Der Sieger des Xiamen Marathons 2012: Peter Kamais (KEN) in 2:07:37. ©CTTV-5
Die Tempojagden gehen auch 2012 weiter: Streckenrekord in Xiamen – Helmut Winter berichtet
Das Jahr 2012 scheint im Marathon dort weiterzumachen, wo das einmalige Jahr 2011 aufhörte: Mit einer Flut von Rekorden. Mit dem Xiamen-Marathon begann auf chinesischem Boden die Serie der großen internationalen Marathons, die von der IAAF nicht immer nachvollziehbar mit dem Status eines „Gold Labels" honoriert sind. Und die Resultate aus der letzten Nacht können sich in der Tat sehen lassen.
Bei den Männer gewann Peter Kamais – natürlich aus Kenia – in hochklassigen 2:07:37 und verbesserte den Kursrekord von Robert Kipchumba mit 2:08:07 aus dem Vorjahr deutlich. Kamais gewann im März 2010 in guten 59:53 den New York City Halbmarathon, hatte aber im Marathon bisher nur eine Bestzeit von 2:12:58, die er im letzten Jahr beim Beijing Marathon im Oktober erzielte.
Auch die weiteren Läufer erzielten gute Zeiten: Zweiter wurde Chumba Kiotolo (MAR) in 2:08:21 vor Solomon Asfaw (ETH) in 2:09:01. Ebenfalls das Ergebnis der Frauen auf dem Pendelkurs in der chinesischen Metropole war hochklassig, hier war die Äthiopierin Ashu Kasim in 2:23:09 vorne. Beider Sieger erhielten ein Preisgeld von 40.000 $ und 15.000 $ für den Streckenrekord.
Insgesamt nahmen an 5 km- und 10 km-Läufen sowie Halbmarathon und Marathon 70.000 Läufer und Läuferinnen teil.
Damit scheinen auch 2012 die einmaligen Entwicklungen in der internationalen Marathonszene weiterzugehen. Und in der Tat kann man für dieses Jahr einiges erwarten. Der bekannte italienische Trainer Renato Canova äußerte sich zu dieser Thematik während des Bozener Silvesterlaufs und ist der Meinung, dass Makaus Bestmarke mit 2:03:38 vom Berlin-Marathon das Jahr 2012 nicht übersteht.
Das Jahr 2012 geht bereits im Januar flott weiter, beim Houston-Marathon nächste Woche (nicht den US-Trails am Tag zuvor!) will man auf 2:06 angehen und Ende des Monats wird Martin Lel in Dubai noch sehr viel schneller laufen müssen (und das sicher auch können), falls er noch eine Chance auf eine Olympiateilnahme im kenianischen Team haben will. Ende Februar geht es auch für Haile Gebrselassie in Toyko um seine letzte Olympiateilnahme, diesmal im Marathon. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht, eine herausragende Zeit wird dort aber kaum zu erzielen sein, zumal das Wetter in den letzten Jahren in Regel sehr ungünstig war.
Falls Ras Al Khaimah im Februar über die Halbmarathondistanz nicht wieder mit einem Rekord überrascht, könnte der Weltrekord im März bei den City-Pier-City in Den Haag fallen. Hier geht nämlich der 10 km- und 15km-Weltrekordler Leonard Komen an den Start und will dort seine Rekordsammlung komplettieren. Alle seine Rekorde hat er auf holländischem Boden erzielt, die Vorzeichen sind somit bestens.
Ebenfalls in den Niederlanden dürfte dann im April auch der Marathon-Weltrekord in Gefahr sein, denn der Shooting-Star des Jahres 2011, Moses Mosop, plant diesen beim Rotterdam-Marathon anzugreifen. Nach Ausheilen seiner leichten Verletzung, die ihn noch beim Streckenrekord beim Chicago-Marathon beeinträchtigte, ist Mosop ein erster Anwärter auf den Rekord. Bei seinem 30 km-Bahn-Weltrekord (der eine Minute schneller ist als Makaus Rekordmarke auf der Straße) deutete er schon an, in welchen Dimensionen er die Marathondistanz bewältigen könnte.
Harte Konkurrenz wird Mosop durch Sammy Kitwara bekommen (Halbmarathon 58:48), der in Rotterdam sein Marathon-Debut plant, und vor allem auch durch Peter Kirui, der in Berlin und Frankfurt herausragende Dienste als Tempomacher ablieferte und in Frankfurt in 2:06:31 sogar am Ende durchlief. Und der kann als „Vollstarter" sicherlich deutlich schneller laufen.
Leider hat sich Mosops Mitstreiter vom „Jahrhundertrennen" von Boston im letzten Jahr und der 2011 wohl beste Marathonläufer, Geoffrey Mutai, entschieden wieder in Boston zu starten und wird als Gegner bei der Tempojagd in Rotterdam fehlen. Dafür wird es aber spannend, in welchem Rahmen Mutai seien Fabelzeit von 2:03:02 bestätigen kann. Mutai wird sicher in der aktuellen Form wieder eine Galavorstellung in Boston auf das Pflaster legen, ob ihn dabei das Wetter wieder so massiv unterstützt wie 2011, ist eher unwahrscheinlich.
Die offiziell besten Marathonläufer des letzten Jahres, Weltrekordler Patrick Makau und Frankfurt Sieger Wilson Kipsang, gehen beim London-Marathon an den Start. Auch hier sind schnellen Zeiten zu erwarten, zumal Emmanuel Mutai im letzen Jahr mit dem Streckenrekord von 2:04:40 gezeigt hat, dass man auch an der Themse sehr schnell laufen kann. Einen Weltrekord hält Canova dort aber für eher unwahrscheinlich.
Freuen wir uns auf ein spannendes Marathonjahr 2012, für das Canova – der im übrigen neben Moses Mosop seit einiger Zeit auch Weltmeister Abel Kirui trainiert – die kenianische Dominanz des letzten Jahres nicht in allen Belangen fortgesetzt sieht. Aktuell sind die Organisations- und Trainingsabläufe denen der Äthiopier überlegen.
Aber da kann sich erfahrungsgemäß wieder schnell ändern. Am Ende des Jahres wissen wir auch diesbezüglich mehr.
Helmut Winter