
2009 BIG/Berlin 25km Berlin, Germany May 10, 2009 Photo: Victah Sailer@Photo Run Victah1111@aol.com 631-741-1865 www.photorun.NET
Christoph Kopp – Ein Macher hinter den Kulissen – Exklusiv-Interview für die CONDITION von Helmut Schaake.mit Christoph Kopp
Er gilt als Macher hinter den Kulissen und hat in den letzten 10 Jahren wie kein anderer den Frankfurt-Marathon geprägt. Athletenmanager Christoph Kopp ist seit 2003 der sportliche Leiter des Frankfurt-Marathons und war stets ein Garant für Steigerungsraten. Die Entwicklung der Siegerzeiten, aber auch die Teilnehmerzahlen sprechen für den 66-jährigen gelernten Industriekaufmann.
Schon früh hat er in den 1980er-1990er-Jahren den Berlin-Marathon gefördert und mit zu einer renommierten Vorzeigeveranstaltung gemacht. In all den Jahren hat er sein Vorgehen kaum verändert. Christoph zeichnet alleinverantwortlich für die Verpflichtung der Topathleten und „Edelhasen“. Der Mann hat einen „goldenen Riecher“ und weiß ganz genau, welcher Topläufer zu welcher Laufveranstaltung passt. Die entscheidende Rolle spielt aber letztlich wie immer das „liebe Geld“ und die Höhe des Budgets.
Vor Kurzem gab Christoph Kopp der CONDITION ein Exklusiv-Interview.
CONDITION: Christoph, wo soll die Entwicklung in Frankfurt noch hingehen?
Christoph Kopp: Die Luft hinsichtlich der Spitzenzeiten wird bei den bereits erreichten Ergebnissen natürlich dünner. Aber Rekorde sind nicht das ausschließliche Merkmal unseres Marathons. Wir versuchen auch immer, Spannung für den Zuschauer an der Strecke, in der Festhalle und natürlich auch für den Betrachter am Fernsehschirm zu schaffen.
Jede größere Marathonveranstaltung will mit Rekorden glänzen. Ist da nicht bald ein Ende der Fahnenstange in Sicht oder werden wir in Kürze Endzeiten bei den Männern von unter 2 h erleben?
Das ist nicht ganz einfach zu beantworten. Wenn man mir vor 20 Jahren diese Frage gestellt hätte, hätte ich vielleicht mit einer 2:05 h spekuliert. Aber sicher nicht mit 2:03:23 h. Erkenntnisse, und damit einhergehend, auch Verbesserungen in der Trainingslehre sind natürlich nicht unwichtige Merkmale, die zur Entwicklung, wie wir sie heute kennen, beigetragen haben. Ob das letztendlich zu einer Zeit unter 2 h ausreicht, scheint mir doch etwas sehr weit hergeholt. Aber unter 2:03 h zu laufen, ist bei den Männern durchaus – auch in Kürze – denkbar.
Welche Bestrebungen können z. B. der Frankfurt-Marathon, aber auch die anderen von dir betreuten Veranstaltungen
unternehmen, um die deutschen Männer im Marathonlauf wieder international leistungsfähiger zu machen? Ich denke da an Zeiten von 2:10-2:12 h. Bei den Frauen ist dies, wie man in Berlin oder Frankfurt gesehen hat, ja auch möglich. In Frankfurt wurden schon früher von deutschen Marathonläufern schnelle Zeiten gelaufen. (Hier sei erinnert an 3-x-Sieger Herbert Steffny 2:12:12 h/1985; Steffen Dittmann 1992/2:12:59 h; Stephan Freigang 1993/2:11:53 h; Martin Bremer 1996/2:13:38 h; Michael Fietz 1997/2:10:59 h).
Ich bemerke im Moment unter den deutschen Läuferinnen und Läufern durchaus einen motivierten Ruck nach vorne, die Straße und damit auch den Marathon nicht erst im fortgeschrittenen Alter von 30+ anzugehen. Dies scheint mir eine Grundvoraussetzung zu sein, um die schon länger anhaltende Stagnation zu überwinden. Die von dir zitierten Namen haben ja gezeigt, dass es geht. Denn sie alle haben ihren Schwerpunkt auf der Straße gehabt, unabhängig von gelegentlichen Ausflügen auf die Bahn. Die Veranstalter haben unisono ein großes Interesse an guten deutschen Läufern und Läuferinnen und sind auch bereit, in diese zu investieren. Persönlich wünsche ich mir allerdings etwas mehr Gemeinsamkeiten dieser Athletengruppe, um die gesetzten Ziele auch gemeinsam zu „produzieren“.
Wobei ich nicht verkenne, dass der Weg zum Vollprofi eine bessere finanzielle Ausstattung benötigt. Talente sind auch in unseren Breitengraden ausreichend vorhanden, man kann ihnen aber die Entscheidung Sport oder Beruf nur durch eine entsprechende Absicherung empfehlen. Leistungszentren wie jenes von Alberto Salazar in den USA bleiben wohl vorerst ein Traum. Obwohl der Geldgeber für dieses Projekt auch Hauptsponsor des DLV ist. Warum also nicht auch hier ein solches Zentrum schaffen?
Könnten Sie sich vorstellen, in Deutschland internationale Abendsportfeste mit zu organisieren, damit wieder schnellere Zubringerleistungen (über 5.000 m und 10 000 m um die 13:30 min bzw. 28 min) für den Marathonlauf erbracht werden können?
Das Angebot an solchen Veranstaltungen ist, vielleicht nicht ausreichend, aber dennoch vorhanden. Wichtig ist da natürlich, dass sich die Trainer bei der Planung mit ihren Ansprüchen konstruktiv einbringen und dann aber auch die geschaffenen Möglichkeiten nutzen. Beratend kann ich mich da sicher einbringen, allerdings sollten hier auch jüngere Mitstreiter das Thema anpacken und das Zepter in die Hand nehmen.
Werden die wenigen deutschen Marathonläufer nicht von den vielen Kenianern und Äthiopiern in den Rennen abgeschreckt, da sie ja ohnehin keine Chance auf ein Preisgeld haben? Oder wird ab einer entsprechenden Endzeit dem besten Deutschen auch eine Prämie gezahlt?
Bei allen von mir betreuten Veranstaltungen gibt es seit Jahren eine „deutsche“ Prämie, teilweise auch noch eine Prämie für die besten Europäer. Athleten allerdings, die der Konkurrenz aus Afrika aus dem Weg gehen, werden am Ende nie Großes vollbringen können. Nur wer sich solchen Herausforderungen stellt, wird auch eigene Ziele realisieren. Wenn der Blick auf Preisgelder das sportliche Handeln bestimmt, wird man in der Regel nicht das eigene Potenzial ausschöpfen.
Brauchen wir in den großen deutschen Marathonrennen so viele Afrikaner, die die Zuschauer am Ende sowieso nicht
auseinanderhalten können, nur um den Sponsoren gerecht zu werden? Die Zuschauer an der Strecke, aber auch im
Fernsehen wollen doch eher die spannenden Positionskämpfe sehen. Spannender konnte es in diesem Jahr mit einem Fotofinish ja nicht sein, wo am Ende der Vize-Weltmeister von 2011, Vincent Kipruto, gegen den 37-jährigen Debütanten Mark Kiptoo in 2:06:15 h zu 2:06:16 h gewann und die Festhalle tobte. Aber dann sah man bei der Pressekonferenz doch traurige Gesichter, wenn es am Ende nur zu einer 2:06-h- Zeit reicht.
Die traurigen Gesichter waren mehr aufseiten der Athleten zu sehen, denen aufgrund der Wetterverhältnisse doch die eine oder andere Prämie weggepustet wurde. Wie ich schon eingangs erwähnte, kommt es uns vor allem auf eine spannende Renngestaltung an und hier hatten wir in den vergangenen Jahren durchaus überwiegend Glück. Wenn eine solche Spannung gegeben ist, dann erfreut das auch die Zuschauer, gleichgültig welche Athleten diese Spannung erzeugen. Natürlich wäre es schön, wenn mehr deutsche Athleten mit im Fokus stehen würden. So wie die Hahner-Twins. Aber was im Moment nicht ist, kann ja noch werden. Ein bisschen Optimismus habe ich.
Welche Zeiten, wenn nicht gerade Wind mit Regen wie zuletzt das Rennen bestimmen, kann man Frankfurt in der Zukunft erwarten? Der Streckenrekord steht ja schon bei sensationellen 2:03:42 h seit 2011.
Die Qualität der Streckenrekorde bei den Frauen und Männern zeigt ja, dass die Strecke international absolut mithalten kann. Ein etwas größeres Verbesserungspotenzial ist sicher bei dem Frauen-Rekord (2:21:01 h) gegeben. Allerdings müssen dann schon optimale Wettervoraussetzungen gegeben sein.
Denn auch ein Usain Bolt läuft bei Gegenwind nicht unbedingt unter 10,0 s.
Mit Christoph Kopp sprach CONDITION-Mitarbeiter Helmut Schaake.
CONDITION – 3/2014