
Benard Bett (KEN) gewann die BIG25 Berlin in 1:15:51. ©Helmut Winter
BIG25 Berlin am 15. Mai 2016: Mutiger Sololauf vom Winde verweht – Helmut Winter berichtet
Benard Bett und Viola Jelagat (beide KEN) gewannen die 36. Ausgabe des 25 km Laufs bei den BIG25 Berlin. Im Jahr 1981 hatte die ereignisreiche Geschichte als „25 km de Berlin“, eine Veranstaltung der französischen Allierten, begonnen.
Es war damals die erste Laufsportveranstaltung durch die Berliner Innenstadt, deren Beispiel mittlerweile viele andere Events gefolgt sind, allen voran der BERLIN-MARATHON im September. Dass die Pläne des neuen Veranstalters Golazzo Sports, im Rahmen der BIG25 einen weiteren Marathon im Frühjahr in der Stadt zu installieren, scheiterten, gehört leider zu den unrühmlichen Possen in der Bundeshauptstadt, die kaum zu verstehen sind und der Akzeptanz der Laufszene in der Öffentlichkeit nur schaden können.
Allerdings wäre die Integration eines Marathon dem Alleinstellungsmerkmal und der historischen Bedeutung des ehemaligen „Franzosenlaufs“ sicherlich abträglich gewesen.
So blieb alles wie zuvor, wobei aber schon im Vorfeld zu vermuten war, dass mit dem angekündigten Elitefeld das ausgesprochen hohe Niveau dieses Laufs (bei Männern und Frauen wurden auf der Berliner Strecke vom und zurück ins Olympiastadion hochklassige Weltrekorde aufgestellt) bei der heutigen Ausgabe nicht zu halten war.
Dabei war es neben einem kurzen Wolkenbruch im Schlussteil des Rennens vor allem ein strammer Wind aus Westen, der den Athleten auf der Rückkehr aus der Innenstadt permanent entgegenblies.
Das Läuferfeld bei ca. 500 m nach dem Start. Links die spätere Siegerin Jelagat mit ihrem Tempomacher Yano, rechts die siebenköpfige Männerspitze, die bis 3 km so zusammenblieb. (c) Horst Milde (GRR)
Die Konsequenz waren zwei sehr unterschiedliche Rennhälften, die am Ende mit einer im Vergleich zu früheren Standards zu wenig berauschenden Zeiten führten. Dabei hatte das Rennen trotz des kaum hochklassigen Feldes sehr vielversprechend begonnen. Nach 3 km in 8:43 lagen sieben Läufer an der Spitze auf Kurs von etwa 1:12:30, als der Mann mit der schnellsten Vorleistung, Benard Bett, seine Mitstreiter aufforderte, mit dem Wind im Rücken das Tempo zu erhöhen.
Da ihn niemand unterstützen wollte, startete der 23jährige Kenianer einen Sololauf, der ihn bis ins Ziel auf die Bahn im Olympiastadion brachte. Er hatte auch mit 1:00:36 beim Prager Halbmarathon im März die mit Abstand beste Vorleistung im Starterfeld aufzuweisen.
Mit einem schnellen km vom 2:43 lag Bett nun deutlich vor der Verfolgergruppe, die sich auf dem kommenden Kilometern völlig auflöste. Die übliche Renngestaltung bei den BIG25 einer größeren Gruppe zumindest bis zur Hälfte auf dem Potsdamer Platz war hier schon vorbei. Duch die Tempospritze befand sich Bett plätzlich in Regionen des Weltrekordes über 25 km, den Dennis Kimetto 2012 auf der gleichen Strecke mit 1:11:18 aufgestellt hatten.
5 km passierte der Führende nach 14:18 und hielt das Tempo hoch. Als dann der Kenianer den Abschnitt von 8 km nach 9 km in 2:45 zurücklegte, befand er sich mit einer Projektion von 1:11:12 auf Weltrekord-Kurs.
Der anschließende km zu den 10 km in der Friedrichstraße in 3:01 ließ nichts Gutes ahnen, wobei Bett allerdings bei seinem Umweg durch einen Seitenflügel des Brandenburger Tors wertvolle Zeit verschenkte. Doch schon auf den kommenden 5 km bis zur Urania gelang es ihm nicht mehr die km-Splits unter 3 Minuten zu drücken, diesen Abschnitt lief er in nur noch 15:08 und hinter ihm rückten mit Patrick Ereng (ETH) und Gudeat Biratu (ETH) zwei Verfolger etwas näher.
Doch obwohl Bett weiter schwächelte und für die kommenden 5 km über Kurfürstendamm und Kantstraße 15:31 brauchte, blieb die Lücke zu den Konkurrenten erheblich. Vom Weltrekord war das Tempo auf eine Endzeit von 2:14 Stunden abgesackt. Aber es kam noch weit schlimmer.
Die 19 Meter Höhendifferenz zum Halbmarathon und der scharfe Wind forderten erheblichen Tribut. Nach 3:24 Minuten für den Aufstieg passierte Bett den Halbmarathon nach 1:03:01 und eine Zeit von unter 1:15 Stunden war in Gefahr. Der nun einsetztende Regen tat sein Übriges, die Splits stiegen weit über 3 Minuten an, für die letzten 5 km ins Ziel brauchte Bett 16:33 (!) Minuten, über 2 Minuten langsamer als die ersten beiden 5 km-Segmente.
In auch in Anbetracht der widrigen Verhältnisse enttäuschenden Zeit überquerte er die Zielline nach 1:15:51 und konnte damit selbst die nicht hochklassige Siegerzeit vom Konkurrenz-Rennen über die gleiche Distanz vom Vortrag aus Grand Rapids (MI, USA) von 1:15:32 nicht unterbieten.
Man muss bis ins Jahr 1995 zurückgehen, wo Elijah Lagat mit 1:16:16 einmal länger brauchte. Überhaupt war der Sieger in der 35jährigen Geschichte nur fünfmal langsamer als in diesem Jahr. Und auch die Zeiten hinter dem Sieger waren wenig berauschend.
Patrick Ereng konnte den Abstand als Zweiter mit 1:16:18 noch halbwegs in Grenzen halten, für Platz 3 durch Gudeta Biratu (ETH) reichten diesmal 1:18:10. Ganze neun Läufer von 2910 Männern im Ziel unterboten die 1 1/2 Stunden.
Wenn man noch registriert, dass mit Dennis Mehlfeld vom Lübecker SC nur ein deutscher Läufer unter dieser Marke für engagierte Freizeitsportler blieb, ist das schon bitter.
Der beste Berliner Mann lief um 1:35 Stunden ein, das hätte bei der Premiere des Laufs im Jahr 1981 nicht für eine zweistellige Platzierung gereicht.
Bei den Frauen war die Kenianerin Viola Jelagat eine Klasse für sich. Auch sie war mit einer Vorleistung von unter 1:10 Stunden im Halbmarathon die deutlich schnellste Athletin im Feld. Schon bald setzte sie sich geführt vom erfahrenen Tempomacher Edwin Yano (KEN) von der Konkurrenz ab, passierte den Halbmarathon nach genau 1:12 Stunden und siegte unangefochten in 1:26:00. Zu einer Welt-Jahresbestleistung reichte aber eine solche Zeit bei weitem nicht aus, beim Dubai Marathon im Januar war man fast 3 Minuten schneller.
Platz 2 erzielte Helen Tola (ETH) in 1:28:32, die mit dem Schweizer Eliteläufer Julien Lyon ins Ziel kam. Lyon war bis 3 km in der Männerspitze mitgeganen und fiel dann weit zurück.
Die für Palästina bei den Olympischen Spiele in Rio im Marathon an den Start gehende Mayada Al-Sayad, die für den 1. VfL Fortuna Marzahn läuft, verpasste als Vierte in 1:31:33 das Podium, sie war damit bester "BERLINER". Ihre Halbmarathon-Zwischenzeit von 1:17:06 bedeuten aber neue persönliche Bestzeit für die Berlinerin.
Damit konnte man leistungssportlich auch nicht in Ansätzen an das Niveau vieler Vorjahre anknüpfen, und auch von der Rekordzahl an Anmeldungen müssen es etliche Aktive vorgezogen haben, bei dem kühlen und regnerischen Wetter am Feiertag etwas länger im Bett zu verweilen.
Die vorläufige Zahl der Finisher betrug in diesem Jahr 8.431 (ohne den Kinderlauf), im letzten Jahr passierten noch 8.789 Aktive die Ziellinie im Olympiastadion.
Helmut Winter
BIG25 Berlin auf youtube:
https://www.youtube.com/watch?v=b_A0RbaX_YI
Ergebnisse 25 km der Männer: | ||
1. | Bett, Benard Kiplangat (KEN) | 01:15:51 |
2. | Ereng, Patrick Mugur (KEN) | 01:16:18 |
3. | Biratu, Gudeta (ETH) | 01:18:10 |
4. | Kosgei, Mathew (GER) | 01:19:00 |
5. | Kurui, Dickson (KEN) | 01:19:07 |
6. | Waimatha, Moses Wagura (KEN) | 01:19:28 |
7. | Van Wel, Reinardus (NED) | 01:27:24 |
8. | Mehlfeld, Dennis (GER) | 01:28:29 |
9. | Lyon, Julien (SUI) | 01:28:32 |
10. | Filippov, Viacheslav (RUS) | 01:32:59 |
Ergebnisse 25 km der Frauen: | ||
1. | Jelagat, Viola (KEN) | 01:26:00 |
2. | Tola, Helen Bekele (ETH) | 01:28:32 |
3. | Soboka, Urge Diro (ETH) | 01:30:53 |
4. | Al-Sayad, Mayada (PLE) | 01:31:33 |
5. | Kibebo, Sintayehu (ETH) | 01:31:33 |
6. | Chepkwony, Betty (KEN) | 01:34:15 |
7. | Kipkemoi, Faith (KEN) | 01:37:54 |
8. | Beck, Janina (GER) | 01:38:26 |
9. | Opt-Eynde, Laura (GER) | 01:41:16 |
10. | Parsiegla, Karsta (GER) | 01:42:08 |
Die Splits des führenden Läufers über 25 km finden Sie hier.
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