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24
02
2015

Der DOSB KOMMENTAR von Prof. Hans-Jürgen Schulke - Sportliche Inklusion - Vereinen und Verstehen ©DOSB

Der DOSB KOMMENTAR von Prof. Hans-Jürgen Schulke – Sportliche Inklusion – Vereinen und Verstehen

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Wer skeptisch vermutete, mit einmütiger und diskussionsloser Verabschiedung des Positions-papiers „Sport und Inklusion" bei der DOSB-Mitgliederversammlung 2013 sei ein beliebiges sportpolitisches Dokument den Archiven überlassen, sieht sich ein Jahr später eines Besseren belehrt.

Das Thema ist in vielen Vereinen und Verbänden quicklebendig, der Deutsche Olympi-sche Sportbund treibt es mit strategischer Priorität voran.

Beispiele aus den letzten Wochen dokumentieren das eindrucksvoll, wenn auch bei weitem nicht vollständig:

Bei den „Sternen des Sports" werden überwiegend Vereine mit behindertensportlichen Aktivitäten vom Bundespräsidenten gewürdigt. In Hamburg zeigt ein Inklusionspreis das Engagement einer Stadt. Der Deutsche Fußball-Bund hat bis auf die Länderebene Inklusionsbeauftragte nominiert.

In mehreren Städten sitzen Vereine an runden Tischen zur Inklusion. Die renommierte Stiftung Alsterdorf hat ein Qualifizierungsprojekt zu Sport und Inklusion gegründet. Der DOSB hat das gemeinsame Strategiekonzept fortgeschrieben und die beeindruckende neue Fotoserie „Sportler/ innen auf Augenhöhe" mit vier Inklusionsmotiven bereitgestellt.

Am 2. März werden in Inzell die Nationalen Winterspiele von Special Olympics Deutschland mit hunderten freiwilligen Helfern eröffnet. Die lange Liste der Inklusionsprojekte in den Vereinen auf der Homepage des DOSB belegt Leidenschaft und Ausdauer für das Thema. Es scheint zu stimmen, wenn Politik im Ver-einssport den großen Inklusionsmotor sieht.

Dynamik und Vielfalt haben Affinität zum kreativen Chaos. Das zu verstehen und ordnen ist vornehme Aufgabe der Wissenschaft. Dem ist die Sportwissenschaft beim Thema Inklusion in der Vergangenheit unterschiedlich nachgekommen.

Lange Zeit war Forschung zum Behindertensport eher Nische für sportaffine Heil- und Sonder-pädagogen, ergänzt um sportmedizinische und bewegungswissenschaftliche Befunde. Erst mit der Behindertenrechtskonvention der UNO geriet das Thema breiter in den Fokus von Forschung und Lehre. Durchaus mit Praxisrelevanz, wie schulpädagogische Konzepte oder die Evaluierung eines Behindertensportabzeichens zeigen. Gleichzeitig sind interdisziplinäre Kongresse insbe-sondere durch Special Olympics initiiert worden. Allerdings: Nicht immer stand der Vereinssport im Mittelpunkt.

Insofern war der im Februar von der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft (dvs) in Göt-tingen organisierte Expertenworkshop „Inklusion im Fokus der Sportwissenschaft" ein wichtiger Meilenstein, wenngleich für das Thema wichtige Disziplinen wie Sportökonomie, Sportpolitik und Sportrecht noch fehlten.

Gerade die UNO-Konvention provoziert Themen wie persönliches Bud-get, Mitentscheidung der Betroffenen oder rechtliche Gleichstellung bei Wahlen. Im Alltag zeigt sich nicht selten, dass der Transport zum Vereinssport an Finanzen und Verordnungen scheitert.

Erster Erfolg der dvs-Tagung war die breite Teilnahme, fast hundert Wissenschaftler und Mitarbeiter füllten den Raum. Der zweite Gewinn war die prominente Beteiligung aus den Sportorganisationen. So konnte DOSB-Vizepräsidentin Prof. Gudrun Doll-Tepper bei den pädagogischen Appellen nach mehr Inklusion auf die Mühen der Ebene zu einem noch immer bei manchen Eltern und Betroffenen umstrittenen Thema verweisen. Und am Ende konnte die hoffnungsvolle Entwicklung im organisierten Sport betont werden.

„Science meets Practice" steht hier allerdings noch am Anfang. So notwendig eine begriffliche Klärung von Diversity, Inklusion und Integration ist, so hilfreich das Durchdeklinieren von Partizipation und Selbstbestimmung sein kann, so intellektuell anregend eine Zuordnung inklusiven Sports in Sport- und Vereinssysteme auf hoher Abstraktionsebene ist, so sehr ist es notwendig, die innovativen Kräfte an der Basis zu identifizieren, ihre Bereitschaft, ihren Veränderungswillen, ihre Lernbereitschaft.

Solche „bottom-up-Forschung" mag im Mittelpunkt einer nächsten Tagung stehen, die nach der jetzt erfolgten Resonanz sicher folgen wird. Die vor Ort tätigen Akteure – diese Prognose sei erlaubt – sind insbesondere dort zu finden, wo es Vereine gibt. Die nämlich sind in ihrer körperschaftlichen Verfassung seit 200 Jahren per se inklusiv.

Prof. Hans-Jürgen Schulke

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