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2014

29.08.2014, Deutsches Theater, Berlin, GER, Olympia-Dialog, , im Bild Foto Juergen Engler - 0 1 7 2 - 3 0 1 5 5 9 0 - K u r f u e r s t e n s t r a s s e 6 0 - 1 0 7 8 5 B e r l in m i t 7 % M w - S t e u e r , H o n o r a r p f l i c h t i g S t e u e r - N r . : 3 4 - 2 7 7 - 5 1 5 9 9 F i n a n z a m t M i t t e / T i e r g ar t e n C o m m e r z b a n k K o n t o - N r . : 4 0 3 0 4 6 10 0 B L Z 1 0 0 8 0 0 0 0 I B A N : D E 0 8 1 0 0 8 0 0 0 0 0 4 0 3 0 4 6 1 0 0 B I C : D r e s D E F F 1 0 0 w w w . p r e s s e f o t o - e n g l e r . d e P r e s s e f o t o - e n g l e r @ t - o n l i n e . d e

Deutschland für Olympia – Olympia für Deutschland – Von Sylvia Schenk – Transparency International Deutschland, Leiterin der Arbeitsgruppe Sport.

By GRR 0

Olympische Spiele sind nicht irgendein Sportfest: Vom Aufwand her nicht, von der Signalwirkung – ob positiv oder negativ –  her nicht und schon gar nicht, wenn man den damit  verbundenen Anspruch betrachtet:

„Ziel des Olympismus ist es, den Sport in den Dienst der harmonischen Entwicklung des Menschen zu stellen, um eine friedliche Gesellschaft zu fördern, die der Wahrung der Menschenwürde verpflichtet ist." (Olympische Charta, Grundlegende Prinzipien Nr. 2).

Wie immer im Leben ist es aber auch bei Olympia nicht so einfach, Anspruch und Wirklichkeit in Übereinstimmung zu bringen. Das darf allerdings nicht dazu verleiten, den Anspruch aus den Augen zu verlieren, ihn hinter der Wirklichkeit verschwinden zu lassen. Es muss immer wieder darum gerungen werden, der Macht des Faktischen, aktuellen Herausforderungen und Unzulänglichkeiten die ethisch-pädagogische Grundierung der Olympischen Idee entgegen zu setzen. Sonst werden die Spiele von der Vielzahl der beteiligten Akteure für je eigene Zwecke benutzt, instrumentalisiert und nicht selten missbraucht. Vor allem muss die Olympische Idee in unsere heutige Zeit „übersetzt" und geklärt werden, was für eine Haltung und Herangehensweise sie zu Beginn des 21. Jahrhunderts von der Olympischen Bewegung erfordert.

Völkerverständigung und Frieden, das demonstriert uns das Jahr 2014 in besonderem Maße, bleiben dabei die Richtschnur. Diese muss in der Umsetzung aber ergänzt werden durch praktische Maßnahmen, die global Anstöße für eine positive ökonomische, ökologische und soziale Entwicklung geben, d.h. ein Signal für einen Abbau der Kluft zwischen Ost und West, Süd und Nord, heutigen und künftigen Generationen beinhalten. Nur wenn die Olympische Bewegung in diesem Sinne eine umfassende Nachhaltigkeitsstrategie verfolgt, kann sie einen Beitrag zu einer besseren Lebenswirklichkeit weltweit leisten und ihrem eigenen Anspruch gerecht werden.

Vancouver 2010 und London 2012 haben sich auf den Weg gemacht: Beide Organisationskomitees haben von Beginn an bei den Vorbereitungen Nachhaltigkeit nicht nur – wie es oft fälschlicherweise noch geschieht – mit dem Thema Umwelt gleichgesetzt, sondern insbesondere die gesellschaftliche Dimension mit einbezogen sowie neue Partizipationsansätze erprobt. Das war bei weitem noch nicht alles perfekt, aber ein großer Schritt in die richtige Richtung mit abschließender ausführlicher Berichterstattung, um Rechenschaft über die Maßnahmen und deren Wirkung zu geben

(https://www.olympic.org/Documents/Games_Vancouver_2010/VANOC_Sustainability_Report-EN.pdf; https://www.mma.gov.br/estruturas/255/_arquivos/london_2012_sustainability_report_a_blueprint_for_change_relat_255.pdf; https://www.insidethegames.biz/sustainability/1012222-the-final-chapter-on-a-sustainable-london-2012).

Seitens der Organisation der Commonwealth Games 2014 in Glasgow  wurde – von der deutschen Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt – in beispielhafter Weise ein Bekenntnis zu den Menschenrechten, den internationalen Standards des Arbeitsrechts (ILO-Normen), Transparenz sowie der Beachtung weiterer grundlegender internationaler Vorgaben abgegeben und entsprechende Programme entwickelt

(https://www.glasgow2014.com/sites/default/files/documents/Glasgow%202014%20-%20approach%20to%20human%20rights%20-%20December%202013.pdf).

Eine deutsche Olympia-Bewerbung sollte diese Ansätze aufgreifen und weiterführen. Wenn Deutschland sich mit Ideen, die über perfekte Sportstätten und eine funktionierende Organisation von Wettkämpfen hinausgehen, in die Debatte einbringt, somit Verantwortung für Olympia, für die Zukunft vor Ort und im weltpolitischen Zusammenhang gleichermaßen, übernimmt, macht Olympia für und in Deutschland Sinn. Missstände in anderen Ausrichterländern und Fehler des IOC zu kritisieren, ist legitim, genügt aber auf Dauer nicht: Änderungen kann nur bewirken, wer selber etwas in Bewegung bringt.

Was also steht an in Berlin oder Hamburg?

Wie keine Veranstaltung sonst werden Olympische und Paralympische Spiele unter großer und weltweiter öffentlicher Aufmerksamkeit vergeben, organisiert und durchgeführt. Sie können somit nicht nur in der ausrichtenden Stadt einen mehrjährigen Entwicklungsprozess anstoßen, der Sport in all seinen Facetten als wesentliches Element von ganzheitlicher Bildung, gesunder Lebensweise, kultureller Identität und moderner Stadtentwicklung erlebbar macht, sondern immer auch beispielhaft wirken.

Über internationale Vernetzung und die systematische Einbindung aller Beteiligter bzw. Betroffener („Stakeholder") lassen sich Erfahrungen nutzbar machen für Großstädte in aller Welt, die angesichts von Bevölkerungszustrom, Wohnungsnot, hohem Flächenverbrauch, unzureichenden Verkehrswegen und Verelendung einzelner Stadtteile bzw. Personengruppen oft unter vergleichbaren Problemen leiden.

Die Paralympischen Spiele fordern darüber hinaus zur Auseinandersetzung insbesondere mit neuen Bau- und Wohnformen sowie intelligenten Mobilitätskonzepten heraus, ohne die eine urbane Gestaltung von Städten heutzutage nicht denkbar ist. Inklusion und Diversity, d.h. die gleichberechtigte Einbeziehung und Anerkennung unterschiedlicher Menschen und Lebenskonzepte,  können bei der Personalrekrutierung aufgegriffen, aber auch im Freiwilligenprogramm der Spiele vorgelebt und erprobt werden.

Hinzu kommt der  demografische Faktor: Überalterung in einigen westlichen Gesellschaften wie Deutschland, überproportionaler Anstieg junger Menschen ohne angemessene Perspektiven in anderen Ländern mit der Folge von Migrationsbewegungen. Was bedeutet diese Entwicklung für Städte in Deutschland, welche solidarischen Antworten gibt es unter Einbeziehung der Situation in den Herkunftsländern und wie kann international zusammen gewirkt werden, um zu Lösungen zu kommen? Welchen Beitrag können – und müssen – Städte leisten zu einer Bildungs- und Gesundheitspolitik, die allen Bevölkerungsgruppen angemessene Lebenschancen eröffnet?

Es wäre natürlich vermessen zu meinen, all dies könne in 10 bis 14 Jahren – vom Beginn einer  Bewerbung 2014 bis zur Schlussfeier der Paralympics 2024 oder 2028 – gelöst werden.

Aber Deutschland kann die richtigen Fragen stellen und mit nachhaltigen Spielen aufzeigen, wofür dieses Land steht und wie wir uns die Zukunft der Weltgesellschaft vorstellen.

Sylvia Schenk in SPORT IN BERLIN – Oktober/November 2014

 

author: GRR

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