In der Führung des Prozesses ist der Trainer Vorbild und zugleich „Erzieher der jungen Gesamtpersönlichkeit“.
Die Trainer haben die Schlüssel für Erfolge – Trainer nutzen das Spezialwissen ihres Teams – Teil 2 – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
© Lothar Pöhlitz) – Im Hochleistungstraining sollen Trainer Experten sein, die bereit sind die Erfahrung und das Wissen anderer qualifizierter Personen zur Optimierung des Gesamtprozesses der Leistungsentwicklung in die Arbeit einzubeziehen.
Solche speziellen Fähigkeiten bzw. Spezialwissen haben Ärzte, Physiotherapeuten, Psychologen, Biomechaniker, Leistungsdiagnostiker, Ostheopathen, Ernährungsexperten, Manager (vor allem zur Regelung finanzieller Angelegenheiten und der Findung und Zusammenarbeit mit Sponsoren. Innerhalb einer leistungsstarken Gruppe könnte man sich auch einen Manager als Leiter des ganzen „Unternehmens“ vorstellen) etc.
Eine komplexe, erfolgreiche Beziehung zwischen einem begabten Talent und seinem Trainer setzt ein großes gegenseitiges Vertrauen, Respekt, eine Partnerschaft, Verlässlichkeit, aber auch zunehmende Selbständigkeit des Athleten voraus. Ehrgeiz und Motivation beider sind Voraussetzung um die gemeinsam angestrebte Perfektion zu erreichen.
In der Führung des Prozesses ist der Trainer Vorbild und zugleich „Erzieher der jungen Gesamtpersönlichkeit“. Insofern wird von dem Sportler akzeptiert, das er, sozusagen als Schüler von dem von ihm ja selbst ausgewählten Trainer, auf den großen Erfolg, vielleicht in einem langfristig ausgewählten Meisterschaftsrennen, systematisch vorbereitet wird.
Eine solche Verantwortung verlangt den vollen Einsatz des Trainers, ist erfahrungsgemäß ein Vollzeit – Job, weil er ja auch die Trainingsplanung und -auswertung, Trainingslager, vielfältige Wettkampfreisen und die Organisation des Trainingsprozesses einschließt. Eine große Trainingsgruppe ist im Hochleistungssport, in der Regel für beide Seiten nicht befriedigend, nicht zu betreuen. Auch Hochleistungssportler brauchen zur Sicherung möglichst vieler grenzwertiger Belastungen und deren Verarbeitung eine fast tägliche individuelle Betreuung und Hilfen. Erfahrung ist, dass das Training oft beträchtlich an Wert (Qualität) verliert, wenn der Trainer nicht anwesend ist.
Das Streben nach Spitzenleistungen erfordert eine umfassende Trainingsbetreuung, ein begleitendes Team (Arzt, Physiotherapeut, Ernährungsberater, Psychologen etc.) ein hilfreiches Management und eine sehr gute Wettkampforganisation. Diese Gesamtaufgabe kann nur zur Zufriedenheit aller gelöst werden, wenn der Trainer als Leiter des Gesamtprozesses, immer in Abstimmung mit dem Athleten, die führende Rolle sich nicht aus den Händen nehmen lässt. Auch dann nicht, wenn der vielleicht überehrgeizige Athleten einmal versucht aus der vereinbarten Generallinie auszubrechen. Jede Sackgasse, jede Baustelle behindern den geradlinigen Weg nach oben.
Ein anzustrebender hoher internationaler Leistungsstandard ist nur in einer engen Zusammenarbeit mit kompetenten Partnern aus der Sportmedizin, der Psychologie, der Trainingswissenschaft und der Physiotherapie zu erreichen. Die Serviceangebote der Olympiastützpunkte vor allem in Richtung athletennaher Betreuung, Talentfindung und berufliche Anbindung von Talenten an förderungsbereite Firmen, die die erforderlich Zeit für ein Hochleistungstraining längerfristig zur Verfügung stellen, ist offensiv-aktiv durch die Trainer zu organisieren und besser als bisher zu nutzen.
Je besser Trainer über die neuesten wissenschaftlichen Grundlagen der Leistungsfähigkeit und der notwendigen Belastungen als Voraussetzungen für Anpassungen Bescheid wissen, umso sicherer ist die Wiederholbarkeit von Erfolgen mit Talenten. Eine besondere Bedeutung kommt dabei in den Lauf- und Gehdisziplinen der Nutzung der Leistungsdiagnostik und der Interpretation leistungsdiagnostischer Daten und Laktatwerten zur Trainingssteuerung, aber auch einem immer neuen „Blick über den Zaun“ zu. Lernen sie ständig von ihren wichtigsten Gegnern, versuchen sie es besser als sie zu machen, aber prüfen sie auch genau, ob das Gesehene für ihren Athleten und in ihr Konzept passt. Reserven sind auch aus der Trainingsdatendokumentation und der daraus zu verallgemeinerten Analyse von Umfang, Geschwindigkeit und Pausen zu erschließen.
„Kein Trainer wird als Führungsperson überzeugen und längerfristig Erfolg haben, wenn er nicht bereit ist, auch sich selbst immer wieder anzutreiben und sich fortzubilden“ (B. Peters 2008)
Im Hochleistungstraining ist der Trainer gefordert, „rund um die Uhr“
Je komplexer der Trainingsprozess, je intensiver das Training, je größer die Wettkampfdichte, je näher der Jahreswettkampfhöhepunkt, umso wichtiger ist die Zusammenarbeit, das Gespräch zwischen Athleten und Trainer, umso sensibler müssen zu treffende Entscheidungen, Feinabstimmungen zur möglichst optimalen Leistungsausprägung sein. Nichts ist einfacher als den vielleicht schon vor Wochen konzipierten Trainingsplan auf Grund aktueller Ereignisse zu ändern. Zwei Läufe mehr oder einen Lauf weniger, ein zusätzlicher Ruhetag oder die Nachfrage nach evtl. Problemen im häuslichen Umfeld, ein zusätzliches Gespräch über den neusten Artikel in der Zeitung, der den Athleten plötzlich die Favoritenrolle aufdrückt ? Wichtig ist das der Athlet seine Zweifel nicht mit nach Hause, nicht mit ins Bett, nicht mit in den Wettkampf nimmt.
Auf dem Weg zum Erfolg sind Charakter, Motivation und Mentalität der Athleten genauso wichtig wie der kompetente motivierende Trainer. Der Trainer steht immer zur Verfügung und weiß den positiven Ausweg!
Ein guter Trainingsplan, der vom Sportler immer wieder nur „abgearbeitet“ wird, reicht allein nicht. Es sind „Siegertypen“ gefragt, die zu harter Arbeit über einen langen Zeitraum bereit sind, die aufgabenorientiert, konzentriert, oft selbständig ihre Belastungsgrenzen ausschöpfen, die hartnäckig bemüht sind jede wichtige Trainingseinheit – auch wenn es mal wehtut – optimal zu realisieren. Sie wollen nichts geschenkt kriegen, im Gegenteil, sie wollen mehr und kämpfen auch in Wettkämpfen noch um die neue persönliche Bestleistung wenn „das Laktat bereits in den Oberschenkeln aus der Haut tritt“.
Erfolgreiche Leistungssportler unterscheiden sich in ihrem Verhalten von den weniger erfolgreichen; sie sind nicht nur besser belastbar, wissen das zu mehr Anpassung auch mehr Trainingsbelastung gehört und sind vor allem mental stärker, wenn es in wichtigen Wettkämpfen um die Umsetzung der geleisteten „Arbeit“ gegen in etwa Gleichwertige um Siege geht. Sie haben verstanden, dass es immer um ihre eigene Leistung und nie um die anderer geht. Dafür organisieren sie sich.
Jan Frodeno (Olympiasieger im Triathlon):
„Die Definition des Ziels ist das absolut Wichtigste – und die Festlegung des Weges dorthin. Für mich gab es das olympische Zielband, durch das ich in meinem Kopf schon tausendmal gelaufen war. Für mich war immer klar, dass dieses Zielband das ist was ich will, das ich dafür lebe und schufte, jeden Tag. Wenn es regnete und andere vor dem Fernseher saßen bin ich noch mal raus und habe trainiert, und zwar für diesen einen wichtigen Moment“ (FAZ.NET vom 26.12.2008)
Die Leistungsdiagnostik wurde für die Sportler „erfunden“, weniger für die Ärzte
Noch ein Wort an die Trainer im Zusammenhang mit sportmedizinischer bzw. sportwissenschaftlicher Begleitung. Alle Zeit die sie dafür investieren ist nur sinnvoll, wenn im Ergebnis der Zusammenarbeit praktische Hilfen für ihr Training, für die Gesundheit des Athleten, für die Trainingssteuerung, für die Erweiterung ihres Wissens resultieren. Eine Nutzung z.B. einer komplexen Leistungsdiagnostik ist nur sinnvoll, wenn beide Seiten mit den Ergebnissen trainingswirksam umgehen können, wenn sie wissen, zu welchen Konsequenzen die Herzfrequenz-, Laktat- oder VO2max-Messungen im Training der nächsten Wochen führen müssen.
Im Hochleistungstraining ist aber eine solche Zusammenarbeit dringend erforderlich. Deshalb müssen sie sich dieses notwendige Wissen aneignen, auch über die Jahre Lernbereit bleiben, sich ständig auf den neuesten Stand bringen, um sich auch damit auseinandersetzen zu können. Gleichermaßen ist es aber auch sinnvoll sich nur solchen Instituten, Sportwissenschaftlern oder Sportmedizinern zuzuwenden, die auch bereit sind, in der Zusammenarbeit mit ihnen, im Nachgang zu den Untersuchungen die Ergebnisse, auch auf der Grundlage trainingsmethodischen Wissens, mit ihnen auszuwerten und gründlich zu diskutieren.
Leistungsdiagnostikergebnisse können nur im Zusammenhang mit dem absolvierten Training zu neuen Erkenntnissen, Erfahrungen und Schlussfolgerungen für die Zukunft führen. Wählen sie ihre Partner fürs Team, für eine möglichst längerfristige Zusammenarbeit, sorgfältig aus. Glauben sie niemals, dass sie allein ihr Talent auf den Gipfel führen können. Neid und Abgrenzung sind entscheidende Hindernisse für ihre ständig notwendige Qualifikation. Die Weltrekordentwicklung über Jahrzehnte hat bewiesen, dass es immer wieder Trainer gab, die ihre Athleten gut auswählen und auf eine solche Leistungsfähigkeit vorbereiten konnten.
Verpassen Sie nicht jede für sie sehr gute Leistung ihrer Athleten im Nachhinein gründlich zu analysieren und für ihre künftige Arbeit zu verallgemeinern. Es ist vor allem wichtig zu wissen, was wirklich in den letzten 20, 10, 3 Tagen vor erfolgreichen Wettkämpfen getan wurde und wie „Ihr“ Training wirkte.
Machen Sie sich auch Notizen über die mentale Verfassung des Athleten und über sonstige nennenswerte Umstände, die den Erfolg unterstützt haben könnten. Verpassen Sie aber auch nicht sich durch Tests und Kontrollen im Training regelmäßig, ganzjährig über den aktuellen Zustand ihrer Athleten, den erwarteten Fortschritt – oder auch Stagnation – zu informieren. Nicht Gefühle sondern Wissen bringt sie im Trainingsprozess voran und verhindert Verstrickung in Sackgassen. Jede Trainingseinheit die „danebengeht“ ist eine zuviel und ein, wenn auch kleiner, verlorener Leistungsschritt.
Der Trainerberuf ist mit Erfolgen und Misserfolgen ständig verbunden, auch weil ein Mensch nicht fehlerfrei sein kann. Über den Erfolg entscheiden in erster Linie die Qualität seiner Arbeit sowie das Talent und die mentale Stärke seiner Sportler. Wer ein Leben lang erfolgreicher Trainer im Hochleistungsbereich bleiben will sollte nach dem Prinzip handeln „wenn Du einen guten Sportler gefunden hast, gehe sofort los und suche nach einem besseren“. Die Halbwertzeit auch erfolgreicher Sportler, dies zeigt die Erfahrung, ist unter diesem Aspekt nicht sehr lang. Ein Trainerleben entspricht immer mehrerer Sportlerleben.
„Wer gewinnt und sich darauf auch nur ein paar Wochen zu lange ausruht, gerät in Rückstand“
(Peters 2008)
Und noch eine Erfahrung zum Schluß: sollte sich eines Tages einer ihrer Athleten von ihnen abwenden um sich zukünftig ohne Trainer, allein, besser auf Spitzenleistungen vorbereiten zu wollen, seien sie ihm nicht böse, er kann nicht wissen, dass dies in der Vergangenheit nur den Wenigsten gelungen ist.
© Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
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