Während im Olympiastadion 67.164 Zuschauer gezählt wurden – die drittgrößte Zuschauerzahl seit 1937 –, lag die Einschaltquote bei der zweistündigen Live-Übertragung in der ARD bei bis zu 10,1 Prozent.
DKB-ISTÅF wie in besten Zeiten
Spannend, hochklassig, dramatisch, überraschend und mit ein paar Rekorden als auch nationalen Highlights als Zugabe – das ist die ideale Zusammensetzung für Ein-Tages-Leichtathletik-Meetings. Diese Mischung gelang beim DKB-ISTAF so gut wie lange nicht mehr.
Die 67. Auflage des Traditionsmeetings, dessen Geschichte 1937 begann, war zumindest das beste deutsche Sportfest seit der Jahrtausendwende. Mit fünf Jahresweltbestmarken, zwei DKB-ISTAF-Meetingrekorden, je einem Asien- und Afrika-Rekord, der zugleich auch Juniorinnen-Weltrekord bedeutete, sowie einer Reihe weiterer hochklassiger Ergebnisse knüpfte das Auftaktmeeting zur ÅF Golden League-Serie an die Hochglanz-Meetings im Berliner Olympiastadion in den 90er Jahren an. Was die gesamten Leistungen angeht, gehört dieses DKB-ISTAF zu den besten Ein-Tages-Meetings der deutschen Leichtathletik-Geschichte.
Während im Olympiastadion 67.164 Zuschauer gezählt wurden – die drittgrößte Zuschauerzahl seit 1937 –, lag die Einschaltquote bei der zweistündigen Live-Übertragung in der ARD bei bis zu 10,1 Prozent. Das heißt, gut eine Million Menschen verfolgten das DKB-ISTAF im Fernsehen. Das zeigt, dass das Interesse für Leichtathletik nach wie vor vorhanden ist in Deutschland, wenn entsprechend attraktives geboten wird. „Wir sind sehr zufrieden mit dieser Quote.
Internationale Spitzen-Leichtathletik kommt an, selbst wenn die Rahmenbedingungen – zum Beispiel die einsetzende Vorberichterstattung zur Fußball-EM – eine Herausforderung sind“, erklärte Meeting-Chef Gerhard Janetzky, der 2002 die Verantwortung für das DKB-ISTAF übernommen hat und es mit entscheidender Unterstützung des Berliner Unternehmers Werner Gegenbauer aus der Krise geführt hat, nachdem die Vorgänger-Gesellschaft Konkurs anmelden musste. Heute ist das DKB-ISTAF wirtschaftlich gesund und hat trotz eines verglichen zu den meisten anderen ÅF Golden League-Meetings eher kleinen Etats von 2,6 Millionen Euro seine Position in dieser Eliteserie nachhaltig gestärkt.
So wie sich die Veranstaltung am 1. Juni präsentierte, dürfte Berlin auch in der Zukunft zu dieser Premium-Serie gehören. Dabei profitierte das Meeting sicherlich auch vom neuen Termin am Anfang der Saison – wobei es mit Temperaturen von über 30 Grad in der Sonne für manche Disziplin eigentlich zu warm war.
Die großen Rekorde und Bestmarken beim DKB-ISTÅF
MÄNNER
400 m 44,03 Sekunden
Jahresweltbestzeit
LaShawn Merritt (USA)
1500 m 3:31,57 Minuten
Jahresweltbestzeit
Augustine Choge (KEN)
5000 m 12:50,55 Minuten
Jahresweltbestzeit und DKB-ISTAF-Meeting-Rekord
Moses Masai (KEN)
Diskuswurf 69,12 m
Asien-Rekord
Ehsan Hadadi (IRI)
FRAUEN
800 m 1:54,99 Minuten
Afrika-Rekord, Juniorinnen-Weltrekord,
Jahresweltbestzeit und DKB-ISTAF-Meeting-Rekord
Pamela Jelimo (KEN)
Hochsprung 2,03 m
Jahresweltbestmarke eingestellt
Blanka Vlasic (KRO)
Pamela Jelimo sorgt für Leistung des Tages
Für die Leistung des Tages sorgte Pamela Jelimo. Die 18-jährige Kenianerin ist der neue Mittelstrecken-Star der Leichtathletik. Acht Tage zuvor rannte sie sensationell zu einem Juniorinnen-Weltrekord in Hengelo (1:55,76 Minuten), nun steigerte sie sich beim DKB-ISTAF um gut eine dreiviertel Sekunde auf 1:54,99 Minuten. Das bedeutete neben einem weiteren Juniorinnen-Weltrekord auch Afrika-Rekord, Meeting-Rekord sowie nebenbei eine Jahresweltbestzeit für die Entdeckung des Frühjahres.
Pamela Jelimo erzielte die neuntbeste je gelaufene 800-m-Zeit und wurde zugleich zur sechstbesten Läuferin in der Geschichte der Leichtathletik – seit elf Jahren war keine mehr schneller. In ihrem erst fünften 800-m-Lauf ihrer Karriere – die Kenianerin war zuvor Sprinterin und lief unter anderem die 400 m – hat sie in der Liste der besten aller Zeiten bereits die legendäre Maria Mutola (Mozambique) hinter sich gelassen. Die vielfache Weltmeisterin hielt bis Sonntag den ÅFrika-Rekord mit 1:55,19 Minuten. Den Berliner Meeting-Rekord von 1:56,56 Minuten hatte eine andere große 800-m-Läuferin aufgestellt: Ana Fidelia Quirot (Kuba) hielt diese Bestzeit seit 1987!
Die Russin Tatyana Andrianova hatte als Tempomacherin die 400-m-Marke nach 55,46 Minuten erreicht. Unmittelbar danach übernahm Pamela Jelimo die Spitze und stürmte davon. Wäre sie auf der Zielgeraden dann nicht doch deutlich langsamer geworden, hätte sie noch näher an den legendären, 25 Jahre alten Weltrekord von Jarmila Kratochvilova (Tschechische Republik/1:53,28) herankommen können. Yuliya Krevsun (Ukraine) hatte als zweite in 1:58,98 fast vier Sekunden Rückstand auf Pamela Jelimo, die Weltmeisterin von Osaka, Janeth Jepkosgei (Kenia), war als Dritte ebenfalls chancenlos. „Die Zeit ist fantastisch, aber ich war gut vorbereitet. Jetzt werde ich mich in Kenia auf die Olympischen Spiele vorbereiten“, sagte Pamela Jelimo, die nun als Topfavoritin auf Gold nach Peking reisen wird.
Diskuswerfen wie zu Riedels Hoch-Zeiten
Der andere Kontinentalrekord fiel im Diskuswerfen: Hier zeigte der Iraner Ehsan Hadadi einen Wettkampf, wie man ihn beim DKB-ISTAF bisher nur von Lars Riedel gesehen hat. Nach einem mäßigen Auftakt mit 62,15 m ließ der 23-jährige Hadadi 69,12 m, 68,65 m, 67,36 m und 68,30 m folgen. Im letzten Versuch des Asienrekordlers landete der Diskus sogar unmittelbar vor der 70-m-Marke, doch der Iraner hatte übertreten. „Ich hatte auf die 70 Meter gehofft, hatte aber Probleme mit meinen Schuhen“, sagte Hadadi. „Gold bei Olympia zu gewinnen ist das Traumziel.“
Lange Zeit nicht richtig in den Wettkampf fand der zweifache Olympiasieger Vigilijus Alekna (Litauen). Doch im sechsten Versuch zeigte er, dass man ihn nie abschreiben darf: Aleknas Diskus landete zentimetergenau auf der Asienrekordmarke von Hadadi. Doch da der Iraner den deutlich besseren zweitbesten Versuch hatte, war er der Sieger. Großartig hielt sich in diesem Wettkampf der Berliner Robert Harting (SCC). Der sensationelle Vize-Weltmeister wurde bei der ,olympischen Generalprobe’ im Olympiastadion Dritter mit persönlicher Bestleistung von 67,70 m. Diese Weite erreichte er in Runde zwei. Im dritten Durchgang kam er mit 67,65 m noch einmal sehr dicht an seine deutsche Jahresbestmarke heran. „Ich hätte gerne über 68 Meter geworfen, aber vielleicht habe ich dafür in der vergangenen Woche etwas zu viel trainiert“, erklärte Robert Harting. Der Diskuswettbewerb im Berliner Olympiastadion gehörte zweifelsohne zu den besten in der Geschichte des DKB-ISTAF.
Starke Überraschungs-Sieger und geschlagene Stars
Da waren aber nicht nur die Rekorde wie jene von Pamela Jelimo oder Ehsan Hadadi sondern auch die Überraschungen: unerwartete Sieger und geschlagene Stars. Drei vermeintliche Favoriten auf den ÅF Golden League-Jackpot scheiterten schon zum Auftakt: Jeremy Wariner (USA/400 m), Irving Saladino (Panama/Weitsprung) und Susanna Kallur (Schweden/100 m Hürden).
„Wariner geschlagen zu haben, ist schön, aber das ist nur ein Rennen. Entscheidend ist Olympia“, sagte LaShawn Merritt (USA), nachdem er sich in einem dramatischen Kopf-an-Kopf-Rennen auf der Zielgeraden in der Jahresweltbestzeit von 44,03 Sekunden mit vier Hundertstel Vorsprung gegen Wariner durchgesetzt hatte. Nicht minder überraschend endete die Siegserie von Irving Saladino in Berlin: 21 Mal in Folge hatte der Weitspringer gewonnen – zuletzt mit erstaunlichen 8,73 m in Hengelo. Doch in Berlin passte der Anlauf nicht. Saladino brachte nur 7,92 m zustande während Hussein Taher Al-Sabee (Saudi Arabien) mit 8,21 m gewann.
Unerwartet kam auch die Niederlage von Susanna Kallur, für die auch hochklassige 12,54 Sekunden nicht reichten. Denn die Spanierin Josephine Onyia überraschte mit einem Landesrekord von 12,50 Sekunden. Damit liegt sie in der Liste der besten Hürdensprinterinnen aller Zeiten nun schon auf Rang 24. Im Sog dieses superschnellen Rennens schaffte Carolin Nytra (Bremer LT) als Sechste mit 12,92 Sekunden nicht nur eine persönliche Bestzeit sondern auch die Olympianorm.
Schnelle Läufe trotz hoher Temperaturen
Das DKB-ISTAF produzierte trotz der hohen Temperaturen auch einen erstklassigen 5.000-m-Lauf bei den Männern. Dabei entwickelte sich in der entscheidenden Phase ein Dreikampf zwischen Moses Masai (Kenia), Tariku Bekele (Äthiopien) und Moses Kipsiro (Uganda). Am Tag seines 22. Geburtstages leistete Masai dabei lange Führungsarbeit. Und es schien, als ob der jüngere Bruder von Kenenisa Bekele davon profitieren könnte, denn rund 200 Meter vor dem Ziel übernahm er die Führung. Doch Bekele II hatte nicht mit einem erneuten Konter von Masai gerechnet, der Bekele I bereits im vergangenen Jahr beim 10.000-m-Rennen in Brüssel in Bedrängnis gebracht hatte.
Eingangs der Zielgeraden zog der Kenianer an Tariku Bekele vorbei. In 12:50,55 Minuten stellte er nicht nur eine Jahresweltbestzeit auf sondern auch einen Meeting-Rekord. Das war eine doppelte Niederlage für Äthiopien, denn diese Bestzeit hielt bisher Haile Gebrselassie, der vor 13 Jahren 12:53,19 Minuten gelaufen war. Zweiter wurde am Sonntag Tariku Bekele mit 12:52,45 Minuten, Rang drei ging an Moses Kipsiro mit 12:54,70.
Eine Jahresweltbestzeit stellte der Kenianer Augustine Choge über 1.500 m mit 3:31,57 Minuten auf. Hier gab es gute Nachrichten aus deutscher Sicht: Der Berliner Carsten Schlangen (LG Nord) schaffte als 10. mit 3:34,99 Minuten die Olympianorm und eine beachtliche persönliche Bestzeit. Damit steht er in der Liste der besten deutschen 1.500-m-Läufer nun auf Rang elf.
Vlasic Jackpot-Kandidatin, Friedrich über zwei Meter
Einmal mehr eine lupenreine Wettkampfserie zeigte Blanka Vlasic. Die kroatische Hochsprung-Weltmeisterin meisterte bis einschließlich 2,03 m jede Höhe auf Anhieb und stellte damit ihre eigene Jahresweltbestmarke ein. Erst 2,06 m waren an diesem Tag noch zu hoch für Blanka Vlasic, die durch Ariane Friedrich (Eintracht Frankfurt) starke Konkurrenz hatte. Die 24-Jährige floppte im Olympiastadion zur Begeisterung der Berliner Zuschauer im ersten Versuch über 2,00 m – eine Höhe, die sie in der Sommersaison nie zuvor überquert hatte. Damit belegte sie letztlich Rang zwei beim DKB-ISTAF. Blanka Vlasic hat sicher gute Chancen, den Jackpot der ÅF Golden League zu gewinnen.
Pech hatte Danny Ecker (Bayer Leverkusen). Dem Stabhochspringer brach beim ersten Versuch über 5,70 m der Stab. Dabei hatte der WM-Dritte von Osaka 2007 Glück, dass ihm bis auf eine leichte Blessur nichts passierte. Dass er nach diesem Schock im dritten Versuch noch über 5,70 m sprang, ist eine famose Leistung. Höher ging es an diesem Tag mit dem Ersatzstab dann nicht mehr für Danny Ecker, der damit Rang vier belegte und bester Deutscher war. Der Russe Evgeniy Lukyanenko gewann den Wettbewerb mit starken 5,85 m.
Im Rennen um den ÅF Golden League-Jackpot sind nach dem DKB-ISTAF die folgenden Athleten, Männer: 100 m – Nesta Carter JAM; 400 m – LaShawn Merritt USA; 1500 m – Augustine Choge KEN; 400 m H – Bershawn Jackson USA; Weitsprung – Hussein Taher Al-Sabee KSA; Speerwurf – Tero Pitkämäki FIN. Frauen: 200 m – Sherone Simpson JAM; 800 m – Pamela Jelimo KEN; 100 m H – Josephine Onyia ESP; Hochsprung – Blanka Vlasic CRO.
Jörg Wenig