Sportarten, die sonst ein Mauerblümchendasein fristen, rücken im Vierjahres-Rhythmus in den Blickpunkt und sorgen dafür, dass sie als ein unverzichtbarer Bereich der Sportkultur nicht ganz im gigantischen lärmenden monetären Eventspektakel in Vergessenheit geraten.
Der KOMMENTAR von Walter Mirwald bei bei DOSB Presse – Faszination Olympia
Vor dem Beginn der Olympischen Sommerspiele von Peking und in der ersten Wettkampfwoche ist vieles passiert, was den Sport in den Hintergrund gerückt hat.
Die Diskussion um die Menschenrechte im kommunistisch beherrschten bevölkerungsreichsten Land der Welt mit den unschönen Zwischenfällen beim Weg des Olympischen Feuers von Athen nach Peking, das Gezeter um freien Zugang ins Internet für ausländische Journalisten, die durch Filmbeiträge und Interviews untermauerten Zweifel an der Lauterkeit des chinesischen Sportsystems, das Gerangel zwischen dem Internationalen Fußballverband und den Proficlubs um die Freistellung der teuren Edelkicker für das olympische Turnier und zu allem Überfluss noch die kriegerischen Auseinandersetzungen im Kaukasus zwischen Russland und Georgien.
Doch dann brannte endlich das Feuer. Die Wettkämpfe begannen. Und die Faszination Olympia erhielt ihre Bühne. Sehen wir hinweg über die Medaillenzählerei, ignorieren wir das Streben nach Macht und Status, das ehrgeizige Funktionäre von den Konferenzsälen in die Wettkampfstätte mitschleppen. Genießen wir die Vielfalt des Sports. Denn das ist es, was Olympia ausmacht:
10.500 Athletinnen und Athleten aus 204 Nationen der Erde ermitteln in 28 Sportarten zur selben Zeit an demselben Ort die besten der Welt. Und für viele Akteure bleibt die Zeit für einige Tage stehen bei diesem Gipfeltreffen des Sports. Sie scheren sich nicht darum, was außerhalb des olympischen Areals geschieht. Dies beweisen die demonstrativen Umarmungen der russischen Schützin Natalia Paderina und Nino Salukwadse aus Georgien bei der Siegerehrung, die Silber und Bronze mit der Luftpistole über 10 Meter gewonnen hatten.
Und dem Betrachter wird auch rasch deutlich, dass es die oben zitierte sportliche Vielfalt der Olympischen Spiele ist, was dieses Ereignis beispielsweise von der zweifellos grandiosen und mitreißenden Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und der ebenso spannenden Fußball-Europameisterschaft 2008 unterscheidet und ihm den Stempel der Einmaligkeit aufdrückt: Das weltweit medial präsentierte Wechselspiel der so genannten olympischen Kernsportarten wie zum Beispiel Leichtathletik, Reiten, Schwimmen und Turnen bis hin zu den Disziplinen, die im nichtolympischen Alltag als Randsportarten abgetan und häufig ignoriert werden.
Da sorgt ein bislang nahezu unbekannter Kanute namens Alexander Grimm für das erste Gold des DOSB-Teams; die sonst von der breiten Öffentlichkeit kaum beachteten Kunst- und Turmspringer eröffnen den Medaillenreigen und bestechen mit Eleganz und Power; und es gewinnt die in der Mongolei geborene Pistolenschützin mit dem unaussprechlichen Namen Munkhbayar Dorjsuren Bronze für Deutschland und wirbt dazu noch für gelungene Integration durch Sport.
Sportarten, die sonst ein Mauerblümchendasein fristen, rücken im Vierjahres-Rhythmus in den Blickpunkt und sorgen dafür, dass sie als ein unverzichtbarer Bereich der Sportkultur nicht ganz im gigantischen lärmenden monetären Eventspektakel in Vergessenheit geraten. Das ist eine wichtige Botschaft – auch aus Peking. Denn das ist die Faszination Olympia.
Walter Mirwald in DOSB PRESSE AKTUELL