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11
09
2012

Der DOSB KOMMENTAR - Ein großer Schritt in die Selbstverständlichkeit - Prof. Hans-Jürgen Schulke ©LONDON 2012

Der DOSB KOMMENTAR – Ein großer Schritt in die Selbstverständlichkeit – Prof. Hans-Jürgen Schulke

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Mit einer grandios-mitreißenden, fröhlichen und durch besinnliche Momente ergreifenden Ab-schlussfeier wurden die Paralympischen Spiele 2012 beendet. Sie war der der Olympischen Spiele vier Wochen zuvor in jeder Hinsicht gleichwertig, durch die aktive Gestaltung behinderter Menschen vielleicht intensiver.

Die Paralympics haben nicht nur durch großartige Leistungen und eine exzellente sportliche Organisation über den Tag reichende Zeichen gesetzt. Drei Ergebnis-se bleiben.

Da ist zunächst der beeindruckende Entwicklungsprozess. Vor 64 Jahren als Stoke Mandeville Games mit 16 querschnittsgelähmten Bogenschützen abseits Olympias begonnen, präsentierten sie sich in London mit über 4000 selbstbewussten, gut vorbereiteten und leidenschaftlich kämp-fenden Aktiven aus aller Welt in 21 Sportarten als exzellentes Fest des Sports. Ein Kreis schloss sich, indem die Spiele an ihren Ausgangspunkt zurückkehrten und doch völlig anders waren als 1948. Der Weg war mühsam, hatte große Sprünge wie Rom 1960 – erstmals örtliche und zeitliche Verbindung mit Olympischen Spielen – und bittere Rückschläge wie Los Angeles 1984, wo die Veranstalter auf die Paralympics aus Kosten- und Imagegründen verzichteten.

In den Tagen von London war der Fortschritt der Anerkennung überwältigend, die Bedeutung der Spiele für den Weltsport offensichtlich, die Mitgliedschaft der Athleten in der Olympische Familie zweifelsfrei.

Zum Zweiten: Die Strahlkraft der Paralympics von London 2012 reichte wie nie zuvor über die Welt des Sports hinaus. Sie waren ein Symbol für die Gleichwertigkeit aller Menschen, unabhän-gig von ihren körperlichen Voraussetzungen und Beeinträchtigungen, von Herkunft oder Religi-on, Einkünften oder Bildung.

Bilder von nahezu nackten Schwimmern, die in aller Öffentlichkeit ihre körperlichen Eigenarten präsentierten, wären vor wenigen Jahren noch schockierend gewesen. Die mit begeisterten Zuschauern vollbesetzten Ränge in Stadien und Arenen, die umfang-reichen Berichterstattungen in Tagespresse und im Fernsehen schufen eine Akzeptanz, ja Hochachtung gegenüber den Athleten, schließlich ein selbstverständliches Übersehen der Behinderungen – die sportliche Leistung und die Akteure selbst standen fraglos im Mittelpunkt.

Schließlich sind die Paralympics 2012 dem Ziel, Spiele aller behinderter Menschen zu sein, ein gutes Stück näher gekommen. Integriert waren wieder Aktive mit geistiger Behinderung. Schon beim Fackellauf und bei der grandiosen Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele wirkten sie umjubelt mit. Immerhin in dre Sportarten (Schwimmen, Tischtennis, Rudern) konnten sie bei den Paralympics wetteifern und ihre Sieger feiern. Seit 2000 waren sie ausgeschlossen gewesen, weil spanische Funktionäre Nichtbehinderte in ihr Basketballteam regelwidrig aufgenommen hatten.

Unbehindert von traditionellen Bedenken: Die Paralympics 2012 waren ein großer Schritt vorwärts für die menschliche Seite der Olympischen Bewegung dank Athleten, Organisatoren, Londoner Bevölkerung und aufmerksamer Medien. Selbstverständlich warten Herausforderungen: Verabsolutierung des Sieges, unüberschaubares Regelwerk, Technodoping, wenige geistig behinderte Sportler als Alibi. Paralympics sind kein unberührtes Biotop des Sports.

Insgesamt war der beeindruckende Erfolg der Paralympics 2012 ein wichtiger Impuls des Sports zur inklusiven Gesellschaft. Ob man ihr näher kommt, wenn Olympische Spiele und Paralympics zeitgleich an einem Ort stattfinden, bleibt als Frage für die internationalen Sportorganisationen.

 

Quelle: DOSB – Prof. Hans-Jürgen Schulke

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