«Trainingsplan? – kenne ich nicht». Der Zermatter Martin Schmid.
Die Vorstellung der schönsten Schweizer Läufe aus dem Heft “Swiss Runners 2014″ – Der ambitionierte Spassläufer – Aletsch-Halbmarathon am 29. Juni 2014
Martin Schmid ist ein Läufer, der sich in kein Schema pressen lässt. Trainingsplan? «Kenne ich nicht», so der 36-Jährige. «Ich habe einen Kollegen, wenn der an einen Marathon geht, hat der einen 12-Wochen-Plan. Da gibts kein Bier, keine Schokolade und Training strikt nach Plan. Ich könnte das nicht», so Martin Schmid. Intervall? «Habe ich noch nie gemacht.» Nicht, dass er an der Wirkung dieser Trainingsform zweifeln würde. Die Begründung für die Absage ist so knapp wie unmissverständlich: «Das zieht bei mir nicht». Und Martin Schmid macht nur, was ihm Spass macht.
Training ja, aber bitte ohne Druck
Damit kein falscher Eindruck entsteht: Martin Schmid hat sechsmal den Gondo Event gewonnen, er war Siebter beim Zermatt Marathon. Um solche Leistungen zu bringen, muss auch er trainieren – und das nicht zu knapp. Sechs bis acht Einheiten pro Woche spult er ab, da kommen zwischen 80 und 130 Kilometer zusammen. Nur: Unter Druck setzen, lässt er sich nicht. Wenns bei seinem Arbeitgeber, der Kantonspolizei Zermatt, abends mal länger wird, dann fällt das Training halt aus und wenn er mal keine Lust zum Laufen hat auch. Das freilich kommt nicht allzu oft vor. Auch von einer Reduktion des Arbeitspensums möchte Martin Schmid nichts wissen. «Für mich ist der Sport ein Ausgleich zum Beruf, das Geld aber verdiene ich anderswo. Als Profi ist man den Sponsoren verpflichtet, mit entsprechenden Anforderungen. Wenn das Training aber ein Müssen ist, würde es mir keinen Spass mehr machen. Vermutlich würde auch der Körper die grösseren Belastungen nicht mitmachen», so Schmid.
«Wer auf dem Bettmerhorn ankommt, ist ein Sieger»
Er ist beim Laufen lieber sein eigener «Chef» und der steigt mit klaren Zielen in die Rennen. «Der Rang ist mir nicht so wichtig, denn der hängt auch stark von der jeweiligen Konkurrenz ab. Stattdessen habe ich jeweils eine Zeit im Kopf, die ich erreichen möchte.» Und natürlich will er nicht schlechter werden als in den Vorjahren. «Mit zunehmendem Alter gar kein so einfaches Unterfangen», betont der 36-Jährige mit einem Lächeln. Trotz allem Ehrgeiz versucht er, die Rennen nicht allzu verbissen anzugehen. «Das Laufen bringt mich in schöne Orte und wenn ich am Ziel bin, gibt mir das viel Zufriedenheit», so Schmid. «Jeder, der etwa auf dem Bettmerhorn ankommt, ist ein Sieger». Sein Training hat er in den letzten Jahren vermehrt auf längere Strecken ausgerichtet, weil da seine Stärken liegen. «Ich habe gemerkt, dass ich im Ausdauerbereich besser werde, mein Körper ist für längere Strecken gemacht», so Schmid. Flache, schnelle Strecken sind nicht sein Ding, lieber ist es ihm, wenns steil den Berg hochgeht. Je steiler, desto lieber.
«Wenn einer marschiert, marschieren die anderen auch»
Der Schlussaufstieg beim Aletsch-Halbmarathon kommt da gerade recht. Auf den letzten zwei Kilometern sind 400 Höhenmeter zu bewältigen, zum Teil über natürliche Steintreppen – am Schluss eines Halbmarathons stellt das eine echte Herausforderung dar. Vieles spielt sich im Kopf ab. «Der Grossteil der Läuferinnen und Läufer lässt sich anstecken», so Martin Schmid. «Wenn einer anfängt zu marschieren, marschieren die anderen auch.» Er selber geht anders an den gefürchteten Schlussaufstieg heran: «Ich denke mir, dass es für die anderen mindestens so hart ist wie für mich», so der 36-Jährige. Und die Zuversicht schöpft er aus der Erfahrung. «Ich kann mich nicht erinnern, dass mich da jemals jemand überholt hat», so Schmid. Hat man den Schlussaufstieg bereits im Kopf, wenns auf der Bettmeralp los geht, hält man sich am Anfang bewusst etwas zurück? «Taktieren kenne ich nicht, ich laufe einfach, was ich mag», so Schmid. «Weil ich aber flach nicht so schnell bin, muss ich gezwungenermassen auf den Schlussaufstieg zählen.»
2014 hoffentlich wieder bis ganz oben
2013 musste er auf die berühmtberüchtigten Treppen verzichten. Seit 2001 wird der Gletscherlauf auf der Bettmeralp als Halbmarathon ausgetragen. Zwölfmal herrschte Kaiserwetter, doch in diesem Jahr war alles anders. Wegen der tiefen Temperaturen und Schneefall musste auf die Ersatzstrecke ausgewichen werden. Immerhin 15,2 Kilometer, aber halt ohne den Schlussaufstieg zum Bettmerhorn. Für Schmid reichte es trotzdem zu einem 9.Rang. «2014 gehts hoffentlich wieder bis ganz nach oben», so Martin Schmid. «Das macht ganz einfach mehr Spass.»
Alban Albrecht
Mehr zum Aletsch-Halbmarathon unter www.aletsch-halbmarathon.ch