Blog
24
08
2008

Der „feste Bobbes“ verhindert Friedrichs Höhenflug – Michael Reinsch, Peking, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung – „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“ – Ariane Friedrichs Hintern war das Problem

By GRR 0

Mit der Niederlage von Blanka Vlasic und dem Olympiasieg von Tia Hellebaut ist der letzte Abend der Leichtathletik bei den Olympischen Spielen zu Ende gegangen. Die Kroatin und die Belgierin übersprangen am Samstagabend im Vogelnest 2,05 Meter; beide rissen 2,07 Meter. Die dreißig Jahre alte belgische Europameisterin setzte sich durch, weil sie nur einen Sprung für die Sieghöhe brauchte; Blanka Vlasic, die Weltmeisterin, riss im ersten Versuch.

Dritte wurde die Russin Anna Tschitscherowa, die Zweite der Weltmeisterschaften von Osaka, mit 2,03 Metern. Elena Slesarenko, die Olympiasiegerin von Athen, wurde mit 2,01 Meter Vierte. Die 24 Jahre alte Blanka Vlasic hatte vorher alle 34 Wettbewerbe gewonnen, die sie bestritt.

„Der Hintern fest wie ein Stein“

Ariane Friedrich gelang es nicht, die Ausbeute der deutschen Leichtathleten auf zwei Medaillen zu steigern. Sie ging mit einem „festen Bobbes“, wie sie sagte, aus dem Wettbewerb. Ihr linker Gesäßmuskel verspannte, nach drei Versuchen über 1,99 Meter war Schluss; sie wurde Siebte.

„Der Hintern ist fest wie ein Stein“, klagte die 24 Jahre alte Frankfurterin. Sie habe versucht, die Verletzung mit einem Igelball zu behandeln; sie hätte allerdings einen Physiotherapeuten gebraucht, um den Muskel lockern zu lassen, sagte sie.
Blättern

Ohne Fett am Körper

Im Trainingslager hatte Ariane Friedrich noch einmal abgenommen und war so leicht wie noch nie in die Olympischen Spiele gegangen. Sie probiere immer noch, die perfekte Balance zwischen Kraft und Leichtigkeit zu finden, sagte sie in Peking; Fett habe sie ohnehin nicht mehr am Körper.

Als sie in der Qualifikation 1,97 übersprang, spürte Ariane Friedrich zum ersten Mal, dass etwas nicht stimmte mit dem Muskel. „Ich habe mir nichts vorzuwerfen“, sagte die Polizeischülerin, die ihre Bestleistung in diesem Jahr auf 2,03 Meter gesteigert hatte. „Ich hatte mir als Ziel gesetzt, die zweite deutsche Medaille in der Leichtathletik zu holen“, sagte sie. „Aber ich habe mich nicht dafür zuständig gefühlt.“

Im Winter Fünfkampf

Bisher hat lediglich Christina Obergföll als Dritte des Speerwerfens eine Medaille gewonnen. Damit schneiden die deutschen Leichtathleten so schlecht ab wie seit den Olympischen Spielen von 1904 in St. Louis. Vor 108 Jahren bestand allerdings die gesamte deutsche Mannschaft aus lediglich 15 Teilnehmern. In der Leichtathletik, die damals Wettbewerbe wie 200-Meter-Hürdenlauf, Hindernislauf über 2590 Meter, 4-Meilen-Mannschaftslauf, Standhoch- und Standweitsprung sowie Gewichtwerfen enthielt, konnte sie lediglich eine Bronzemedaille gewinnen.

Den bisher erfolgreichsten Sprung ihrer Karriere hatte die dreißig Jahre Tia Hellebaut im vergangenen März gemacht. Da hechtete sie am Ende des 800-Meter-Laufs, der letzten Disziplin des Fünfkampfes, erschöpft über die Ziellinie und verteidigte eine einzige Sekunde ihres Vorsprunges vor der vorneweg gestürmten Britin Kelly Sotherton. Damit war die Belgierin Hallen-Weltmeisterin in ihrem bevorzugten Wintersport. Sie brauche die Abwechslung, sagte sie, und es helfe ihr besser hoch zu springen.

Hellebaut erreicht ihre Bestleistung

Vor zwei Jahren wurde sie in Göteborg Europameisterin im Hochsprung. Da hatte sie sich gerade dazu entschieden, den Siebenkampf aufzugeben, in dem sie immer noch den belgischen Rekord von 6201 Punkten hält. Die 1,82 Meter große Brillenträgerin aus Antwerpen passt nicht so recht zu den extrem mageren Hochspringerinnen mit ihren Hungerfiguren. Obwohl sie angibt, lediglich 62 Kilogramm zu wiegen, wirkt sie zwischen ihren Konkurrentinnen kräftig. Ihre Bestleistung beträgt 2,05 Meter; in dieser Saison waren glatte zwei Meter ihr bisher bestes Ergebnis gewesen.

Mallow will die „die Zeit arbeiten lassen“

Die belgischen Leichtathleten machen bei dieser Weltmeisterschaft staunen. Ihre Frauen-Staffel wurde am Freitag Zweite über 4 x 100 Meter, als die Jamaikanerinnen den Staffelstab verloren. Die Männer kamen am Samstag über 4 x 400 auf Platz fünf. Das belgische Modell bestehe aus professionellen Strukturen, etwa einem festen Gehalt vom Staat für die Athleten, hauptamtlichen Trainern und Physiotherapeuten.

„Zu Vermutungen zu den belgischen Sprintern und Langsprintern lasse ich mich nicht hinreißen“, sagte der deutsche Bundestrainer Jürgen Mallow am Samstag. „Wir lassen einfach die Zeit arbeiten.“ Damit spielte er darauf an, dass Dopingproben von diesen Spielen acht Jahre aufbewahrt und nachkontrolliert werden können.

Michael Reinsch, Peking, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung , Sonnabend, dem 23. August 2008

author: GRR

Comment
0

Leave a reply