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02
06
2008

Dass die Deutschen weit werfen können, war bekannt. Aber sie können auch noch hoch springen, nicht nur mit dem Stab wie Danny Ecker, sondern auch einfach so wie Ariane Friedrich.

DKB-Istaf Berlin – Hoch und weit – Diskuswerfer Harting und Hochspringerin Friedrich setzen beim Istaf aus deutscher Sicht die Glanzlichter. Friedrich übersprang erstmals die zwei Meter. Friedhard Teuffel im Tagesspiegel

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Wer so hoch springt, darf ruhig vom Fliegen sprechen. Das hat Ariane Friedrich beim Istaf am Sonntag im Berliner Olympiastadion getan – allerdings in aller Bescheidenheit. "Wie ein kleines Glühwürmchen" habe sie sich gefühlt inmitten von 60 000 jubelnden Zuschauern, eine Gänsehaut habe sie gehabt, "es war einfach unsagbar".

Das mit dem Glühwürmchen war einerseits ein bisschen zu niedlich formuliert. Diese 60 000 Menschen haben schließlich alle ihr zugeschaut beim Fliegen, vor allem als die 24 Jahre alte Hessin die Hochsprunglatte überquerte, die auf genau zwei Metern lag. Mit ihrer Leistung, da stimmt es andererseits wieder mit ihrem Bild, leuchtete Ariane Friedrich im Olympiastadion hervor: Zwei Meter, das hat sie gestern zum ersten Mal im Freien geschafft, und dazu noch Platz zwei erreicht hinter der Weltmeisterin Blanka Vlasic aus Kroatien.

Wenn Ariane Friedrich sich am Ende neben den anderen Deutschen hätte stellen sollen, der auch unter den besten drei platziert war – es wäre ein lustiges Bild geworden. Sie leicht und grazil, er groß und stämmig. Mit seinem dritten Platz war der Berliner Diskuswerfer Robert Harting der andere deutsche Hauptdarsteller beim Istaf. Auch er übertraf sich selbst, und zwar um sieben Zentimeter, den Diskus schleuderte er auf 67,70 Meter.

Hartings Leistung war sozusagen ein Willkommensgruß, denn als er seine Bestweite im zweiten Versuch warf, waren die Stadiontore erst kurze Zeit geöffnet. Nur den Iraner Ehsan Hadadi und den Litauer Virgilius Alekna musste Harting vorlassen. Beide kamen auf 69,12 Meter, aber weil Hadadis zweitbester Wurf weitergeflogen war, gewann er den Wettbewerb. Seine Weite bedeutete einen neuen Asienrekord. Der Iraner hat sich damit endgültig in den engsten Kreis derjenigen befördert, die auch in Peking eine olympische Medaille gewinnen können. Damit ist er auch ein harter Konkurrent für Harting, der sich für Peking die Bronzemedaille als Ziel gesetzt hat. "Da kommt einer und wirft einfach so 69 Meter, das ist ein hartes Stück Eisen", sagte Harting.

Doch es war nur ein kurzer Seufzer in einer ganzen Menge Zufriedenheit. "Das war die geilste Atmosphäre, die ich bisher erlebt habe", sagte der 23 Jahre alte Harting. Seine Weite war auch ein angemessener Dank an Istaf-Geschäftsführer Gerhard Janetzky. Der hatte das Diskuswerfen der Männer dem Speer- und Diskuswerfen der Frauen vorgezogen. In Berlin wollte Harting nicht nur weit werfen, sondern sich auch mit seinem Wattenscheider Konkurrenten Michael Möllenbeck aussprechen.

Harting hatte Möllenbeck einen "Säufer" genannt und wollte sich nun dafür entschuldigen. Ein richtiges Gespräch wurde es nicht. Was Möllenbeck auf seine Entschuldigung geantwortet hat? Harting brummte vor sich hin, das sei die Antwort gewesen. "Mal gucken, ob er wieder locker wird", sagte Harting über Möllenbeck, "aber wenigstens haben wir der SPD etwas voraus: Wir haben unsere K-Frage schon geklärt." Die Nummer eins im deutschen Diskuswerfen ist eben Robert Harting.

Dass die Deutschen weit werfen können, war bekannt. Aber sie können auch noch hoch springen, nicht nur mit dem Stab wie Danny Ecker, sondern auch einfach so wie Ariane Friedrich. Die zwei Meter schaffte sie schon im ersten Versuch, und wusste, dass sie soeben etwas Einmaliges erlebt hatte. "Jeder Zweimetersprung, der folgt, wird nicht so schön sein wie der erste." In der Halle hatte Friedrich die zwei Meter schon geschafft, aber die Halle ist eben nur der zweite Wohnsitz der Leichtathleten.

Nur Vlasic sprang am Sonntag höher, 2,03 Meter, aber Vlasic scheint im Moment kaum zu besiegen, alle Höhen, auch die 2,03 Meter, meisterte sie am Sonntag im ersten Versuch. Doch selbst das konnte Friedrichs Leistung nur ein bisschen überstrahlen. Genau wie Vlasic hat sich Friedrich in den vergangenen Monaten immer weiter gesteigert, und ihre Strategie ist vor allem Disziplin. Zwei Kilo hat sie im Winter abgenommen, um besser springen zu können. Mehr sollen es aber nicht werden, "sonst fehlt mir die Kraft". Zu viel Disziplin ist auch nicht gut.

Nach dem Wettbewerb holte Ariane Friedrich daher ihre persönliche Prämie für den Zweimetersprung aus ihrem Rucksack: einen Schokoriegel.

Friedhard Teuffel im Tagesspiegel vom Montag, dem 2. Juni 2008

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