Markus Weiß-Latzko überraschte in diesem Jahr auf der Marathon-Distanz. Er gehört beim Bietigheimer Silvesterlauf zu den Favoriten. ©Bönnigheimer Zeitung - BZ-Archiv
Bietigheimer Silvesterlauf – „Locker laufen und Spaß haben“ Interview mit Markus Weiß-Latzko von der LG Neckar-Enz – Beim Silvesterlauf einer der Favoriten – CLAUS PFITZER in der Bönnigheimer Zeitung
Der 27-jährige Markus Weiß-Latzko von der LG Neckar-Enz war beim diesjährigen Berlin- Marathon schnellster Deutscher, in der nationalen Bestenliste belegt er Rang vier. Beim Bietigheimer Silvesterlauf gehört er zu den Favoriten.
WEIß-LATZKO: Ich habe nach dem Berlin-Marathon Ende September vier Wochen pausiert und mich richtig gut erholt. Jetzt bin ich seit gut zwei Monaten wieder im Training und habe mich ganz gut vorbereitet und die Zeit genutzt, wieder ein bisschen mehr Spritzigkeit und Schnelligkeit zu trainieren. Ich fühle mich derzeit sehr, sehr gut vorbereitet für zehn oder elf Kilometer.
Welche Erinnerungen haben Sie an den Silvesterlauf im vergangenen Jahr, als sie 13. geworden sind?
WEIß-LATZKO: Ich erinnere mich noch gut daran. Da ich kurz danach mein Examen geschrieben habe, lief das Training ein bisschen nebenher. Ich hatte auch nicht so die Regeneration und ein wenig Stress mit dem Lernen. Kurz vorher bekam ich auch noch Magen-Darmprobleme. Ich hatte gedacht, ich probiere es trotzdem und laufe. Nach 500 Meter oder einem Kilometer habe ich aber schon gewusst, das wird heute nichts. Für die Mannschaft bin ich aber durchgelaufen.
In diesem Jahr kommt beim Silvesterlauf erstmals ein Zugläufer zum Einsatz. Halten Sie das für sinnvoll?
WEIß-LATZKO: Das ist mir neu. Das finde ich eigentlich eine gute Sache. Viele nehmen sich eine bestimmte Zeit vor, und wenn man dann einen Zugläufer hat, im Rhythmus ist und sich nur dranhängen muss und weiß, dass man die Zeit erreicht, kann man ja mental ein bisschen Kraft sparen. Das ist bei uns ja auch beim Marathon oder über 10 000 Meter auf der Bahn das gleiche.
Sie liefen beim Berlin-Marathon als bester Deutscher ins Ziel. Bisher waren Sie eher bekannt für kürzere Strecken. Wie kamen Sie zum Marathon?
WEIß-LATZKO: Für mich war dabei eigentlich ausschlaggebend, dass ich jahrelang über fünf und zehn Kilometer immer vom Gefühl her kurz vor dem Sprung in die absolute deutsche Spitze war, und dass ich auch da in der Lage bin, mal Dritter, Vierter oder Fünfter zu werden. Ich war ja auch Vierter bei den deutschen Crossmeisterschaften. Aber es hat zwei, drei Jahre hintereinander aus unterschiedlichen Gründen nie geklappt mit einer richtig guten Sommersaison. Als Leistungssportler ist man motiviert, das Optimale herauszuholen. Da habe ich mich mit meinem Trainer Reiner Müller überlegt, an was es liegen kann. Nachdem dann ein Halbmarathon super gelaufen ist, waren wir konsequent und haben gesagt, wenn mir anscheinend die langen Strecken gut liegen, versuchen wir es mit dem Marathon. Entweder es klappt, oder es klappt nicht.
Wie sehen Sie ihre Zeit von 2,19 Stunden im internationalen Vergleich?
Ist eine Teilnahme an den Olympischen Spielen 2012 ein Ziel?
WEIß-LATZKO: Berlin war mein Debüt, ich habe auch wegen meines Jurastudiums nicht optimal trainieren können. Ich merke im Training, wenn ich mehr Zeit und Mühe investiere, dass ich große Fortschritte mache. Die Olympianorm von 2,12 Stunden ist wahnsinnig hart. Die internationale A-Norm ist 2,15 Stunden und im Idealfall versuche ich die zu knacken. Aber ich glaube nicht, dass es reichen wird. Deswegen ist mein realistischeres Ziel, im Frühjahr unter 2,17 zu laufen. Das könnte schon reichen für die Weltmeisterschaft 2013 in Moskau.
Sie haben drei Jahre lang in Tübingen unter Olympiasieger Dieter Baumann trainiert. Was konnten Sie von ihm lernen?
WEIß-LATZKO: Was ich auf jeden Fall von ihm lernen konnte und wo ich mich in den letzten fünf, sechs Jahren entwickelt habe, ist eine gewisse Gelassenheit sowohl im Training als auch im Wettkampf, dass man da nicht übermotiviert ins Rennen geht und dass man im Training nicht immer den Anschlag sucht, sondern auch Reserven lässt und sich nicht übertrainiert. Das ist bei bei vielen Topläufern das Problem, dass sie immer sehr hart gegen sich sind. Laufen ist eine harte Sportart, aber man darf es auch nicht übertreiben. Das habe ich von ihm gelernt. Und auch, dass man zweimal am Tag trainiert und dabei viele kleinere Dinge macht.
Sie haben auch unter Lauflegende Reiner Müller aus Bietigheim-Bissingen trainiert. Gabs da Unterschiede?
WEIß-LATZKO: Ich war ja vor Dieter Baumann schon zwei Jahre im Training bei Reiner Müller. Da hat sich eigentlich, und das ist das Lustige, das Training von ihm und von Baumann nur in den Details unterschieden. Deswegen konnte ich da nicht wahnsinnig viel Neues mitnehmen. Aber die kleinen Details machen oft den Unterschied. Wichtig ist auch, eine gewisse Gelassenheit zu haben, und dass man sich nicht verrückt macht und fragt, was hat denn die Konkurrenz trainiert. Man muss auf sich selbst schauen und das Beste geben. Was dann raus kommt, kommt raus. Das muss man sich immer wieder klar machen. Wenn ich mein bestes Rennen laufe, aber drei andere noch besser trainiert haben und ich nur Fünfter oder Sechster werden, darf man den Kopf nicht hängen lassen.
Warum wechseln Sie zum 1. Januar 2012 von der LG Neckar-Enz zurück nach Tübingen?
WEIß-LATZKO: Die Hauptgründe sind schon, dass ich in Tübingen wohne und aufgrund meiner beruflichen Situation auch die nächsten Jahre in Tübingen bleiben werde. Und da ist es auch eine logistische Sache, zu den Wettkämpfen zu kommen, und das ist aus Tübingen viel geschickter. Teilweise ist es auch, und das gebe ich auch ehrlich zu, eine finanzielle Geschichte gewesen. Die LG Neckar-Enz hat sich wirklich sehr viel Mühe gegeben, aber die LAV Tübingen hat mir einfach ein gutes Angebot gemacht. Weil ich natürlich versuchen will, mich in den nächsten Jahren deutlich zu steigern, hat man als Student oder als Referendar einen riesigen finanziellen Aufwand, auch mit Trainingslagern. Da muss man gucken, wo man bleibt, denn die Miete zahlt sich nicht von alleine.
Sie haben beim TV Bittenfeld früher Handball gespielt. Verfolgen Sie die Ergebnisse noch?
WEIß-LATZKO: Ich verfolge es immer wieder, aber ich muss zugeben, dass es immer in Etappen ist. Ich schaue schon alle paar Wochen, wo steht der TVB, oder gegen wen spielt er. Aber häufiger zu den Spielen zu gehen, das schaffe ich gar nicht. Ich drücke ihnen auf jeden Fall die Daumen. Man ist halt im Herzen immer Bittenfelder.
Was raten Sie den Hobbyläufern für den Silvesterlauf?
WEIß-LATZKO: Ich hoffe, sie haben sich einigermaßen gewissenhaft vorbereitet, und dass der Lauf keine Riesenqual wird, sondern dass man bereit ist dafür. Dann würde ich raten, immer realistische Ziele zu setzen. Im Zweifel, wenn man sich schlecht fühlt, lieber nicht, oder locker laufen, als irgendwelche Risiken einzugehen. Das Allerallerwichtigste ist selbst für Topläufer, einfach mit Spaß und Freude zu Werke zu gehen. Dann ist das ganze Erlebnis toll und man kann es auch genießen. In erster Linie also locker bleiben und Spaß haben.