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15
09
2009

Caster Semenya: "Das arme, unschuldige Kind"

Caster Semenya – „Gott hat mich so geschaffen“ – Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung

By GRR 0

11. September 2009 Der Fall der südafrikanischen 800-Meter-Weltmeisterin Caster Semenya nimmt ebenso tragische wie bizarre Züge an. Wenn der Weltverband IAAF die Läuferin künftig von Frauen-Wettbewerben ausschließe, sagte der südafrikanische Sportminister Makhenkesi Stofile am Freitag, führe dies zum dritten Weltkrieg.

Er reagierte auf den Bericht der australischen Zeitung Daily Telegraph, dass die in Berlin vorgenommen Untersuchungen ergeben hätten, Caster Semenya verfüge nicht über Gebärmutter und Eierstöcke. Sie habe eingewachsene Hoden, die für einen Testosteronspiegel sorgten, der drei Mal so hoch wie der normaler Frauen sei. Die Zeitung beruft sich auf eine Quelle, die mit der Untersuchung zu tun hat.

Die IAAF bestätigt in einer Pressemitteilung indirekt den Eingang der Testresultate, indem sie ankündigt, dass diese von medizinischen Experten untersucht werden sollen. Der Weltverband sieht sich allerdings gezwungen, zurückhaltend zu agieren, da der Fall Semenya längst zu einem Politikum geworden ist. IAAF-Generalsekretär Pierre Weiss hatte nach dem Titelgewinn von Caster Semenya vor vier Wochen in Berlin das Erscheinen der Achtzehnjährigen bei der Pressekonferenz verhindert. Er begründete dies mit Zweifeln an ihrem Geschlecht und sagte, sie müsse geschützt werden.
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Die IAAF bemüht sich um Diskretion – Caster Semenya: “Das arme, unschuldige Kind“

Südafrikas Präsident Jacob Zuma machte die Verteidigung der Weiblichkeit der südafrikanischen Weltmeisterin bei ihrer Rückkehr nach Südafrika zu seiner Sache. Der ANC, seine Partei, beschuldigte den Westen des Rassismus. Die Parlaments-Abgeordnete Winnie Mandela rief die südafrikansiche Bevölkerung am Freitag zu Demonstrationen für Caster Semenya auf. „Das arme, unschuldige Kind ist ein Opfer von all diesem“, sagte sie der Zeitung „Star“, „und das ist nicht ihre Schuld.“ Die Regierung fordert von IAAF-Präsident Lamine Diack, einem Senegalesen, eine persönliche Entschuldigung.

Sportminister Stofile warf der IAAF vor, Menschenrechte zu verletzen. „Weder Caster noch ihre Familie haben diese Demütigung verdient“, sagte er. „Sie haben nichts Falsches getan.“ Die Testergebnisse seien unerheblich. „Es geht nicht darum, ob sie ein Hermaphrodit ist oder nicht“, sagte er. „Sie ist ein Mädchen.“

Eine nachträgliche Disqualifikation ist in diesem Fall ausgeschlossen
 
Die IAAF bemüht sich derweil um Diskretion und will die Resultate nicht veröffentlichen, um die Privatsphäre der Athletin zu schützen. Experten sollten sie mit ihr besprechen und sie beraten. Eine nachträgliche Disqualifikation ist in diesem Fall nach den Regeln ausgeschlossen. Caster Semenya würde allerdings, sollte sie intersexuell sein, künftig nicht mehr an Frauenrennen teilnehmen dürfen. Darüber soll das Council des Verbandes im November beraten.

Hinweise, dass der südafrikanische Verband schon vor der WM entsprechende Tests unternahm und Semenya trotz der Resultate oder zumindest ernster Zweifel für die WM meldete, bestreiten der Verband und sein Präsident Leonard Chuene. Caster Semenya selbst stellte sich dem Magazin „You“ für Modeaufnahmen zur Verfügung, für die sie aufwendig geschminkt und frisiert wurde und auf denen sie enge Hose und tiefen Ausschnitt trägt.

„Ich betrachte dies alles als einen Witz, mich regt das nicht auf“, zitiert die Zeitschrift sie. „Gott hat mich so geschaffen wie ich bin und ich akzeptiere mich. Ich bin, wer ich bin, und ich bin stolz auf mich.“

Michael Reinsch in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, Freitag, dem 11. September 2009 

author: GRR

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