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03
04
2017

Deutsche 10 km-Meisterin Melat Kejeta wird Vierte in Berlin ©Horst Milde

Deutsche 10 km-Meisterin Melat Kejeta wird Vierte in Berlin – und ist dennoch nicht beste deutsche Läuferin beim 37. Berliner Halbmarathon – GRR-Vorsitzender Horst Milde: „Neue DLV-Regelung erschwert Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland“

By GRR 0

Wie bereits ausführlich berichtet hat der 37. Berliner Halbmarathon 2017 am Sonntag mit 34.004 gemeldeten Teilnehmern seinen Ruf als herausragendes Frühjahrshighlight für in- und ausländische Topläufer wie auch Freizeitläufer bestätigt.

 

Ganz vorne dabei im Ziel am Alexanderplatz war dabei Melat Yisak Kejeta.

Die Läuferin des PSV Grün-Weiß Kassel steigerte sich wenige Wochen nach ihrem starken Auftritt in Den Haag (1:12:30 Std.) dabei als Vierte noch einmal um eineinhalb Minuten auf 1:11:00 und verbesserte damit die schnellste Zeit einer für einen deutschen Verein startenden Athletin.

Bei den Frauen waren nur die Kenianerinnen Joan Melly (1:08:45) und Edith Chelimo (1:08:57) sowie die Niederländerin Elizeba Cherono (1:10:43) schneller als die 24jährige.

Mit diesem herausragenden Lauf lag die amtierende Deutsche 10 km-Meisterin von Hamburg 2016 deutlich vor den bestplatzierten Deutschen Sabrina Mockenhaupt (Achte/ 1:12:11), Katharina Heinig (Neunte/ 1:13:25) und Mona Stockhecke (Elfte/ 1:15:41), als deutsche Jahresbeste wird gemäß der DLV-Regularien allerdings Sabrina Mockenhaupt geführt.

Diese Tatsache zeigt mit aller Deutlichkeit das Dilemma, in dem sich der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) befindet. Gemäß der für 2017 gültigen Regularien sind künftig bei Deutschen Meisterschaften nur noch deutsche Staatsbürger startberechtigt, in die offiziellen Deutschen Bestenlisten können als logische Schlussfolgerung nur Startberechtigte bei den nationalen Meisterschaften aufgenommen werden.

Ausländische Läufer bzw. Asylsuchende oder anerkannte Asylbewerber können zwar bis auf Landesebene für einen deutschen Verein starten, sind jedoch bei nationalen Meisterschaften nicht zugelassen, die Leistungen werden in den Deutschen Bestenlisten mit einem Stern separat gelistet.

„Die neue DLV-Regelung erschwert natürlich die Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern in Deutschland und in den Vereinen hierzulande. Wenn wir die Willkommenspolitik der Bundeskanzlerin auch mit Leben erfüllen wollen, dann dürften wir derartige Barrieren nicht aufbauen!" so Horst Milde als Vorsitzender von German Road Races (GRR).

Verhehlt aber nicht die Probleme, die bislang durch vermehrte Starts von Nicht-Deutschen bei nationalen Meisterschaften entstanden sind.

„Es kann allerdings auch nicht sein, dass unsere besten Läufer keine Chance mehr auf Medaillen und Podestplätzen bei Meisterschaften haben, wenn inzwischen in Deutschland lebende Läufer aus den Läuferländern Äthiopien, Eritrea und Kenia vorweg laufen. Es mag durchaus für die Leistungsentwicklung wichtig sein, unseren Nachwuchsläufern zu zeigen, wo eine Leistungsentwicklung bis hinein in die Spitze hinführen muss. Deshalb sind, nennen wir es multikulturelle Trainingsgemeinschaften, die unbedingt zu fördern sind. Es darf nämlich nicht sein, dass unsere Talente frustriert sind und dem Laufen den Rücken kehren!"

Horst Milde verweist in diesem Zusammenhang auf die GRR-Jahrestagung in Paderborn im Dezember 2016, wo sich die Veranstalter als Ergebnis eines Workshops unmissverständlich für eine Integration von Flüchtlingen und Asylbewerbern in die Vereine und Trainingsgruppen ausgesprochen haben.

Und gegen den resoluten Schnitt durch den DLV sind, der ab 2017 Nicht-Deutschen die Startberechtigung bei nationalen Meisterschaften entzieht. „Es kann doch nicht im Sinne unserer Vereine sein, wenn wir schon lange in Deutschland lebende und bestens integrierte Sportler plötzlich von gemeinsamen Lauferlebnissen wie bei Deutschen Meisterschaften ausgeschossen sind!"

So äußerten sich beispielsweise Karsten Schölermann (Hamburg) und Winfried Aufenanger (Kassel), die seit Jahren eine engagierte Integration in ihren Vereinen betreiben und sich nun brüskiert sehen.

„Der Deutsche Leichtathletik-Verband muss die getroffene Regelung wieder rückgängig machen zugunsten einer moderaten Integrationspolitik", denkt Horst Milde. „Es lässt sich natürlich diskutieren, ob ein permanenter Aufenthalt in Deutschland von drei oder fünf Jahren für eine Startzulassung erforderlich ist. Bei Jugendlichen und Senioren ist eine Zulassung ehedem unstrittig, da diese längst Teil unserer Gesellschaft sind. Wir werden mit unserer Asylpolitik nur dann Erfolg haben, wenn wir die Integration ernst nehmen und die Ausgrenzung aus Bereichen unseres gesellschaftlichen Lebens vermeiden!

GRR jedenfalls bekennt sich ohne Wenn und Aber zu einer moderaten Integration und schrittweisen Zulassung auch bei Deutschen Meisterschaften!"         

Doch noch einmal zurück zu Melat Yisak Kejeta. „Bis 18 km lief es sehr gut", berichtet die gebürtige Äthiopierin, die als anerkannte Asylbewerberin in Kassel lebt, nach den neuen Regularien des Deutschen Leichtathletik-Verbandes ihren Deutschen Meister-Titel aber leider nicht verteidigen darf. Nach Kilometer 18 musste sie etwas das Tempo rausnehmen, freute sich dennoch über die beste Zeit, die sie bisher in Deutschland gelaufen ist. Nur 2012 war sie in Ivry-sur-Seine (Frankreich) in 1:10:27 etwas schneller. „Ich wäre aber gerne noch mindestens eine Sekunde schneller gelaufen", sagt Melat Yisak Kejeta, so blieb es bei der „Punktlandung" auf 1:11:00. Dennoch ist das Covergirl des EAM Kassel Marathon 2017 „stolz auf meine Leistung."

Mit ihrer Zeit ist sie nun auch beste Halbmarathon-Läuferin aller Zeiten beim PSV Grün-Weiß Kassel und löst die bisherige Vereinsrekord-Halterin Simret Restle-Apel ab. 

Wilfried Raatz mit Auszügen aus der Presse-Information des PSV Grün-Weiß Kassel

author: GRR

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