Blog
25
08
2008

Doch ausgerechnet in den Kernsportarten - die Leichtathletik mit nicht mehr als der Bronzemedaille von Christina Obergföll in ihren 47 Wettbewerben und das Schwimmen mit den zwei Olympiasiegen von Britta Steffen - droht ein Vakuum.

Der DOSB zieht Bilanz – Mehr Gold, mehr Geld – Michael Reinsch, Peking, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

„Natürlich will man Sportler, die solche Erfolge bringen wie Phelps und Bolt, im Team haben“, sagte Michael Vesper. „Die Unterstellung, jeder, der schneller ist als ich, muss gedopt sein, finde ich falsch. Bis zum Beweis des Gegenteils kann man skeptisch sein, aber man darf niemanden verurteilen aufgrund eines Generalverdachts.“

Athleten, die wie Michael Phelps mit seinen acht Olympiasiegen oder Usain Bolt mit seinen drei Weltrekordsprints die Welt des Schwimmens oder der Leichtathletik aus den Angeln heben, sind in Deutschland allerdings nicht in Sicht. Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB), dessen Generaldirektor Vesper ist, will eine Debatte darüber führen, was der Gesellschaft der Leistungssport wert ist.

Und da könnte ja vielleicht erwähnt werden, dass es im Hochleistungssport nicht nur um Geld und Gold geht, sondern dass Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die sich aufmachen gen Olympia, manchmal ganz andere Preise zahlen für den Erfolg.
Anzeige

Gold sorgt für die Rendite

Am Sonntag ging es nur um das eine. „Wir haben lieber sechzehn goldene als mehr andere Medaillen“, gestand Bernhard Schwank, der Leistungssport-Direktor im DOSB. Damit wollte er sagen, dass das deutsche Team in Peking besser abgeschnitten habe als vor vier Jahren in Athen, obwohl damals die Gesamtzahl der Medaillen höher war. Es gab aber nur dreizehn Olympiasiege. Da erklärt sich, warum Vesper und Schwank von den „Siegertypen“ schwärmten, von denen, „die in der ersten Sekunde ihres Rennens genau wissen, ich will als Erster am Ziel sein“, wie Vesper ausführte, die auf die Frage, ob das Erreichen des Finales und damit die sichere Silbermedaille sie nicht freue, wie Florett-Olympiasieger Benjamin Kleibrink antworten: „Nein, ich will Gold!“

Gold sorgt für die Rendite. Die Bundesminister Wolfgang Schäuble und Franz Josef Jung waren in Peking, um zu schauen, wie sich die staatliche Förderung durch das Innen- und das Verteidigungsministerium auszahlt. Die Mitglieder des Bundestags-Sportausschusses, freute sich Vesper, seien sogar fast zwei Wochen bei den Spielen geblieben. Das Ergebnis, das die deutsche Mannschaft ihnen präsentieren konnte, heißt: 16/10/15 und Rang fünf in der Nationenwertung. Das Ergebnis, das Vesper erreichen will, heißt plus 40 Millionen. Um diesen Betrag soll die staatliche Förderung von 70 Millionen im vergangenen über 88 Millionen in diesem auf knapp 130 Millionen Euro wachsen.

„Der Abwärtstrend ist gestoppt“

16 Gold-, 10 Silber- und 15 Bronzemedaillen sowie 14 vierte Plätze sind zufriedenstellend und zeigen zugleich, dass noch viel zu tun ist. „Wir sind mehr als zufrieden“, sagte Vesper. „Der Abwärtstrend ist gestoppt.“ Das Signal an die Politik hieß: „Unsere Mannschaft war ein guter Botschafter Deutschlands.“ Der deutsche Sport steht einerseits auf einer breiteren Basis. Die Goldmedaillen stammen aus zwölf Sportarten; in Athen kamen sie aus lediglich acht. Insgesamt trugen 21 Sportarten zu der Medaillenausbeute bei.

Doch ausgerechnet in den Kernsportarten – die Leichtathletik mit nicht mehr als der Bronzemedaille von Christina Obergföll in ihren 47 Wettbewerben und das Schwimmen mit den zwei Olympiasiegen von Britta Steffen – droht ein Vakuum. Auch im Rudern und im Boxen waren die Schwächen eklatant. Die Rhetorik Schwanks war so zielgerichtet, wie er sich das Agieren eines Athleten vorstellt. „Auch durch Sondermittel der Regierung wurden Impulse gesetzt“, sagte er über die erfolgreichen Sportarten. Von den erfolglosen ging er über zur Perspektive für London. Erfolg werde nicht mehr retrospektiv vergütet, sondern man mache Pläne, Zielvereinbarungen genannt. Finanziell bestehe dringender Bedarf.

Hinter den beiden Großen – China und den Vereinigten Staaten von Amerika mit zusammen einem Viertel aller Medaillen – habe sich Deutschland mit den zurückgefallenen Russen, Briten, Australiern und Südkoreanern in einer Verfolgergruppe eingerichtet. Darin soll sich das deutsche Team halten.

„Morgen ist Montag“, sagte Vesper gegen Ende der Bilanzpressekonferenz am Sonntag. „Morgen beginnt der Weg nach London.“

Michael Reinsch, Peking, in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Montag, dem 25. August 2008

author: GRR

Comment
0

Leave a reply