Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung- Der Kommentar: Deutschland sucht die Olympia-Stadt ©privat
Der Kommentar: Deutschland sucht die Olympia-Stadt – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung
Zwei Weltstädte hofieren die Spitze des deutschen Sports. Das ist kein Wunder, schließlich wollen sie etwas von den Vertretern der Verbände: die Wahl als Olympia-Kandidat.
Doch mit ihren Einladungen zu Empfängen, Galas und Kabinettssitzungen, mit der Planung von Sportstätten und Veranstaltungen und nicht zuletzt mit ihren vielfältigen Bekenntnissen zu den Werten von Sport und Olympia tun Berlin und Hamburg nicht nur etwas für sich. Sie helfen dem Sport.
Nun gut, an gesellschaftlicher Anerkennung sollte es den Vertretern von Hobby- und Spitzensport eigentlich nicht mangeln. Doch das unklare Procedere und die schwammigen, um nicht zu sagen: fehlenden Kriterien für die Wahl ihrer Olympiastadt 2024 zeugen von fehlender Selbstsicherheit an der Spitze.
Wie wichtig ist die gerade laufende Meinungsumfrage? Fallen weitere Kriterien ins Gewicht? In welchem Maße? Wie viel Zustimmung zur Bewerbung muss erreicht werden? Wie groß muss der Vorsprung eines Kandidaten sein, um den Wettstreit zu entscheiden? Welchen Einfluss haben die Fachverbände? Was, wenn sich die Vollversammlung nicht vom Votum des Präsidiums überzeugen lässt?
Gleich vier Bürgerentscheide verloren
In der Summe der offenen Fragen wird deutlich, dass der Sport unter einem Trauma leidet, nein unter zwei. Gleich vier Bürgerentscheide gingen im November 2013 gegen die Bewerbung Münchens um die Winterspiele 2022 aus. International waren die Chancen großartig gewesen, doch die bayerischen Wahlbürger hatte der Sport versäumt zu überzeugen. Eine solche Erfahrung bei der Abstimmung über Sommerspiele 2024 in Berlin oder Hamburg würde Olympia in Deutschland vollends diskreditieren – als Organisation, als Veranstaltung und sogar als höchstes sportliches Ziel des DOSB und seiner Athleten.
Darüber hinaus verweist die ständige Rede, Berlin und Hamburg sollten nicht in einen Schönheitswettbewerb gezwungen werden, auf ein weiteres Trauma: die Wahl Leipzigs als Olympia-Bewerber 2012. Vor allem an das Cellospiel von Oberbürgermeister Tiefensee erinnert sich das Publikum bei dieser Episode. Dem Sport dagegen sitzt noch immer der Schreck in den Gliedern, trotz aufwendiger Evaluation vor zwölf Jahren eine Stadt ins Rennen geschickt zu haben, die mangels Hotelkapazität nicht einmal die technischen Anforderungen erfüllte.
Man ahnt die Konsequenz: Diesmal darf nichts schiefgehen. Da macht man sich die Wahl nicht noch durch starre Kriterien schwer. Überzeugen kann der Kandidat im Lauf der Bewerbung dann immer noch.
Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Mittwoch, dem 25. Februar 2015
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