger als bei Nichtgeimpften. Dass der Schutz nicht noch deutlich größer ausfällt, ist vermutlich wesentlich der Tatsache geschuldet, dass chronisch kranke Mütter das Virus schon übertrugen, bevor das Baby geimpft wurde. Trotzdem: 70 Prozent, das ist bereits ein großer Schritt. Und der Beweis, dass mit dem Lebervirus auch der Leberkrebs verhindert werden kann.

Die Hepatitis-B-Impfung wird auch in Deutschland für Säuglinge im Alter von zwei Monaten empfohlen. Der Schutz vor Leberkrebs ist ein nicht unerheblicher Zusatznutzen. Obwohl das Hauptrisiko für diesen Tumor bei uns nicht ein Virus ist, sondern weit häufiger der Alkohol.

Gegen den hilft bekanntlich keine Impfung.

Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegel.  Sonntag, dem 4. Oktober 2009 

author: GRR

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