Die Füße zuerst auf die Barfußlaufschuhe vorbereiten ©A. Rigal
Die Füße zuerst auf Barfußlaufschuhe vorbereiten – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
© Lothar Pöhlitz – Es ist ja nicht so selten, dass Kleinstkinder beim Barfußlaufen den Vorfuß nutzen. Erst wenn man sie – in der Regel viel zu früh – in Schuhe steckt, wird der Laufstil geprägt.
Später, wenn die Schuhe klobiger werden, dicke Sohlen den Körper dämpfen sollen, die Absätze immer höher werden, der Schaft hoch und die Sohle Militärstiefeln ähnlich immer steifer wird, werden auch die Schritte größer und der Fuß setzt mit der Ferse zuerst auf.
Für Läufer des Leistungsbereichs ein No-Go! Beim Barfußlaufen dagegen erfolgt der Fußaufsatz intuitiv mit dem Mittel- und Vorfuß, das Gehirn bekommt mehr und auch andere Informationen. Damit wird das Gefühl für den Vortrieb und die Balance für den Körper über den Füßen erhöht, sowie bei geringerer Schrittlänge in Wettkampf-Endphasen auch eine höhere Schrittfrequenz möglich.
Wer sich etwas mit der Entwicklung der Sportschuhe durch die konkurrierenden Firmen auskennt, weiß auch, dass in der Geschichte der letzten 30 Jahre zeitweise ein nicht ungewöhnlicher Anteil von Beschwerden und Verletzungen im Bereich der Knie, Unterschenkel, Achillessehnen und Füße auch durch in immer kürzeren Abständen auf den Markt geworfene, zu wenig getestete, schöne und bunte Neuentwicklungen mit ausgelöst wurde.
Dabei glauben viele auch noch, das die teuersten Schuhe die besten sein müssen.
Damit soll auch auf einen für Spitzenläufer nicht angebrachtes bzw. ungeprüftes, oftmaliges Wechseln der Schuhmarken oder auf ein zu langes Trainieren in „schiefgelatschten“ Markenschuhen aufmerksam gemacht werden. Für Langstreckenläufer gilt beispielsweise, dass durch über zu viele Kilometer genutzte Laufschuhe die Statik nicht aus dem Gleichgewicht kommen darf und der neue, nicht ausreichend eingelaufene Schuh durch eine ganz andere Struktur gerade bei Wettkämpfen neue Probleme im „Unterbau“ auslöst.
Die Füße zuerst auf die Barfußlaufschuhe vorbereiten
Da es im Hochleistungstraining derzeit keine Beweise gibt – von Einzelfällen abgesehen –, die eine abrupte Umstellung zum propagierten vorteilhaften Barfußlauf-Training ohne Beeinträchtigungen der darauf nicht vorbereiteten Fuß-/Beinmuskulatur rechtfertigen, soll an dieser Stelle vor unbedachtem, unvorbereitetem Training mit der neuen Barfußlaufschuh-Generation gewarnt werden. Dies ist mit dem gefährlichen, abrupten Umstieg von Laufschuhen mit weichen, dicken Sohlen nach monatelangen Ausdauertraining im Gelände auf Spikes zu vergleichen, welches nicht selten zu einer längerfristigen Achillodynie oder anderen Verletzungen führt.
Nicht nur bei bestehenden Fußbeschwerden sollte man systematisch, aber langsam und vorsichtig mit dem Barfußlaufen beginnen, zuerst nur ergänzend zu den aktuellen Schuhen, später für immer längere Zeiten. Die Füße müssen zunächst an die neuen Anforderungen gewöhnt, die Muskeln gedehnt oder die Fußgewölbe neu auf- bzw. umgebaut werden.
Auf dünnen Sohlen oder barfuß bekommt unser Gehirn mehr und andere Informationen, die schließlich die Qualität der Bewegung positiv im Sinne der Vorwärtsbewegung beeinflussen.
Deshalb sollte man in einem ersten Schritt die Füße zuerst mit „leichten, weniger stabilen Schuhen“ mit dünner Sohle konfrontieren, bevor man schrittweise auf Barfußlaufschuhe wechselt.
Barfußlaufen stärkt die Fuß- und Beinmuskeln bis zum Knie, den Vorfußbereich rund um die Zehen, die Fußgewölbe, die Muskulatur des Fußgelenks und des Unterschenkels.
Dafür müssen die Füße nach jahrelanger Barfußlaufabstinenz zuerst vorbereitet werden. Laufen auf dem Rasen, auf Sand, Kies und anderen verschiedenen Untergründen sowie Fußkräftigungsübungen auf Weichbodenmatten helfen dabei, die Balance und Koordination zu verbessern und die Bahnungen zum und vom Gehirn in Vorbereitung auf späteres schnelles Laufen auf dem Vorfuß zu verstärken. Ohne Schuhe soll der Körper sogar weniger Energie verbrauchen.
Vor allem in der frühen Kindheit fördert Barfußlaufen die Fußkraft, die Ausbildung des für den Abdruck beim Laufen so wichtigen Fußgewölbes, und verhindert die Bildung von Fußdeformationen.
Barfußschuhe schützen die Füße vor spitzen oder scharfkantigen Gegenständen, vor Mikroorganismen und Insektenstichen. Mit den oft nur wenige Millimeter dicken Sohlen sehen sie aus wie ein Laufschuh, sogar die Zehen sind inzwischen separat beweglich. Damit kommen sie auch im Gefühl und Laufstil dem Barfußlaufen nahe.
Beginne mit kleineren Schritten und setze den Fuß mit dem vorderen Teil der „Lauffläche“ auf. Treten Schmerzen auf, mach eine Pause, kräftige und massiere die Füße und lockere die Waden. Vielleicht machst Du dann übermorgen den nächsten Versuch. Danach kannst Du das Training mit den bisher gewohnten Schuhen fortsetzen.
Nach einiger Zeit verschwinden Schmerzen und Muskelkater und Du kannst Deine Barfußschuhe immer länger tragen.
Deine individuelle Erfahrung sollte darüber entscheiden, welche Teile einer Trainingseinheit in Barfußschuhen absolviert werden können, ohne Schäden anzurichten. Es gibt ja auch noch „Laufschuhe für schnelles, längeres Laufen“ und Spikes!
Fußkraft und Vortrieb sind im Hochleistungsbereich eine auszubildende Fähigkeit, die wesentlichen Anteil an der individuell möglichen Endleistung hat. Dies wird von vielen Läufern unterschätzt.
Obwohl seit Jahren auch schon „Zehenschuhe“ auf dem Markt sind, bei dem die Zehen eigene Zehenkammern haben, und die sich am Barfußlaufen orientieren, sind nicht alle für jeden – oft nicht ganz gesunden – Fuß geeignet. Deshalb sind Vorsicht und Geduld beim Umstieg auch auf solche Barfußlaufschuhe angeraten.
Fotos: Rigal, Pöhlitz
Lothar Pöhlitz
Leichtathletik Coaching-Academy
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