Brainstorming - Die „Außergewöhnlichen“ in 5 Ausbildungsetappen ©Kiefner Foto
Brainstorming – Die „Außergewöhnlichen“ in 5 Ausbildungsetappen – Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy
© Lothar Pöhlitz – 22. Januar 2018 — Ideenbörse fürs Weltniveau – man sollte immer wieder einmal darüber nachdenken, auch über Nachwuchsausbildung von „Außergewöhnlichen“ zum Beispiel – Talenten für Medaillen.
Vor allem die erfahrenen Nachwuchstrainer wissen das nicht alle die in jungen Jahren vorn laufen Talente, Wunderkinder für mehr sind. Das Nachwuchsleistungstraining für sie muss sich früher unterscheiden. Es gibt zu viele Einflussfaktoren die vom Schüleralter bis zur U23 die gewünschte kontinuierliche Ausbildung behindern.
Das Erbgut, die mentale Stärke, die geistig-körperlichen Schwachstellen, die Belastbarkeit, das tägliche Training, das Ausbildungsumfeld, die Trainingsbedingungen, die Familie, der Trainer, eine zentrale Führung, vor allem aber auch die schwierige Zeit der Pubertät. Und die derzeitige Schulsport-Katastrophe hilft auch nicht Talente zu finden.
Oft muß das junge Talent durch Stagnationen oder sogar auch mal Verletzungen Geduld aufbringen, in der Zeit aber wachsen Körper und Geist trotzdem weiter und in der Regel haben sie keinen Schaden. Wenn trotz regelmäßig 5 x Trainings, beginnend in der U-14, der Trainingseffekt auch einmal nicht gleich sichtbar wird, die erwarteten Fortschritte auf sich warten lassen, Geduld, Investitionen zahlen sich immer aus, aber nur, wenn sie professionell sind, den Außergewöhnlichen angemessen.
Individualisierung und Persönlichkeit, Belastbarkeit und Lerntempo (Talente entwickeln sich bekanntlich schneller als „Normalis“), fördern durch fordern, in einem außergewöhnlichen Kaderrahmen, alles ein wenig anders, auf der Grundlage eines zukunftsorientierten, altersgemäßen, laufspezifischen Grundlagen- und Speziali-sierungskonzepts. Stärker individuell, weil jeder/jede anders ist, andere Stärken aber auch Schwachstellen (S-Typ / A-Typ / M-Typ) mit seinem Talent einbringt.
Dabei würde dem – natürlich dafür prädestinierten Trainer – eine neue, andere begleitende Schlüsselrolle zukommen, die über die Aufgaben im Zusammenhang mit Training und Wettkämpfen und der Sportmedizin bis ins private Umfeld reichen, als bei der Betreuung von größeren Trainingsgruppen.
Erfahrungsgemäß erreichen solche Perspektiv-Talente in der Welt mit Ausbildungs-streckungen im Altersbereich um die U18 den „Aufmerksambereich“, im U-23 Hochleistungstraining den Anschluß an die besten Erwachsenen und innerhalb einer Optimalförderung Konkurrenzfähigkeit im Weltniveau.
„Bisherige Handlungsweisen überdenken – neue Ideen einbringen“
(Jürgen Kessing – DLV-Präsident in seiner Antrittsrede)
Auswählen – Stärken verstärken – Wettkampferfahrung
Die Muskeln, der Stoffwechsel und auch das Herzkreislaufsystem werden besser und Aufgaben in den Jahren gewöhnen sich an Belastungen, wenn sie ständig gefordert werden, in jedem Alter. Die Stärken verstärken, das Gehirn programmieren, die Strecke der Zukunft finden sind die Aufgaben in den Jahren. Schwachstellen behindern das „Gesamtkunstwerk“ wenn sie nicht frühzeitig entdeckt und beseitigt werden.
Eigentlich wissen es alle, neue Trainingsreize im Lauftraining, bessere Techniken, größere Lasten schneller bewegt im Krafttraining oder Dehnübungen für mehr Bewegungsqualität sind Voraussetzungen für Fortschritte, für schnelleres Laufen. Neue, andere Übungen, eine vergrößerte Dichte der Trainingsreize, eine größere Variabilität oder verkürzte Pausen beschleunigen die Anpassungsprozesse.
Auswählen muß man natürlich zuerst, sie laufen Dir nur selten zu, in den ersten Jahren die Stärken verstärken bis Du weißt wo es hingeht. Dabei hatten für mich im Nachwuchstraining nie Siege, sondern Wettkampferfahrung zu sammeln immer größere Priorität.
Investiere täglich für den Fortschritt, am besten mit hoher Akribie. In 5 x 2 Jahren kann man in jeder Trainingseinheit an der Ausbildung gut schlecht oder gar nicht arbeiten. Bessere Trainer arbeiten mehr detailversessen als nur detailorientiert. Mit erfühlten Fortschritten, mit jeder besser gelungenen Übung steigen beim Sportler auch das Selbstvertrauen und die Bereitschaft zum aktiven mittun.
Nicht so selten wird übersehen das auch die Trainer Außergewöhnlicher außergewöhnlich sein müssen, Profis mit psychophysischen Wissen, Erfahrung im Umgang mit grenzwertigen Belastungen und deren Umsetzung, wenn es darauf ankommt, mit Leidenschaft, Ideen, Ehrgeiz und psychologischen Führungsqualitäten für diesen besonderen Job.
Schließlich besteht die Aufgabe darin eine Persönlichkeit zu entwickeln die eines Tages die Weltbesten besiegen kann. Deshalb machen nicht nur außergewöhnliche Talente, Genies, sondern auch deren Trainer den Unterschied. Mit halber Kraft sind große Ziele nicht zu erreichen. Die Meisterschaft des Trainers besteht darin den Läufer während seiner gesamten Ausbildungszeit durch Training zu Anpassungen und damit zu einen immer höherem Leistungsniveau zu führen.
„Eine psychische Wettkampfvorbereitung beinhaltet einen komplex pädagogisch-psychologischer Maßnahmen, der Sportler befähigt, die erworbenen psychophy-sischen Voraussetzungen in wichtigen Wettkämpfen in Höchstleistungen umzusetzen“ (Schnabel u.a. 2008 S.548)
In 5 Ausbildungsetappen in die Spitze führen
Man könnte auch noch einmal darüber nachdenken „Außergewöhnliche“ öfter zusammenzuführen, in einem gemeinsamen Konzept – auch in Sportschulen oder Eliteschulen des Sports – öfter gemeinsam trainieren lassen – in 5 Ausbildungsetappen zu je 2 Jahren, von der Auswahl bis zur U23, in dem jeweils im ersten Jahr aufbauend trainiert, gelehrt, investiert, verändert, erhöht, verbessert wird und im zweiten Jahr stabilisiert und intensiviert schon einmal wichtige Wettkampferfahrung gesammelt werden könnte. Dafür wäre ein Profi-Chef an der Spitze gut.
„Von der U20 zur U23 hin trennt sich die Spreu vom Weizen, entscheidend ist ob und wie die Läufer Sport und Beruf oder Sport und Ausbildung trennen oder verbinden können“ (Alina Reh 26.11.2017)
Natürlich brauchen mehr Investition mehr Zeit und Bedingungen in denen sie stattfinden können. Auf alle Fälle müssen in den Jahren die 10 TE / Woche und die dafür notwendigen Bedingungen erreicht werden um alle Aufgaben auf immer höheren Niveau realisieren zu können. Ohne Konzentration der Kräfte reicht es nur bis zum Mittelmaß, wie die letzten Jahre zeigten. Dabei bleiben die 3 Ausbildungsschwerpunkte für “Lauf-Goldkörnchen“ immer bestehen – zumindest bis sich klar die individuelle Stärke hin zur Mittel- oder Langstrecke deutlich herauskristallisiert:
- Die Unterdistanz immer bis 400 m (Schnelligkeit, Schnelligkeitsausdauer (20 – 50 m / 60 – 120 m / 150 – 300 m)
- Die Wettkampfschwerpunkte 800- 1500 m – 3000 m
- Die Überdistanz (auf Standardstrecken 6000-8000 m immer schneller
Erste Priorität: das Gehirn programmieren
die beste Bewegung präzise-stabil lehren, auf immer höherem Niveau
Eigentlich weiß jeder welche Rolle das Gehirn, das zentrale Nervensystem für die sportliche Leistung spielt. Gehirn und Körper arbeiten als Einheit und kommunizieren zum Wohle immer größerer Fähigkeiten. Nur was das Gehirn weiss tut schließlich der Organismus. Informationen und Erfahrungen werden gespeichert und abgerufen, komplexe oder nur Detail-Befehle, je nachdem wie nachhaltig „programmiert“ wurde.
Deshalb ist es eine vorrangige, in der Regel unterschätzte Aufgabe das Gehirn solcher Außergewöhnlicher früh und möglichst anspruchsvoll perfekt zu programmieren, damit eines Tages alle Energie möglichst effizient immer besser in Vortrieb umgesetzt wird. Am besten wäre es täglich mit der angestrebten besten Technik oder auch mit immer neuen, aber auch anderen ausgewählter Übung zu konfrontieren. Das ist in jungen Jahren wichtiger als mancher Dauerlauf. Dabei stabilisieren möglichst perfekte Wiederholungen, verfestigen was eines Tages aus dem Langzeitgedächtnis abgerufen werden soll.
Da helfen die praktischen aber auch die virtuellen Übungen (Selbstgespräche, bewusste Vorstellungen, Beispielgebung). Die Übungsausführung erfolgt umso besser wenn die eingebrachte Bewegungsvorstellung im Gehirn (Aufgabe) richtig gut war. Nutzen sie das Gehirn für den größtmöglichen Erfolg durch Vermittlung der bestmöglichen Übungstechnik. Dabei ist praktische Erfahrung nicht zu übersehen das beispielsweise nach einem Kraft- oder Leistungsgewinn, die Bewe-gungstechnik auf neuem Niveau „nachjustiert“ werden muß.
Vor allem positive Grundeinstellungen und das Wollen führen zu positiven Ergebnissen, negative Grundeinstellungen, Zweifel zu negativen Ergebnissen. Erfolge zu haben, Probleme zu lösen, Aufgaben zu bewältigen, Ziele zu erreichen werden nicht nur von den körperlichen Eigenschaften, sondern auch von der Rolle unseres Geistes, vom programmierten Gehirn bestimmt die eingebrachten Fähigkeiten abzurufen. Dabei benötigen neue oder komplizierte Bewegungen
möglichst störungsfreies üben, erhöhte Konzentration, die Muskelfasern die Konfrontation mit den sie versorgenden Nerven. Schnelle oder langsame Impulse verändern die Stoffwechseleigenschaften (oxidativ oder glykolytisch), nicht aber die genetisch determinierte Funktionscharakteristik der ST- bzw. FT-Fasern.
Ständig wachsende Anforderungen erfordern ständig neue Lösungen, die Entwicklung der Willensqualitäten, der Leistungsbereitschaft und die Führung von Talenten durch die besten Trainer während dieses nicht immer nur positiven, auch von Rückschlägen, Niederlagen begleiteten, Entwicklungsprozesses.
Nur auf der Grundlage optimaler Investitionen vollziehen sich Anpassungen
Also führen oft wiederholte motorischen Anforderungen durch Training zu Anpassungen. Schon nach 2 Wochen wird es oft leichter und flüssiger die Wünsche abzurufen. Anpassungen sind aber auch vorübergehend, wenn sie nicht ständig immer höheren Anforderungen ausgesetzt werden. Allerdings müssen Abwechslung in Basisphasen wie im Herbst / Winter auch neue Reize auslösen. Ob im Lauftraining, im Aqua-Running, im Schwimmen, auf dem Laufband, im Skilanglauf oder im Kraftraum – die Programme sollten immer auf die angedachte Leistungsentwicklung zielen, nach der Trainingslehre die Belastbarkeit auch durch mehr Trainingszeiten erhöht werden und die Trainingsinhalte variieren.
Der Schlüssel: Umfang, Intensität und Technik müssen entsprechend der erzielten Fortschritte vom Oktober bis Mai angepasst, reizwirksam erhöht werden. Läufer kombinieren vor allem Kraft- Beweglichkeits- und Ausdauertraining um mit der Mittelfuß / Vorfuß-Lauftechnik schneller voran zu kommen.
Anpassungen werden erst perfekt wenn sie neben dem Zentralnervensystem, das kardiopulmonale System, den Stoffwechsel, Herz-Kreislauf und die Hormone erreichen.
„Frühestens nach 4 – 6 Wochen Leistungstraining wird durch das Zusammenwirken von Funktion und Struktur eine neue Anpassungsstufe erreicht“ (Neumann u.a. S.43 / 2011)
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Kraftausdauer 15-20 Wiederholungen – Spezielle Kraft 12 – 4 Wiederholungen
Wenn es zunächst um die Ganzkörper-Kraftausdauer (alles auf höherem Niveau länger ausführen zu können) im Jahr und in den Jahren geht, werden erst einmal die Belastungsdauer und/oder die Serien pro Übung bei mittleren Widerständen erhöht. 15 bis 20 Wiederholungen pro Übung in 3-5 Serien im Herbst. Wer 20 Wiederholungen ohne Probleme schafft, erhöht die Gewichte und senkt die Anzahl, unabhängig vom Zeitpunkt.
Dabei muß natürlich das ST- / FT – Muskel-Erbe gestärkt werden. Ziel ist immer schneller zu arbeiten und so neue Reize ermöglichen. Zirkeltraining bleibt aber nur Basistraining für mehr und bereitet als allgemein-vielseitiges „UMO“-Ganzkörpertraining vor allem auf das wichtigere spezielle Krafttraining vor.
Im speziellen Krafttraining in der VP II sollen die Reize auf die Renn-Anforderungen, die Abdruckkraft ausgerichtet werden die die Spezialstrecke erfordert. Eine geringe Zahl an Wiederholungen am Berg, ZWL oder bei immer höherem Gewicht „sauber“ schafft schlanke, stärkere Muskeln. Am besten man beginnt mit 10-12 Wiederholungen schnell, bei denen die jeweils 2 letzten Wiederholungen schwer gehen.
Danach bereiten 8-6 Wiederholungen hin zu 6-4 Wiederholungen immer schwerer, aber weiterhin „schnell“ auf das Spezialstreckentraining vor. Mit einer Kombination von Berganläufen zwischen 90 – 110 % der Wettkampfzielgeschwindigkeit und intensiver Sprungarbeit, ist man dann auf der sicheren Seite.
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Periodisierung – Intensivierung – Spezialisierung – Siege
Vom geschwindigkeitsgeführten Ausdauertraining leben die Weltbesten seit Jahr-zehnten. Wer schnell laufen will muß die Intensität des Tempotrainings im Verlaufe der Vorbereitungsperiode systematisch erhöhen, die Mittelstreckler vorwiegend im Schnelligkeits- und Intervalltraining, die Langstreckler in einer Kombination von Intervallen und schnellen Dauerläufen. Herbst, Winter und Frühjahr sind 3 wichtige Etappen in Vorbereitung auf das Trainings-Endziel, das wettkampfspezifische Ausdauertraining – für die U18-U20 in der Vorbereitung auf die Wettkampfperiode. Dabei sollte es im Jahresverlauf keine längeren Abschnitte geben in denen nicht auch für die FT-Fasen schnell (Unterdistanzen) gelaufen wird.
Im Endeffektgeht geht es immer ums Podium für Außergewöhnliche, um Siege gegen die Besseren, Dazu gehören dann auch die spezielle Kraft und Plyometrics und das Spurttraining unter Ermüdung. In solchen Qualitätsausbildungs-Etappen mit hohem Anspruch ist die sportmedizinisch-physiotherapeutische Begleitung 3 x wöchentlich ein muß. Für Außergewöhnliche wurden dafür vom DOSB die Olympiastützpunkte geschaffen. Vielleicht gelingt es im neuen Jahr auch noch die Leerkilometer zu reduzieren.
Der Wechsel von Sprinterin Gina Lückenkemper von der LGO nach Leverkusen unterstreicht Anliegen und notwendige Voraussetzungen wenn Außergewöhnliche Medaillen wollen: „ich brauche, um mich weiter zu verbessern und in der absoluten Weltspitze laufen zu können, optimale Trainingsbedingungen.
Mitentscheidend für den Wechsel sind das professio-nelle medizinisch-physiotherapeutische Betreuungskonzept und die hervor-ragende Infrastruktur in Leverkusen. Stadion und Halle, Physiotrakt sowie der Kraft- und Athletikbereich liegen unmittelbar beieinander“.
Siege mit immer höherem Anspruch und immer mehr Wettkampferfahrung bleiben ein Leben lang die Ziele Außergewöhnlicher
Gesund ist Voraussetzung – Bei schlechtem Wetter geeignete Kleidung
Im Leistungstraining über Jahre sollten möglichst keine Trainingseinheiten ausfallen, auch nicht bei schlechten Wetter. Neben der sportmedizinisch-physiotherapeutischen Begleitung bleiben die Sportler selbst für vieles verantwortlich, im Zusammenhang mit Training und Wettkämpfen. Ernährung, Schlaf, Bekleidung wie Tights, ein atmungsaktives Oberteil, warme Kniestrümpfe für die Achillessehnen und die Waden und eine regenabweisende, leichte Laufjacke erleichtern das Laufen bei widrigen Bedingungen und sorgen für Wärme. Wird es zu warm Jacke auszuziehen. Besser als eine zu warme Mütze schützt ein Stirnband gegen Zugluft oder Schnee Stirn und die Ohren und den Kopf vor Wärmestau. Bei mehr als minus 10 Grad C sind das Laufband im Studio oder ein ansprechendes Schwimmprogramm die besten Alternativen.
Vielleicht ließen sich eines Tages die Athleten eines solchen Talentpools – auch von Sponsoren so unterstützen – das sie Bedingungen für ein täglich zweimaliges Profitraining (bis zu 30 Stunden) + 4-5 x Physiotherapie und hauptamtliche Trainer bei Ausbildungsstreckungen haben.
Lothar Pöhlitz in Leichtathletik Coaching-Academy