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05
06
2014

Die beste Schweizer Marathonläuferin, Maja Neuenschwander (rechts), zusammen mit der Kenianerin, Cynthia Kosgei und der Deutschen Anna Hahner auf dem Podest. ©Ryffel Running

Die Vorstellung der schönsten Schweizer Läufe aus dem Heft “Swiss Runners 2014” – Staunen über die Frauenpower – Greifenseelauf am 20.09.2014

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Und da sassen sie unmittelbar nach der Zielpassage nebeneinander auf einer Sitzbank. Beide geschafft und beide glücklich – nur zeigte sich dieses Befinden bei Nicola Spirig und bei Maja Neuenschwander ganz unterschiedlich. Die eine strahlte in die Umgebung und schien als wollte sie gleich lossprudeln und dann weiterlaufen, schien kaum gezeichnet. Die andere war kreidebleich, bewegte sich im Sparmodus und war leer. So unterschiedlich das Bild auch war, so ähnlich schilderten die Triathlon-Olympiasiegerin und die Schweizer Marathon-Vorzeigeläuferin ihr Befinden. «Ich lief bis kurz vor dem Ziel um den Sieg, und obwohl die Einsicht, dies zu verpassen, kurz hemmte, motivierte die Aussicht auf die neue Bestzeit nochmals», sagte Neuenschwander. «Mein erster Eindruck von der Lockerheit täuscht, auch ich lief am Limit», konterte Spirig. Ihre Grenzen bekam sie muskulär aufgezeigt. Auch sie lief schneller als je zuvor – und das just ein halbes Jahr nach der Geburt von Sohn Yannis. Der Greifenseelauf stellte für sie die erste, konzentriert angesteuerte Standortbestimmung dar.

Topzeiten
Hochklassig war das Duell um den Schweizer Meistertitel über die Halbmarathondistanz und von erster Güte waren die Leistungen. Auf 1:13:44 Stunden steigerte sich Neuenschwander, auf 1:15:28 Spirig. Und das, obwohl der Parcours um den Greifensee nicht als ultraschnell gilt. «Wegen der Richtungsänderungen, dem häufigen Auf und Ab und den grossen Abschnitten mit Naturbelag kann von den Greifenseezeiten erfahrungsgemäss mindestens eine Minute abgezogen werden im Vergleich zu einem schnellen Städte-Halbmarathon», sagt Markus Ryffel, Mitorganisator und früher selber dreifacher Greifenseelaufsieger. Tut man das bei Neuenschwanders und Spirigs Zeiten, resultieren erstklassige Werte, die zum Besten zählen, was von Schweizerinnen schon erbracht worden ist. Nicht erstaulich deshalb, dass beide hinterher festhielten: «Tolles Rennen, tolle Zeiten, ich bin auf gutem Weg.» Inspirieren liessen sie sich durch die Rennkonstellation, das Prestige, die Naturlandschaft wie auch die lautstarke Unterstützung am Streckenrand. Beide nahmen das Erlebnis mit, nicht zuletzt für die Heim-Europameisterschaften dieses Sommers in Zürich. Vom Duell zwischen Neuenschwander und Spirig lebte das (Frauen-) Rennen des Greifenseelaufs vom letzten Jahr längst nicht allein. Gefordert war das Schweizer Vorzeigeduo von international renommierter Konkurrenz– allen voran von Cynthia Kosgei, der Kenianerin, die auf europäischen Strassen hier wie dort schon für Leistungen der Extraklasse gesorgt hat. Aber auch die Zwillinge Lisa und Anna Hahner, die beiden deutschen Langstreckenhoffnungen, bewiesen ihr Potenzial und ebenso die weiteren Exponentinnen des europäischen Langstreckenlaufs. Mit Vertreterinnen aus sechs verschiedenen Nationen unter den besten Zehn zeigte sich dies eindrücklich. Und mitten in diesem Kreis mischte sich mit Ursula Spielmann-Jeitziner eine weitere Schweizerin (9.). Sie, die Olympia-Teilnehmerin von Atlanta 1996 im Marathon, unterstrich, dass sie trotz ihrer 41 Jahre zu Höchstem berufen scheint und ebenso eine Kandidatin für den EM-Marathon ist.

Abraham und die Marathon-Elite
Mit der EM vor Augen verlief auch das Männerrennen erfreulich. Mit Tadesse Abraham zeigte der Mann, der diesen Frühling den Schweizerpass erhalten und an der EM auf Medaillenjagd im Marathon gehen soll, dass er für Begeisterung und Emotionen sorgen kann. Das fachmännische Publikum am Streckenrand realisierte dies und empfing den gebürtigen Eritreer begeistert – zumal seine Leistung (1:02:36 Stunden) erstklassig war. Erkenntlich wird dies etwa am Vorsprung auf den neuen Halbmarathonmeister Christian Kreienbühl (10./1:08:02), den SM-Zweiten Marcel Berni (11./1:08:13) und den SM-Dritten Michael Ott (12./1:08:59). Und zumindest die beiden WM-Teilnehmer Kreienbühl und Ott sind ebenfalls Anwärter auf die EM. Und festzuhalten bleibt: Ob nun Spirig, Neuenschwander, Abraham, Kosgei, Kreienbühl, Berni oder Ott – sie alle lieferten den 6937 Läuferinnen und Läufern allein auf den 21,098 km einen direkten Vergleich, wie er sich so nur ganz selten bietet.

Jörg Greb

Mehr zum Greifenseelauf unter www.ryffelrunning.ch

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