Die Lauf-Jugend der Welt präsentierte in Barcelona ihr Leistungsniveau ... da hat man gesehen wo es hingehen muß" (s. Heinrich Eurosport 11.7.12) - Eine Nachbetrachtung zur U20 - WM 2012 von Lothar Pöhlitz ©IAAF
Die Lauf-Jugend der Welt präsentierte in Barcelona ihr Leistungsniveau … da hat man gesehen wo es hingehen muß“ (s. Heinrich Eurosport 11.7.12) – Eine Nachbetrachtung zur U20 – WM 2012 von Lothar Pöhlitz
Am Ende der Nachwuchsweltmeisterschaft 2012 in Barcelona kann man für den DLV – U 20 – Nachwuchs Platz 3 in der Nationenwertung, Platz 5 in der Medaillenwertung, 2 x Gold und 4 x Silber durchaus positiv bilanzieren. Auch wenn es noch eine Reihe erfreulicher Anschlussleistungen und viele persönliche Bestleistungen gab „wir" haben in 40 Einzeldisziplinen nur 6 Medaillen gewonnen.
Das war spürbarer Wertmaßstab für die Medien und auch Eurosport, denen für die umfangreichen und auch kritischen Übertragungen ein Extralob gebührt.
Da es sich ja um das Voraussetzungspotential des DLV für den Hochleistungsbereich in den nächsten Jahren handelt, soll mit dieser Bestandsaufnahme zugleich auf Reserven – natürlich vor allem für die Mittel- und Langstrecken – aufmerksam gemacht werden. 5 von 6 Medaillen wurden von den Juniorinnen erkämpft und nur eine von den Junioren. Haben wir ein „Jungen-Problem" – sind 6 Platzierungen nahe zu den Besten 4 Jahre vor den nächsten Olympischen Spielen eine beruhigende Ausgangsposition?
Haben wir nicht in zu vielen Disziplinen im Vergleich zur stürmischen Leistungsentwicklung der Junioren in der Welt aus der Sicht dass die nächsten internationalen Höhepunkte sehr nahe sind einen zu großen Abstand? Können oder wollen wir gegen eine solche Leistungsdarstellung in Zukunft noch bestehen? Bei einer tiefer gehenden Analyse sollte man auch nicht übersehen, dass im Hochleistungsbereich nicht nur der Bereich Lauf / Gehen „Personalprobleme für ganz vorn" hat. Sollte man nach dieser Barcelona – Erfahrung den Nachwuchsleistungssport im DLV nicht wieder mehr unter das Motto „schneller, höher, weiter" stellen.
Sonja Mosler (800 m 5.), Dennis Krüger (800 m 8.) und Maya Rehberg (3000 m Hi 6.) kamen mit persönlichen Bestleistungen beim Höhepunkt in den Finals unter die Top – 8. Das ist einen großen Blumenstrauß für sie und ihre Trainer wert, vor allem wenn man betrachtet mit welchen Vorleistungen sie die Reise antraten. Einen Glückwunsch haben sie auch verdient weil sie „gekämpft haben wie die Löwen", weil sie richtig gut sein wollten. Das hat man sogar aus der Distanz am TV gespürt.
Medaillenspiegel:
Gold Silber Bronze
1. USA 20 = 9 – 4 – 7
2. KEN 13 = 4 – 4 – 5
3. ETH 7 = 3 – 3 – 1
4. CUB 4 = 3 – 0 – 1
5. GER 6 = 2* – 4** – 0
6. RUS 8 = 2 – 3 – 3
* Kugel w / Diskus w – ** Hoch m / Weit w / Diskus w / 4 x 100 m w
Einen Medaillen-Beitrag konnten die Mittel- und Langstreckler nicht leisten. 11 Läufer für 20 zu besetzende Plätze, 3 von 4 Langstrecken konnten gar nicht besetzt werden, Jonas Koller über 10.000 m ein „Zufallsprodukt Regensburger Nachwuchsarbeit" auf einer Strecke die noch nicht einmal in der DLV – U20 – Bestenliste vorkommt!
Die tolle Steigerung von Dennis Krüger vor Ort weist auf Reserven in der Organisation der Wettkampfleistungen im Vorfeld hin. Unsere Talente sollten schon früher gegen die Besten – wie Sonja Mosler bei der DM in Wattenscheid – ihre Leistungsfortschritte erproben und zeigen dürfen.
Das U 20 – WM – Ergebnis sollte aber nicht nur für die Läufer als Arbeitsergebnis der letzten 2 – 4 Jahre analysiert werden, in einer sachlichen Bestandsaufnahme findet man mehr weiße Flecken als den Verantwortlichen lieb sein dürfte. Dabei sollte berücksichtigt werden dass unsere für Barcelona nominierten jungen Läufer für die im Vergleich zu den Besten „zurückgebliebenen Ausgangsleistungen" gar nichts können. Sie haben ihr Bestes gegeben.
Die U 20 – Weltspitze zeigte sich in Barcelona so stark wie noch nie: wenn gegenüber unserem deutschen U 20 – Team Gleichaltrige beispielsweise 22 m Kugelstoßen, 8000 Punkte im Zehnkampf machen, über 8 m Weitspringen, 10,05 s über 100 m sprinten, 800 m in 1:43,79 oder 2:00,91 – 10000 m in 28:16,07 oder 3000 m Hindernis in 8:06,10 und – und – und – präsentierten müssen fragen wie wir uns gegenüber einer solchen Entwicklung positionieren, welche unserer Jugendlichen eigentlich solche Leistungen auch bringen könnten oder ob wir solche gar nicht haben und was sie dafür trainieren müssten.
Hallo Läufer, wenn beispielsweise deutsche Juniorinnen den Diskus 62 m weit werfen oder die Kugel 17,50 m stoßen können ist das doch auch nicht nur mit allgemein-vielseitigem Training ohne Kraftarbeit und spezielle Würfe (im Vgl. zum speziellen Ausdauertraining von jungen Läufern) zu machen.
Müßte nicht die Trainingsmethodik und die Organisation des Nachwuchsleistungstrainings von Talenten noch einmal auf den Prüfstand? Der DLV wird weiterhin Mannschaften zu den U – 18 – 20 – 23 – EM oder WM entsenden und bei den Erwachsenen erfolgreich sein wollen.
Gerade in den letzten Monaten haben unsere jungen Mädchen gezeigt dass der Hebel umgelegt wurde, dass Quantität und Qualität gleichermaßen für den Leistungsfortschritt wichtig sind und wir wissen dass sie bereits in der zweiten Etappe des Jugend-Aufbautrainings auf das mehr und besser vorbereitet wurden. Bei der U 20-WM wurde unterstrichen dass junge Läufer und ihre Trainer viel mehr schaffen können wenn sie es richtig wollen und bereit sind dafür längerfristig wohl härter zu trainieren, wie die hoch gelobten Besten von Barcelona. Und erfreulicherweise gehörten auch Europäer dazu.
DLV – Lauf – U 20 – WM Barcelona 2012
Disziplin Siegerzeit Leistung BL vor Leistung Name
WM 2011 WM WM 2012
U20 – Junioren
800 m 1:43,79 1:50,26 1:48,94 1:51,86 VL 2. Dennis Krüger 1993 p.B.
1:49,89 HF 2.
1:46,92 8.
800 m 1:51,20 1:49,24 1:50,39 VL 3. Kevin Stadler 1993
1500 m 3:39,04 3:49.65 3:46,52 3:48,72 VL 7. Fabian Brunswig 1993
1500 m 3:55,06 3:44,32 3:49,51 VL 9. Julius Lawnik 1995
3000 m Hi 8:06,10 3:57,61 9:00,52 9:05,64 VL 9. Konstantin Wedel 1993
5000 m 13:38,95 kein Teilnehmer
10000 m 28:16,07 32:19 30:17,47 31:42,81 (18.) Jonas Koller 1993
U20 – Juniorinnen
800 m 2:00,91 2:06,37 2:04,85 2:03,36 VL 4. Sonja Mosler 1993 p.B.
2:02,82 HF 3.
2:04,07 5.
800 m 2:04,77 2:05,00 2:07,11 VL3. Christine Gess 1994 p.B
2:04,58 HF 6.
1500 m 4:04,96 4:32,01 4:21,05 4:21,25 VL 6. Caterina Granz 1994
3000 m 9:08,88 kein Teilnehmer
5000 m 15:32,94 kein Teilnehmer
3000 m Hi 9:47,22 6:46,56 10:22,13 10:36,38 VL9. Cornelia Griesche 1993
3000 m Hi 9:35,17 10:09,23 10:14,22 VL3. Maya Rehberg 1994 p.B.
10:03,09 6.
Lothar Pöhlitz
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