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19
02
2010

Salz, besser gesagt das in ihm enthaltene Natrium, ist wichtig für den Flüssigkeitshaushalt und bindet Wasser im Organismus. Aber es hat seine Schattenseiten. Zu viel Salz kann den Blutdruck erhöhen und zum Beispiel Herz- und Nierenleiden verschlimmern

Dr. Hartmut WEWETZER – Eine Prise weniger – Unser Gesundheitsexperte vom Tagespiegel fahndet nach guten Nachrichten in der Medizin. Heute: Wer beim Salz spart, lebt gesünder

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Lassen Sie uns über Salz reden. Nein, nicht über Streusalz. Oder nur indirekt, nach dem Motto: Das Salz, das wir mit dem Essen zu viel aufnehmen, wäre im Moment auf den Straßen glatt besser aufgehoben.

Gesünder wäre diese Umverteilung auch, glaubt man amerikanischen Wissenschaftlern. Allein in den USA würden sich jedes Jahr bis zu 99 000 Herzinfarkte, 66 000 Schlaganfälle und 92 000 vorzeitige Todesfälle weniger ereignen, wenn jeder US-Bürger drei Gramm Salz am Tag weniger zu sich nähme. Drei Gramm entsprechen einem halben Teelöffel. Die Schätzzahlen stammen aus einer Computersimulation, deren Ergebnisse nun im Fachblatt „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurden.

Empfohlen wird eine tägliche Höchstmenge von rund sechs Gramm, ein Teelöffel also. Insgesamt essen männliche Amerikaner pro Tag gut zehn Gramm, Frauen mehr als sieben Gramm Salz. Für Deutschland gibt es keine exakten Zahlen, aber der Salzkonsum dürfte kaum niedriger liegen. Er ist hüben wie drüben zu hoch, und das liegt zu einem wesentlichen Teil an der Nahrungsmittelindustrie.

Dreiviertel unseres Salzkonsums geht auf „prozessierte“ Fertiglebensmittel zurück, auf Salziges wie Kartoffelchips, Tiefkühlpizza und Hühnersuppe aus der Dose. Nur 25 Prozent unseres Verzehrs haben wir mit dem Salzstreuer buchstäblich selbst in der Hand.

Salz, besser gesagt das in ihm enthaltene Natrium, ist wichtig für den Flüssigkeitshaushalt und bindet Wasser im Organismus. Aber es hat seine Schattenseiten. Zu viel Salz kann den Blutdruck erhöhen und zum Beispiel Herz- und Nierenleiden verschlimmern, sagt Brian Buijsse vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung in Rehbrücke. Gesundheitsexperten fordern seit langem, den Salzkonsum der Bevölkerung zu drosseln. In Großbritannien, Finnland und Irland und andernorts hat man entsprechende Programme aufgelegt.

Es ist unwahrscheinlich, dass auch bei uns etwas weniger Salz in die Lebensmittel rieselt. Nachdem bereits die Ampelkennzeichnung für Nahrungsmittel am Protest der Industrie scheiterte, dürfte eine Offenlegung oder Reglementierung des Salzgehalts auf starken Widerstand stoßen. „Man kann damit anfangen, den Salzstreuer weniger zu benutzen“, rät der Ernährungsforscher Buijsse. Es müssen nicht gleich drei Gramm am Tag weniger sein, auch eine leichtere „Entwöhnung“ ist schon nützlich.

Hier soll nicht verschwiegen werden, dass nicht alle Forscher von der Schädlichkeit des Salzkonsums und vom Nutzen einer salzärmeren Ernährung überzeugt sind. Vor allem in Amerika toben regelrechte „Salzkriege“ um diese Frage.

So fordert Michael Alderman vom Albert Einstein College of Medicine in New York zunächst wissenschaftlich klare Belege für einen Nutzen, bevor man die ganze Bevölkerung auf Salzdiät setzt.

In einem hat Alderman sicher recht: Hochrechnungen, auch wenn sie mit scheinbar präzisen Zahlen operieren, sollte man stets mit einer Prise Skepsis begegnen.

Dr. Hartmut Wewetzer leitet das Wissenschaftsressort des Tagesspiegels, Sonntag, dem 14. Februar 2010

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